23. Juli 2021, 8:00 Uhr
Themenseite Mieterhöhung: Was Mieter und Vermieter wissen müssen
Sie ist der Albtraum eines jeden Mieters: die Mieterhöhung. Allerdings haben Vermieter von Wohnungen und Wohnhäusern in bestimmten zeitlichen Abständen das Recht dazu – sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind. Wann und wie oft eine Mieterhöhung erlaubt ist, wie hoch sie ausfallen darf und was zum Beispiel bei einer Modernisierung zu beachten ist, erfährst du hier.
Inhalt
>> Wichtige Begriffe rund ums Thema Mieterhöhung
>> Wie hoch darf eine Mieterhöhung ausfallen?
>> Wann und wie oft ist eine Mieterhöhung möglich?
>> Miete erhöhen: So müssen Vermieter vorgehen
>> Müssen Mieter der Mieterhöhung zustimmen?
>> Sonderfall: Mieterhöhung nach Modernisierung
>> Erst Anpassung, dann Modernisierung: Ist eine doppelte Mieterhöhung erlaubt?
>> Die neuesten Artikel zum Thema Mieterrechte
Wichtige Begriffe zum Thema Mieterhöhung
Die ortsübliche Vergleichsmiete stellt gemäß § 558 Absatz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) den Mietpreis dar, der in einer Gemeinde oder einem Ortsteil für vergleichbaren Wohnraum in den letzten sechs Jahre durchschnittlich gezahlt wurde. (Stand: Juli 2021). Neben der reinen Wohnfläche werden bei der Vergleichsmiete auch Lage, Art, Beschaffenheit und Ausstattung des Wohnraums berücksichtigt.
Eine Möglichkeit, sich über die ortsübliche Vergleichsmiete zu informieren, ist ein Mietspiegel, den Städte- und Gemeindeverwaltungen aufstellen können. Dazu sind sie jedoch nicht verpflichtet.
Die Kappungsgrenze gemäß § 558 Absatz 3 BGB regelt, um wie viel Prozent die Miete bei bestehenden Mietverhältnissen innerhalb von drei Jahren steigen darf.
Davon zu unterscheiden ist die sogenannte Mietpreisbremse, die nur bei Neuvermietungen auf angespannten Wohnungsmärkten greift. Gemäß §§ 556d ff. BGB dürfen die Mieten in solchen Fällen höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Wie hoch darf eine Mieterhöhung ausfallen?
Vermieter dürfen Mieten nicht frei nach ihrem eigenen Ermessen heraufsetzen. Wie hoch eine Mieterhöhung bei einem bereits bestehenden Mietverhältnis maximal ausfallen darf, regeln ortsübliche Vergleichsmiete und Kappungsgrenze.
- Der Vermieter darf die Miete auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) 2021 entschied, ist dabei das örtliche Mietniveau zu dem Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der Mieter das Mieterhöhungsverlangen erhält – und nicht der Zeitpunkt, ab dem die höhere Miete gezahlt werden soll (AZ VIII ZR 22/20).
- Die Kappungsgrenze liegt per Gesetz bei 20 Prozent. Das bedeutet: Innerhalb von drei Jahren darf die Miete maximal diesen Prozentsatz steigen.
- Für Orte mit angespanntem Wohnungsmarkt darf die Kappungsgrenze auf 15 Prozent herabgesetzt werden. In Berlin, Hamburg, Köln, München und zahlreichen weiteren deutschen Städten und Landkreisen ist das aktuell der Fall (Stand: Juli 2021). Über die Herabsetzung der Kappungsgrenze entscheiden die Bundesländer jeweils für einen befristeten Zeitraum.
Wenn am Ort kein Mietspiegel geführt wird, ist es allerdings schwierig, die ortsübliche Vergleichsmiete zu bestimmen. Ein möglicher Ausweg: Vermieter können als Vergleichsgröße die Mieten von mindestens drei vergleichbaren Wohnungen heranziehen und ihre Mieterhöhung daran bemessen. Das bestimmt § 558a Absatz 2 Nummer 4 BGB.
Dabei ist jedoch gründliche Recherche und Abwägung gefordert – denn fällt die Mieterhöhung (vermeintlich) dennoch zu hoch aus, droht Streit mit dem Mieter.
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Maßgeblich bei der ortsüblichen Vergleichsmiete ist unter anderem die tatsächliche Wohnfläche einer Wohnung. Aber was zählt eigentlich zur Wohnfläche? Hier erfährst du, zu welchem Anteil Balkon und Terrasse berücksichtigt werden.
Übrigens: Stellt sich im Nachhinein heraus, dass die Wohnflächenangabe im Mietvertrag zu niedrig angegeben war und nach oben korrigiert werden muss, dann darf die Miete in diesem Zuge trotzdem höchstens um die gesetzlich erlaubten 20 Prozent – beziehungsweise 15 Prozent – steigen. Entsprechend hat 2015 der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Mehr zum konkreten Fall liest du hier.
