Praktikum: Was gilt bei Ausbildung und Studium? © iStock.com/fizkes

11. September 2024, 11:12 Uhr

Darf ich eigentlich? Praktikum: Alles zu Bewerbung, Bezahlung und Praktikumszeugnis

Schule und Studium legen den theoretischen Grundstein für den späteren Beruf. Für erste Einblicke in den Arbeitsalltag hingegen sorgt ein Praktikum. Das kann freiwillig sein oder ist als Pflichtpraktikum zum Beispiel während des Studiums vorgeschrieben. Welche Regeln gelten währenddessen, etwa bei Urlaub, Bezahlung oder Dauer? Und wie sieht es mit einem Praktikumszeugnis aus? Hier kommen die Antworten.

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Was ist ein Praktikum?

Ein Praktikum ist eine befristete, freiwillige oder vorgeschriebene Tätigkeit, mit der Schüler, Studenten oder Berufsanfänger erste Erfahrungen in einem bestimmten Berufsfeld oder Unternehmen sammeln.

Praktika helfen dir dabei, dein in Ausbildung und Studium erlerntes Wissen in einem realen Arbeitsumfeld anzuwenden. Hier kannst du praktische Fähigkeiten und Fachkenntnisse entwickeln, die über den rein theoretischen Lehrstoff hinausgehen.

Die Vorteile: Über ein Praktikum kannst du herausfinden, ob ein bestimmter Job oder eine Branche deinen Interessen und Fähigkeiten entspricht. Das hilft bei der Berufsorientierung. Außerdem stärkst du deine sozialen Kompetenzen (Soft Skills) wie Teamarbeit, Kommunikation, Zeitmanagement und Problemlösungen.

Gut zu wissen: Oft entstehen durch Praktika langfristige Verbindungen zu Mentoren oder potenziellen Arbeitgebern. Arbeitgeber bevorzugen üblicherweise Kandidaten, die bereits praktische Erfahrung in ihrem Unternehmen oder in der betreffenden Branche gesammelt haben. Mit einem Praktikum erhöhst du deine Jobchancen.

Übrigens ist ein Praktikum nicht mit einer Probearbeit gleichzusetzen.

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Wo findest du einen Praktikumsplatz?

Eine große Auswahl findest du beispielsweise mit der Jobsuche der Bundesagentur für Arbeit (BA). Auch die Bundesländer bieten online eigene Anlaufstellen an, daneben gibt es online etliche Praktikumsbörsen. Am besten informierst du dich über geeignete Praktikumsplätze längere Zeit im Voraus, wenn du bereits weißt, wann dein Praktikum starten soll.

Was gehört ins Anschrei­ben für ein Praktikum?

Manche Praktika kommen dank privater Kontakte und deshalb ohne große Formalitäten zustande. Vielleicht kennen deine Eltern jemanden, der in einem interessanten Unternehmen arbeitet und dir dort einen Ansprechpartner oder direkt einen Platz vermittelt.

Doch nicht immer findest du in deinem Umfeld einen passenden Praktikumsplatz. Dann musst du dich mit einer schriftlichen Bewerbung an das gewünschte Unternehmen wenden. Was sollte in diesem Anschreiben für dein Praktikum stehen?

  • Ein­lei­tung: Beginne das Anschrei­ben mit einer klaren, prä­gnan­ten Ein­lei­tung. Stell dich kurz vor und erkläre, warum du dich für das Praktikum inter­es­sierst und was du dir davon erwartest. Beschrei­be, wie das Praktikum zu deinen beruf­li­chen Zielen passt und was dich an der Arbeit oder der Branche besonders reizt.
  • Zeitraum: Nenne im Anschrei­ben unbedingt den Zeitraum, in dem du das Praktikum absol­vie­ren möchtest, und die gewünsch­te Dauer.
  • Qua­li­fi­ka­tio­nen: Zähle deine Qua­li­fi­ka­tio­nen auf, die für das Praktikum relevant sind. Gehe auf deine Fähig­kei­ten, Kennt­nis­se und Erfah­run­gen ein, die du bereits in der Schule, im Studium, durch Nebenjobs oder in anderen Praktika erworben hast.
  • Gründe für das Unter­neh­men: Warum bewirbst du dich aus­ge­rech­net dort? Zähle die Gründe auf und gehe dabei auf spe­zi­fi­sche Aspekte des Betriebs ein, wie seine Unter­neh­mens­kul­tur, Projekte oder Werte. Zeige, dass du dich mit dem Unter­neh­men beschäf­tigt hast und ernsthaft Teil des Teams werden möchtest.
  • Ver­ab­schie­dung: Bedanke dich abschlie­ßend für die Berück­sich­ti­gung deiner Bewerbung und zeige dich offen für ein per­sön­li­ches Gespräch. Erwähne, dass du dich über die Gele­gen­heit freuen würdest, das Unter­neh­men näher kennenzulernen.

