16. August 2016, 13:06 Uhr
BGH-Urteil Chefarztbehandlung: Nur der Chefarzt darf operieren
Wenn für eine Operation ausdrücklich eine Chefarztbehandlung vereinbart ist, muss tatsächlich der Chefarzt den Eingriff durchführen. Lässt er sich von einem anderen Arzt vertreten, hat der Patient Anspruch auf Schmerzensgeld oder Schadenersatz – auch nach gelungener Operation. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (AZ VI ZR 75/15).
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Durch eine Wahlleistungsvereinbarung können Patienten sich vor einer Operation eine Chefarztbehandlung zusichern lassen. Das hatte auch der Mann getan, mit dessen Fall sich der BGH konkret beschäftigte. Der Patient war zwar vor seiner chirugischen Handoperation vom Chefarzt untersucht worden, den Eingriff selbst übernahm jedoch vertretungsweise ein stellvertretender Oberarzt. Nach der Operation traten Folgeschäden auf, die laut Prüfung durch einen Sachverständigen nicht von einem etwaigen Fehler des Oberarztes verursacht worden waren. Der Patient klagte dennoch auf Schmerzensgeld. Dies lehnte das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zunächst mit dem Verweis auf die fehlerfreie Operation ab. Die Klinik hatte nachgewiesen, dass es auch bei einer Chefarztbehandlung zu den Folgeschäden gekommen wäre.
Der BGH hob das Urteil des OLG Koblenz jedoch auf. Die Karlsruher Richter begründeten dies damit, dass für die Operation in dieser Form keine wirksame Einwilligung des Patienten vorgelegen habe – denn dieser sei von einer Behandlung durch den Chefarzt ausgegangen. Indem die Klinik den Mann vor dem Eingriff nicht darüber aufgeklärt habe, dass ein anderer Arzt die Operation durchführen werde, habe sie sich über sein Selbstbestimmungsrecht und über sein Recht auf körperliche Integrität hinweggesetzt, so das Gericht. Dabei sei unerheblich, dass der operierende Arzt keinen Fehler gemacht habe und der Eingriff korrekt abgelaufen sei.
Schon 2010 hatte der BGH entschieden, dass Patienten grundsätzlich die Möglichkeit haben, ihre Einwilligung zur einer Operation auf bestimmte Ärzte zu beschränken. Die Richter betonten jedoch, dass der Patient dies vorher ausdrücklich zum Ausdruck bringen muss (AZ VI ZR 252/08). Andernfalls gilt für gesetzlich versicherte Patienten im Regelfall der totale Krankenhausaufnahmevertrag, der dem Patienten keinen Anspruch darauf einräumt, von einem bestimmten Arzt operiert zu werden.
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