Automatische Mieterhöhung bei Index- und Staffelmietverträgen
Ist im Mietvertrag eine Staffelmiete oder eine Indexmiete vereinbart, dann steigt die Miete automatisch in festgelegten Abständen um einen bestimmten Betrag.
- Nachteil für Mieter: Die Kappungsgrenze greift in einem solchen Fall nicht. Das bedeutet: Staffel- oder Indexmieten können innerhalb von drei Jahren auch um mehr als 20 Prozent steigen.
- Vorteil für Mieter: Weitere Mieterhöhungen außerhalb der festgelegten zeitlichen Abstände sind nicht zulässig.
- Bei einer Neuvermietung greift zudem eine geltende Mietpreisbremse auch für Staffelmietverträge. Bei Indexmieten ebenfalls – jedoch nur für die eingangs festgelegte Miete, nicht für die weiteren Stufen.
Du willst deine Wohnung vermieten und fragst dich, wie das mit der Indexmiete genau funktioniert? Hier erfährst du, wie du die Indexmiete richtig berechnest.
Wann und wie oft ist eine Mieterhöhung möglich?
In welchen zeitlichen Abständen Mieterhöhungen während eines laufenden Mietverhältnisses zulässig sind, regelt ebenfalls § 558 BGB. Sofern kein Staffel- oder Indexmietvertrag besteht, gelten bei der Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete grundsätzlich folgende Voraussetzungen:
- Die erste Mieterhöhung darf frühestens ein Jahr nach dem Einzug des Mieters angekündigt werden. Wirksam wird sie frühestens nach 15 Monaten, denn dem Mieter steht eine Überlegungsfrist bis zum übernächsten Monat zu.
- Auch bei jeder weiteren Mieterhöhung gilt: Angekündigt werden darf sie jeweils frühestens 12 Monate, nachdem die vorherige Mieterhöhung wirksam wurde. Sie wird dann ebenfalls frühestens nach 15 Monaten wirksam.
Ausnahmen kann es geben, wenn die Wohnung zwischendurch modernisiert wird und die Miete aus diesem Grund „außer der Reihe“ steigt. Mehr dazu liest du weiter unten im Abschnitt „Mieterhöhung nach Modernisierung“.
Du bist Mieter und hast den Verdacht, dass deine Miete – gemessen an den gesetzlichen Vorgaben – zu hoch ist? Hier findest du Tipps, wie du zu deinem Recht kommen kannst.
Nicht nur eine Mieterhöhung kann ins Geld gehen, sondern auch eine Erhöhung der Betriebskostenvorauszahlung. Wann sie zulässig ist, liest du in diesem Ratgeber.
Miete erhöhen: So müssen Vermieter vorgehen
Vermieter, die die Miete erhöhen möchten, müssen sich an den oben genannten gesetzlichen Vorgaben zur Höhe und an den geltenden Fristen orientieren.
Außerdem müssen sie dem Mieter ihr Mieterhöhungsverlangen immer schriftlich zukommen lassen. Dabei sind wiederum einige Formalitäten zu beachten, damit die Mieterhöhung auch wirksam wird.
Besonders wichtig:
- Vermieter müssen die Mieterhöhung rechtzeitig ankündigen
- und sie müssen sie auch begründen. Das kann zum Beispiel ein Verweis auf die ortsübliche Vergleichsmiete sein. Eine Mieterhöhung ohne Angabe von Gründen ist nicht zulässig.
Darf der neue Vermieter gleich die Miete erhöhen?
Wer eine vermietete Wohnung kauft oder erbt, muss beim Thema Mieterhöhung bestimmte Regeln beachten. Mehr dazu liest du in unseren Ratgebern „Vermietete Wohnung kaufen“ und „Mieterhöhung nach Eigentümerwechsel“.
Müssen Mieter der Mieterhöhung zustimmen?
Grundsätzlich ist die Zustimmung des Mieters erforderlich, damit die Mieterhöhung wirksam werden kann. Diese kann der Mieter auf verschiedene Arten geben:
- Er kann dem Vermieter ausdrücklich – mündlich oder schriftlich – mitteilen, dass er mit der Mieterhöhung einverstanden ist.
- Oder er überweist einfach ab dem angegebenen Zeitpunkt die höhere Miete.
Die Zustimmung muss innerhalb der gesetzlichen Überlegungsfrist erfolgen: Diese läuft vom Erhalt des Mieterhöhungsschreibens bis zum Ende des übernächsten Monats. Sobald der Mieter zugestimmt hat, kann er der Mieterhöhung nicht mehr nachträglich widersprechen.
Was, wenn der Mieter der Mieterhöhung nicht zustimmt?
Wichtig zu wissen ist dabei: Ist die Mieterhöhung berechtigt, haben Mieter kaum Chancen, sie abzulehnen. Wenn der Vermieter die Mieterhöhung ausreichend und rechtlich einwandfrei begründet hat, ist der Mieter zur Zustimmung verpflichtet. Erfolgt sie nicht, kann der Vermieter gemäß 558b BGB die Zustimmung des Mieters einklagen.