Tipp: Das Anschreiben sollte kurz und gut strukturiert sein. Vermeide Standardfloskeln und pass das Anschreiben an das jeweilige Unternehmen und die Stelle an. Formuliere einfach und ohne lange Schachtelsätze oder unnötige Fachbegriffe. Achte auf fehlerfreie Rechtschreibung und Grammatik.

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Frei­wil­li­ges Praktikum und Pflicht­prak­ti­kum – der Unterschied

Es gibt grundsätzlich zwei Arten von Praktika: das freiwillige Praktikum und das Pflichtpraktikum. Ein Pflichtpraktikum ist ein Praktikum, das für dich im Rahmen deiner schulischen, universitären oder beruflichen Ausbildung gesetzlich oder institutionell vorgeschrieben ist. Es gehört zu deinem Ausbildungsplan und ist oft Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss deines Studiums oder deiner Ausbildung. Ein freiwilliges Praktikum absolvierst du aus eigenem Antrieb heraus. Du kannst es nach deinen Interessen und Zielen auswählen.

Wird ein Praktikum bezahlt?

Ob ein Praktikum bezahlt wird, hängt von mehreren Faktoren ab, darunter Art und Dauer des Praktikums sowie die jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG). Am besten informierst du dich bereits im Rahmen des Bewerbungsprozesses darüber, ob und in welcher Höhe eine Vergütung vorgesehen ist.

Generell gilt:

  • Ein Pflicht­prak­ti­kum muss nicht bezahlt werden, aber das Unter­neh­men kann frei­wil­lig eine Vergütung anbieten.
  • Ein frei­wil­li­ges Praktikum von mehr als drei Monaten muss in der Regel bezahlt werden, min­des­tens mit dem gesetz­li­chen Min­dest­lohn.
  • Ein frei­wil­li­ges Praktikum von bis zu drei Monaten muss nicht zwingend bezahlt werden.
© iStock.com/industryview

Hast du bei einem Praktikum einen Urlaubsanspruch?

Auch das hängt von Art und Dauer des Praktikums sowie den gesetzlichen Umständen ab.

  • Urlaubs­an­spruch bei Pflicht­prak­ti­kum: In der Regel besteht kein gesetz­li­cher Anspruch auf Urlaub bei Pflicht­prak­ti­ka. Manche Unter­neh­men gewähren dennoch frei­wil­lig Urlaubs­ta­ge als Kulanzregelung.
  • Urlaubs­an­spruch bei frei­wil­li­gem Praktikum: Hier gelten übli­cher­wei­se die Bestim­mun­gen des Bun­des­ur­laubs­ge­set­zes (BUrlG). Bei frei­wil­li­gen Praktika, die länger als sechs Monate dauern, hast du in der Regel Anspruch auf den gesetz­li­chen Min­dest­ur­laub. Dieser beträgt bei einer Fünf­ta­ge­wo­che min­des­tens 20 Arbeits­ta­ge pro Jahr.
    Läuft dein Praktikum höchstens sechs Monate, dann hast du einen antei­li­gen Urlaubs­an­spruch. In der Praxis bedeutet das, dass du bei einer Fünf­ta­ge­wo­che 1,66 Urlaubs­ta­ge pro Monat bekommst.

Noch etwas zur Arbeitszeit: Volljährige und Jugendliche ab 15 Jahren dürfen maximal acht Stunden pro Tag und 40 Stunden pro Woche arbeiten. Bist du jünger, dann sind für dich höchstens sieben Stunden pro Tag und maximal 35 Stunden pro Woche erlaubt.

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Wie lange darf ein Praktikum dauern?

Gesetzliche Höchstgrenzen gibt es nicht. Bei einem Pflichtpraktikum richtet sich die Dauer nach den Vorgaben der jeweiligen Ausbildungsinstitution und kann unterschiedlich lang sein. Die übliche Laufzeit liegt zwischen vier Wochen und sechs Monaten.

Brauchst du einen Praktikumsvertrag?

Du hast keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Praktikumsvertrag. Dennoch solltest du auf einen drängen: Ähnlich wie bei einem normalen Arbeitsvertrag werden hier die beiderseitigen Rechte und Pflichten fixiert.

