13. Januar 2022, 10:00 Uhr
Abmahnung: Fristen und Gründe im Arbeitsrecht
Du hast eine Abmahnung von deinem Arbeitgeber erhalten – das ist zunächst ein großer Schreck. Denn eine Abmahnung kommt einer angedrohten Kündigung gleich. Bist du dir keines Fehlverhaltens bewusst, fühlst du dich dann sicher unfair behandelt. Doch wie gehst du mit einer Abmahnung um? Wann ist diese überhaupt begründet und welche Fristen gelten? Alle wichtigen Infos zur Rechtslage und wie du gegen eine Abmahnung vorgehst, findest du auf unserer Themenseite.
Inhalt
>> Abmahnung: Definition, Bedeutung und Gesetzeslage
>> Welche Gründe kann es für eine Abmahnung geben?
>> Von der Abmahnung zur Kündigung: So ist die Rechtslage
>> Wann ist eine Abmahnung unwirksam?
>> Verjährung bei Abmahnung? Diese Fristen gelten
>> Abmahnung unterschreiben? Das solltest du beachten
>> Widerspruch gegen eine Abmahnung: Das kannst du tun
Abmahnung: Definition, Bedeutung und Gesetzeslage
Mit einer Abmahnung weist der Arbeitgeber auf einen Pflichtverstoß hin. Die Abmahnung erfüllt dabei drei Funktionen: Sie rügt das Fehlverhalten von Mitarbeitern, ermahnt die Betreffenden gleichzeitig zur Besserung und warnt vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen wie z. B. einer Kündigung. Ist keine Androhung von Konsequenzen enthalten, handelt es sich lediglich um eine Ermahnung, die einer Abmahnung vorausgehen kann.
Im Arbeitsrecht ist die Form einer Abmahnung nicht gesetzlich geregelt, es gibt dazu also keine besonderen Vorschriften. Daher besitzt auch eine mündliche Abmahnung Gültigkeit. Berechtigt zur Abmahnung sind grundsätzlich dem Arbeitnehmer gegenüber weisungsbefugte Personen, also auch direkte Vorgesetzte wie Team- oder Bereichsleiter. Was in einer Abmahnung enthalten sein muss, damit sie rechtskräftig ist, liest du hier.
Welche Gründe kann es für eine Abmahnung geben?
Der Wecker hat nicht geklingelt, der Bus hatte Verspätung – und schon bist du wieder zu spät zur Arbeit gekommen. Häufen sich diese Vorfälle, kann dein Arbeitgeber dich wegen Verspätung abmahnen. Aber ist die Androhung einer Kündigung bei notorischer Unpünktlichkeit rechtens? Leider ja.
Daneben gibt es zum Beispiel folgende Gründe für eine Abmahnung:Arbeitsverweigerung oder sogenannte Schlechtleistung, wenn diese vorsätzlich, also gewollt geschieht, und vertraglich festgelegte Arbeitspflichten berührt. Kommt es etwa durch eine vom Arbeitgeber nicht genehmigte Nebentätigkeit zur einer Schlechtleistung des Arbeitnehmers, obwohl eine Genehmigung vertraglich vorgesehen wäre, ist dies eine Vertragsverletzung.
- Arbeitsverweigerung oder sogenannte Schlechtleistung, wenn diese vorsätzlich, also gewollt geschieht, und vertraglich festgelegte Arbeitspflichten berührt. Kommt es etwa durch eine vom Arbeitgeber nicht genehmigte Nebentätigkeit zur einer Schlechtleistung des Arbeitnehmers, obwohl eine Genehmigung vertraglich vorgesehen wäre, ist dies eine Vertragsverletzung.
- Sexuelle Belästigung oder Mobbing. Wiederholte oder schwere Beleidigungen gegenüber Kollegen, Vorgesetzten oder Kunden können sogar zu einer fristlosen Kündigung ohne vorherige Abmahnung führen. Etwas andere Regeln gelten beim Lästern am Arbeitsplatz.
- Alkohol- oder Drogenkonsum während der Arbeitszeit.
- sogenanntes „Krankfeiern”, verspätetes Krankmelden oder unentschuldigtes Fehlen.
- Unerlaubte private Internetnutzung während der Arbeitszeit.
- Urlaubsantritt ohne Absprache mit dem Arbeitgeber.
- Datenschutzverstöße wie z. B. der Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen, zu deren Geheimhaltung du vertraglich verpflichtet bist.
- Bewusstes Beschädigen von Eigentum des Arbeitgebers oder Diebstahl am Arbeitsplatz.
