4. Mai 2021, 9:24 Uhr
Darf ich eigentlich? Ist Schutzkleidung auf dem Motorrad Pflicht?
Sobald die Temperaturen stiegen, sieht man immer mal wieder Motorradfahrer in Jeans, T-Shirt, Sneakers und vielleicht noch einem Nierengurt auf ihren Maschinen sitzen. Einerseits verständlich, denn in voller Montur wird es im Hochsommer ganz schön heiß. Aber ist das überhaupt erlaubt? Pflicht ist Schutzkleidung auf dem Motorrad nur in wenigen Fällen. Darauf zu verzichten, kann bei einem Unfall trotzdem Folgen haben. Und zwar nicht nur körperlich.
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Gesetz schreibt keine Schutzkleidung auf dem Motorrad vor
Es gibt im deutschen Verkehrsrecht keine Regelung, die Motorradfahrern das Tragen von Schutzkleidung vorschreibt, lediglich ein geeigneter Helm ist Pflicht. Den schreibt die Straßenverkehrsordnung (StVO) in § 21a, Absatz 2 auf Krafträdern vor, die schneller als 20 km/h fahren können. Dementsprechend gilt auch für Rollerfahrer: Helm ist Pflicht, Schutzkleidung nicht.
Für Fahrschüler ist Motorradkleidung Pflicht
Strengere Regeln gelten allerdings für diejenigen, die den Führerschein noch nicht in der Tasche haben. Fahrschüler, die den Führerschein der Klasse A, A1, A2 oder AM machen, dürfen ihre Fahrstunden und die praktische Prüfung gemäß Fahrerlaubnisverordnung (FeV) nur in voller Montur absolvieren. Dazu gehören
- ein geeigneter Helm,
- Motorradhandschuhe,
- eine eng anliegende Motorradjacke mit Rückenprotektor oder ein separater Rückenprotektor, falls keiner in der Jacke ist,
- eine Motorradhose und
- Stiefel mit ausreichendem Knöchelschutz.
Ein Nierengurt ist hingegen nicht Pflicht. Der Fahrlehrer ist dafür verantwortlich, dass diese Vorschriften eingehalten werden. Wenn der Schüler nicht die volle Schutzmontur trägt, darf er die Fahrstunde nicht durchführen. Auch der Prüfer kann die Führerscheinprüfung wegen fehlender Schutzkleidung platzen lassen.
Konsequenzen bei fehlender Schutzkleidung: Mithaftung bei Unfällen
Sobald du den Führerschein in der Tasche hast, darfst du also durchaus in Shorts und ohne Handschuhe im Straßenverkehr unterwegs sein. Empfehlenswert ist das allerdings nicht. Zum einen, weil damit das Verletzungsrisiko steigt. Zum anderen kann fehlende Schutzkleidung im Falle eines unverschuldeten Unfalls auch finanziell wehtun: Es kann zu einer Kürzung des Schmerzensgeldanspruchs kommen. Denn der verunfallte Biker kann für die Schwere seiner Verletzungen mitverantwortlich gemacht werden, auch wenn er keine Schuld am Unfall selbst trägt.
Solche Fälle landen immer wieder vor Gericht. Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg entschied zum Beispiel 2009 (AZ: 12 U 29/09) im Fall eines Bikers, der mit einer Stoffhose bekleidet in einen Unfall verwickelt wurde und Verletzungen am Bein erlitt, dass dieser durch den Verzicht auf eine Motorradhose bewusst ein erhebliches Verletzungsrisiko eingegangen sei. Deshalb sei es legitim, dass er sich mit weniger Schmerzensgeld als gefordert zufriedengeben müsse. Ähnlich urteilte das OLG Düsseldorf im Jahr 2006.
Andere Gerichte, etwa das OLG München (AZ 10 U 4256/16) und das OLG Nürnberg (AZ: 3 U 1897/12) entschieden hingegen in ähnlichen Fällen zugunsten der verunfallten Kradfahrer. Beide waren in Turnschuhen auf dem Motorrad unterwegs.
Wie entschieden wird, liegt also immer auch am konkreten Einzelfall. Entscheidend ist vor allem die Frage, ob Schutzkleidung tatsächlich etwas an den Unfallfolgen geändert hätte. Aber auch die Fahrzeugart – also, ob Roller, Leichtkraftrad oder schweres Motorrad – kann eine Rolle spielen. Ebenso, ob der Unfall innerorts oder außerorts passiert ist.
- Die StVO schreibt Motorradfahrern nur das Tragen eines Helms vor.
- Obwohl sie das Verletzungsrisiko nachweislich verringert, ist Schutzkleidung auf dem Motorrad keine Pflicht.
- Ausnahme: Fahrschüler dürfen nur mit voller Schutzkleidung aufs Motorrad.
- Wer ohne Schutzkleidung mit dem Motorrad unverschuldet verunfallt, bekommt unter Umständen weniger Schmerzensgeld.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.