Das sollte in einem Praktikumsvertrag stehen:

  • Voll­stän­di­ge Namen und Adressen von dir und dem Unter­neh­men, das den Prak­ti­kums­platz anbietet
  • Benennung von Ansprech­part­nern auf beiden Seiten
  • Angabe, ob es sich um ein Pflicht­prak­ti­kum oder ein frei­wil­li­ges Praktikum handelt
  • Beschrei­bung der Lernziele des Prak­ti­kums sowie der aus­zu­üben­den Tätigkeiten
  • Start- und Enddatum des Prak­ti­kums und damit die ver­ein­bar­te Dauer
  • Angabe der wöchent­li­chen Arbeits­stun­den und der üblichen Arbeits­zei­ten, Überstundenregelungen
  • Höhe einer even­tu­el­len Vergütung und der Art der Auszahlung
  • Angaben zu möglichen zusätz­li­chen Leis­tun­gen wie Fahrt­kos­ten­zu­schüs­se, Ver­pfle­gung oder Unterbringung
  • Anzahl der Urlaubstage
  • Fristen und Bedin­gun­gen, unter denen der Prak­ti­kums­ver­trag von beiden Parteien gekündigt werden kann, sowie mögliche Gründe für eine fristlose Kündigung
  • Angabe, ob der Prak­ti­kant über die Schule/Universität oder das Unter­neh­men unfall­ver­si­chert ist
  • Infor­ma­tio­nen über eine mögliche Haft­pflicht­ver­si­che­rung und die Haf­tungs­re­ge­lun­gen bei durch den Prak­ti­kan­ten ver­ur­sach­ten Schäden
  • Daten­schutz­recht­li­che Bestim­mun­gen und unter Umständen Verschwiegenheitserklärung
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Hast du Anrecht auf ein Praktikumszeugnis?

Ja, und zwar nach § 109 der Gewerbeordnung (GewO) und § 630 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dabei sind zwei Arten von Praktikumszeugnissen zu unterscheiden.

  • Einfaches Prak­ti­kums­zeug­nis: Darin stehen nur die wesent­li­chen Daten und Fakten über das Praktikum, wie die Dauer, die Abteilung und die aus­ge­führ­ten Tätig­kei­ten. Es gibt keine Bewertung deiner Leistung oder deines Verhaltens.
  • Qua­li­fi­zier­tes Prak­ti­kums­zeug­nis: Es schlüs­selt deine Aufgaben detail­lier­ter auf und enthält eine Ein­schät­zung deiner Arbeits­qua­li­tät, Team­fä­hig­keit, Eigen­in­itia­ti­ve und anderer rele­van­ter Kompetenzen.
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Ein Praktikumszeugnis dient als offizieller Nachweis der erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen. Vor allem ein qualifiziertes Praktikumszeugnis kann dir später bei Bewerbungen um Ausbildungsplätze, Studiengänge oder Festanstellungen helfen. Es sollte in der Regel folgende Elemente enthalten:

  • Name und Anschrift von dir und dem Unter­neh­men, bei dem du das Praktikum absol­viert hast
  • Zeitraum und Bezeich­nung des Praktikums
  • Detail­lier­te Beschrei­bung der Aufgaben und Tätig­kei­ten, die du aus­ge­führt hast
  • Nennung der Abtei­lun­gen, in denen du tätig warst, und der Projekte, an denen du mit­ge­ar­bei­tet hast
  • Bewertung deiner prak­ti­schen Leistungen
  • Bewertung deines sozialen Ver­hal­tens und deiner Soft Skills
  • Eventuell eine Ein­schät­zung deiner Stärken und Entwicklungspotenziale
  • Abschlie­ßen­de Bewertung des Prak­ti­kums insgesamt
  • Ausdruck von Dank und besten Wünschen für deine beruf­li­che Zukunft
  • Ort und Datum der Ausstellung
  • Unter­schrift des Vor­ge­setz­ten oder Praktikumsbetreuers

Wichtig: Das Zeugnis muss wahrheitsgemäß und wohlwollend geschrieben sein. Deshalb solltest du auf die Formulierungen darin achten und prüfen, ob die Angaben stimmen. Grundsätzlich positiv zu bewerten sind Begriffe wie sehr (gut), stets, außerordentlich, vorbildlich, exzellent, ausgezeichnet, überdurchschnittlich oder hervorragend.

Grundsätzlich gelten für ein Praktikumszeugnis ähnliche Regeln wie für ein qualifiziertes Arbeitszeugnis.

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