Wenn es jedoch gute Gründe für deinen Widerspruch gibt, weil das Mieterhöhungsschreiben formale Fehler enthält oder die Mieterhöhung zu hoch ausfällt, solltest du als Mieter schnell handeln:
- Lass das Mieterhöhungsverlangen umgehend überprüfen – zum Beispiel von einem Mieterverein oder einem Fachanwalt für Mietrecht.
- Du kannst den Vermieter innerhalb der Überlegungsfrist auf die Fehler hinweisen und ihn auffordern, sein Mieterhöhungsverlangen zu korrigieren. Fehler können schließlich jedem passieren und vieles lässt sich im persönlichen Gespräch klären.
- Entscheidet erst ein Gericht, dass die Mieterhöhung in der vorliegenden Form nicht zulässig ist, kann der Vermieter es auch danach noch korrigieren. Deine Überlegungsfrist beginnt in diesem Fall von vorn, sobald du das korrigierte Schreiben erhalten hast.
Sonderkündigungsrecht bei Mieterhöhung
Mieter haben gemäß § 561 BGB ein Sonderkündigungsrecht, wenn der Vermieter eine Mieterhöhung verlangt: Sie können nach Erhalt des Mieterhöhungsschreibens bis zum Ablauf des übernächsten Monats außerordentlich kündigen. Das Mietverhältnis endet dann wiederum mit Ablauf des übernächsten Monats.
Beispiel:
- Der Mieter erhält das Mieterhöhungsschreiben am 12. September.
- Er hat dann bis zum 30. November Zeit, sein Sonderkündigungsrecht in Anspruch zu nehmen und die Wohnung beim Vermieter zu kündigen.
- Das Mietverhältnis endet am 31. Januar des Folgejahres.
Während dieser gesamten Zeit wird die Mieterhöhung nicht wirksam, wenn der Mieter sein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nimmt. Sonst würde sich die Miete zum 1. Januar erhöhen – vorausgesetzt, das Erhöhungsverlangen ist berechtigt und fehlerfrei.
Sonderfall: Mieterhöhung nach Modernisierung
Modernisierungsmaßnahmen sehen Mieter oft mit gemischten Gefühlen entgegen, da sie meist eine Mieterhöhung nach sich ziehen. Wenn ein Mietshaus neu gedämmt wird oder das Dach erneuert wird, führt das in der Regel dazu, dass Energiekosten gespart werden. Gemäß § 559 BGB darf der Vermieter die Modernisierungskosten auf die Mieter umlegen, zum Beispiel in Form einer Mieterhöhung.
Dabei sind aber in puncto Fristen und Höhe einige Regeln zu beachten. Zudem sind oft nicht sämtliche entstandenen Kosten umlagefähig. Mieter sollten ein Mieterhöhungsverlangen aufgrund einer Modernisierung also immer sehr genau prüfen. Was bei der Mieterhöhung wegen Modernisierung zulässig ist, erfährst du hier.
Der BGH entschied 2020 zugunsten einer Mieterin, die gegen eine zweifache Mieterhöhung innerhalb eines Jahres geklagt hatte. Beide hatte der Vermieter mit Modernisierungsmaßnahmen begründet. Viele der Maßnahmen seien aber lediglich notwendige Instandhaltungen gewesen, deren Kosten nicht auf die Miete umgelegt werden dürften, urteilte der BGH (AZ VIII ZR 81/19). Dazu gehörte unter anderem der Austausch von rund 60 Jahre alten Türen und Briefkästen.
Erst Anpassung, dann Modernisierung: Ist eine doppelte Mieterhöhung erlaubt?
Streit gibt es zwischen Mieter und Vermieter häufiger beim Thema doppelte Mieterhöhung nach Modernisierung:
- Der Vermieter lässt die Wohnung modernisieren und verlangt aus diesem Grund eine höhere Miete.
- Wenige Monate später möchte er die Miete erneut erhöhen – diesmal mit der Begründung „Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete“.
Das ist grundsätzlich erlaubt. Wird die Wohnung modernisiert und der Mieter stimmt einer damit begründeten Mieterhöhung zu, muss der Vermieter mit einer erneuten Ankündigung einer Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete nicht zwingend die Fristen gemäß § 558 BGB abwarten. Das hat 2007 der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden (AZ VIII ZR 285/06).
Grundsätzlich ist eine solche doppelte Mieterhöhung auch in umgekehrter Reihenfolge möglich – also erst wegen Anpassung an die ortsübliche Vergleichsmiete, dann wegen Modernisierung. Es ist jedoch wichtig, dass beide Mieterhöhungen deutlich getrennt voneinander begründet werden.
Der BGH entschied 2020 in einem Streit um eine solche doppelte Mieterhöhung – erst mit Verweis auf die ortsübliche Vergleichsmiete, wenig später wegen einer Modernisierung: Sie sei grundsätzlich zulässig. Allerdings müsse der Vermieter bei der zweiten Erhöhung die erste mit berücksichtigen und den Mietpreis entsprechend ansetzen (AZ VIII ZR 367/18).
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