Zahnärztin und Patient schauen sich lachen einen Abdruck des Gebisses an © istock.com/skynesher

28. Oktober 2020, 10:00 Uhr

Durchatmen Fest­zu­schuss beim Zahn­ersatz: Was zahlt die gesetz­li­che Krankenkasse?

Als gesetzlich Versicherter musst du bei Zahnersatz im Normalfall selbst ins Portemonnaie greifen, und das häufig ganz schön tief. Denn die gesetzlichen Krankenkassen zahlen im schlechtesten Fall nur den sogenannten Festzuschuss. Wer regelmäßig zum Zahnarzt geht, bekommt etwas mehr. Welchen Anspruch gesetzlich Krankenversicherte haben und was selbst gezahlt werden muss, liest du hier.

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Knack­punkt Regel­ver­sor­gung: So wird der Fest­zu­schuss berechnet

Grundsätzlich gilt: Wer bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert ist, muss einen Teil der Kosten für Zahnersatz selbst tragen. Die gesetzliche Krankenkasse zahlt einen Zuschuss zu den Kosten. In jedem Fall wird der sogenannte Festzuschuss in Höhe von 60 Prozent der Regelversorgung übernommen. (Stand: Oktober 2020). Auch wenn es zunächst vielleicht so anmutet: Bei dem Festzuschuss handelt es sich nicht um einen prozentualen Anteil an den tatsächlichen Behandlungskosten, sondern um einen fixen Betrag.

Dreh- und Angelpunkt ist dabei die sogenannte Regelversorgung. Das ist die aus medizinischer Sicht notwendige Basisbehandlung, bei der es nur um rein funktionale Aspekte geht. Vereinfacht gesagt: die kostengünstigste Minimallösung. Welche Leistungen bei zahnmedizinischen Befunden in Rahmen dieser Regelversorgung übernommen werden, legt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) fest. Und von den Kosten dieser Leistungen übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen dann 60 Prozent als Festzuschuss. Wie hoch der Betrag für die einzelnen Befunde jeweils ausfällt, lässt sich in der sogenannten Festzuschuss-Richtlinie des G-BA ablesen. Sie enthält eine sehr ausführliche Tabelle, in der alle Befunde zusammen mit dem Betrag, den die gesetzliche Krankenkasse übernimmt, gelistet sind. Die komplette Richtlinie inklusive Festzuschuss-Tabelle für Zahnersatz kannst du beim G-BA herunterladen.

 

Bonus­re­ge­lung: Höherer Zuschuss bei regel­mä­ßi­ger Vorsorge

Wenn du mittels Bonusheft nachweisen kannst, dass du jährlich zur zahnärztlichen Kontrolluntersuchung gehst, erhöht sich der Festzuschuss auf …

  • 70 Prozent bei fünf Jahren lückenlos aus­ge­füll­tem Bonusheft. Die private Rechtsschutzversicherung von ADVOCARD
  • 75 Prozent bei zehn Jahren lückenlos aus­ge­füll­tem Bonusheft.

Dabei handelt es sich aber immer noch um einen Zuschuss für die einfachste aller möglichen Lösungen. Etwa für eine metallische Zahnkrone oder eine sogenannte NEM-Brücke, die aus einem weniger hochwertigen Metall besteht. (NEM = Nicht-Edelmetall). Wenn du beispielsweise eine weniger auffällige Keramikkrone möchtest, musst du die Mehrkosten selbst tragen. Der Festzuschuss bleibt derselbe, unabhängig davon, was der Zahnersatz tatsächlich kostet.

Zusätz­li­che Leis­tun­gen: Gleich­ar­ti­ge und anders­ar­ti­ge Versorgung

Wenn du beim Zahnersatz nicht mit der von den gesetzlichen Krankenkassen vorgesehenen Basisleistung zufrieden bist, gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Du erwei­terst die Regel­ver­sor­gung um zusätz­li­che Leis­tun­gen, dabei spricht man von “gleich­ar­ti­ger Ver­sor­gung”. Ein Beispiel: Für Backen­zäh­ne sind bei den gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen nur Metall­kro­nen vor­ge­se­hen. Wenn du deine Krone mit Keramik ver­blen­det haben möchtest, folgst du grund­sätz­lich dem, was die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen als sinnvolle und notwendig Behand­lung vorsieht – nämlich das Über­kro­nen des Zahns. In diesem Fall wird nur die Zusatz­leis­tung privat abge­rech­net, der Rest der Behand­lung nach der gesetz­li­chen Gebüh­ren­ord­nung, kurz BEMA genannt.
  • Wenn du dich für eine komplett andere Behand­lung ent­schei­dest, als in der Regel­ver­sor­gung vor­ge­se­hen ist, bei­spiels­wei­se für ein Implantat zum Schließen einer Zahnlücke statt einer Brücke, ist das eine “anders­ar­ti­ge Ver­sor­gung”. Dabei bekommst du zwar auch den Fest­zu­schuss für die Regel­ver­sor­gung, aber der Zahnarzt rechnet die gesamte Behand­lung nach der privaten Gebüh­ren­ord­nung für Zahnärzte (GOZ) ab. Und zwar direkt mit dir, nicht mit der gesetz­li­chen Kran­ken­kas­se. Die überweist dir lediglich den Zuschuss.

Letztendlich ist diese Unterscheidung aber vor allem für die Zahnärzte bei der Abrechnung wichtig. Für dich als Patient von Bedeutung ist in erster Linie: Bei einer andersartigen Versorgung kommen höhere Kosten für den Zahnersatz auf dich zu als bei einer gleichartigen Versorgung.

Här­te­fall­re­ge­lung: Wann die gesetz­li­che Kran­ken­kas­se mehr zahlt

Es gibt Patienten, für die der Eigenanteil selbst bei der einfachen Regelversorgung eine enorme finanzielle Belastung bedeutet. Zahnersatz ist nicht gerade günstig und selbst bei lückenlos ausgefülltem Bonusheft können je nach Leistung Kosten von mehreren Hundert Euro auf dich zukommen.

In solchen Fällen greift möglicherweise eine Härtefallregelung. Versicherte mit geringem Einkommen haben dann Anspruch auf eine vollständige Kostenübernahme für die Regelversorgung durch die gesetzliche Krankenkasse.

Nicht zumutbar sind die Kosten für Zahnersatz nach § 55 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), wenn ...

  • das monat­li­che Brut­to­ein­kom­men niedriger ist als 40 Prozent der soge­nann­ten Bezugs­grö­ße für die Sozi­al­ver­si­che­rung. Aktuell liegt diese Ein­kom­mens­gren­ze bei ...
  • 274 Euro für Alleinwohnende
  • 751,75 Euro, wenn du mit einem Ange­hö­ri­gen zusammen wohnst (nicht­ehe­li­che Partner zählen nicht dazu). Das ent­spricht einem Plus von 15 Prozent der Bezugsgröße.
  • plus 318,50 Euro (= 10 Prozent der Bezugs­grö­ße) für jeden weiteren Ange­hö­ri­gen in deinem Haushalt. Für Allein­er­zie­hen­de mit zwei Kindern liegt die Ein­kom­mens­gren­ze also bei 2.070,25 Euro.

(Stand: Oktober 2020)

  • du Arbeits­lo­sen­geld II (ALG II bzw. Hartz IV), Grund­si­che­rung, Kriegs­op­fer­für­sor­ge oder Hilfe zum Lebens­un­ter­halt erhältst.
  • du Bafög-Empfänger
  • du in einer Ein­rich­tung unter­ge­bracht bist und ein Träger der Sozi­al­hil­fe bzw. der Kriegs­op­fer­für­sor­ge die Kosten dafür übernimmt.

Daneben sehen die Satzungen der gesetzlichen Krankenkassen weitere Härtefallregelungen vor, zum Beispiel, wenn das Einkommen eines Versicherten die Einkommensgrenze nur leicht überschreitet. Es kann sich also lohnen, hier genauer nachzuhaken, ob eine vollständige Kostenübernahme möglich ist.

Wichtig: Die Härtefallregelung tritt nicht automatisch in Kraft. Du musst sie bei der gesetzlichen Krankenkasse beantragen.

FAZIT
  • Die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen zahlen bei Zahn­ersatz einen Zuschuss in Höhe von 60 Prozent der Regel­ver­sor­gung. Mit Bonusheft erhöht sich der Zuschuss auf 70 bezie­hungs­wei­se 75 Prozent.
  • Der Fest­zu­schuss ist ein fixer Betrag, kein pro­zen­tua­ler Anteil an den finalen Kosten.
  • Leis­tun­gen, die über die Regel­ver­sor­gung hin­aus­ge­hen, müssen grund­sätz­lich selbst gezahlt werden.
  • In Här­te­fäl­len über­neh­men die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen die gesamten Kosten für die Regelversorgung.
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