Von der Abmahnung zur Kündigung: So ist die Rechtslage
Ob eine Abmahnung mündlich oder schriftlich ergeht, grundsätzlich gilt: Das Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss deutlich gemacht werden. Der Arbeitgeber muss einen konkreten Pflichtverstoß benennen und dafür auch Belege anführen können. Eine Abmahnung aus Verdachtsgründen ist im Gegensatz zur Verdachtskündigung also nicht wirksam. Ebenso müssen arbeitsrechtliche Konsequenzen aufgezeigt werden, beispielsweise eine Kündigung. Ansonsten ist die Abmahnung unwirksam.
Dein Arbeitgeber kann dir wegen einer Pflichtverletzung nur dann kündigen, wenn du wegen desselben Sachverhalts bereits im Vorfeld abgemahnt worden bist (BGB § 314, Abs. 2). Lediglich bei sehr schwerwiegenden Pflichtverletzungen kann dir auch fristlos und außerordentlich gekündigt werden.
Befindest du dich in der Probezeit, kann dein Arbeitgeber dich ebenso wegen Pflichtverletzungen abmahnen oder kündigen. Fristlos kündigen darf er dir aber auch in der Probezeit nur, wenn er dir wegen des betreffenden Fehlverhaltens vorher eine Abmahnung erteilt hat. Mehr dazu liest du in unserem Streitlotse-Ratgeber “Kündigung in der Probezeit”.
Wie viele Abmahnungen bis zur Kündigung sind notwendig?
Arbeitszeitbetrug: Wann Abmahnung oder Kündigung drohen
Wann ist eine Abmahnung unwirksam?
Dir kommt der Inhalt deiner Abmahnung komisch vor und du fragst dich, ob sie überhaupt gültig ist? Eine Abmahnung kann zu Unrecht ergangen sein,
- wenn du krankheitsbedingt nicht arbeiten kannst und hierfür ein Attest vom Arzt vorliegt. Krankheit hat nichts mit Fehlverhalten zu tun und kann dementsprechend nicht abgemahnt werden.
- wenn die angeblich verletzte Pflicht gar nicht besteht, also nicht im Arbeitsvertrag festgehalten wurde.
- wenn dein Arbeitgeber dein Fehlverhalten nicht nach- oder beweisen kann.
- wenn das dir zur Last gelegte Fehlverhalten lediglich einen Bagatellverstoß darstellt, also nicht abmahnungswürdig ist.
- wenn in einer Abmahnung mehrere Verstöße zusammengefasst wurden und einer davon nicht nachweisbar ist. Dannwird unter Umständen die gesamte Abmahnung unwirksam.
Kommst du ein einziges Mal ein paar Minuten später zur Arbeit oder lästerst mit deinem Kollegen vertraulich über euren Chef, so dass es niemand anders mitbekommt, dann sind dies noch keine schwerwiegenden Verstöße, die abgemahnt werden können.
Wenn du dich weigerst, für die Arbeit in eine weit entfernte Stadt zu fahren, obwohl dies nicht Teil deiner Vertragspflichten ist, steht die Frage im Raum, ob es sich um Arbeitsverweigerung handelt. Dein Chef hat laut § 106 Gewerbeordnung (GewO) dir gegenüber ein sogenanntes Weisungs- bzw. Direktionsrecht und kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher bestimmen. Hier muss im Einzelfall entschieden werden, was dir als Arbeitnehmer zuzumuten ist und was nicht.
Verjährung bei Abmahnung: Welche Fristen gelten?
Wegen mehrerer Verspätungen im letzten Jahr wirst du jetzt erst abgemahnt und fragst dich: Ist das nicht schon längst verjährt? Auch hier lautet die Antwort oft: Leider nicht. Denn auch länger zurückliegende Pflichtverstöße können noch geahndet werden. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil (AZ 5 AZR 70/84).
Wirst du wegen eines Pflichtverstoßes abgemahnt, der bereits mehrere Jahre zurückliegt, können jedoch Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Abmahnung aufkommen. Im Einzelfall ist die Abmahnung anfechtbar, wenn zwischen Pflichtverletzung und Rüge zu viel Zeit verstrichen ist.
Wichtig zu wissen: Zwar gibt es keine gesetzliche Regelung, wie lang eine Abmahnung gültig ist. Dennoch ist nach etwa zwei bis drei Jahren eine Kündigung mit Bezug zur Abmahnung nicht mehr ohne weiteres nachvollziehbar. Vorausgesetzt natürlich, der Arbeitnehmer blieb in dieser Zeit ohne erneuten Pflichtverstoß in derselben Angelegenheit. Hier gilt dann: Eine Kündigung mit Bezug zur Abmahnung ist anfechtbar. Arbeitnehmer können sich dagegen wehren. Mit einem Berufs-Rechtsschutz bist du für solche Fälle abgesichert.
Abmahnung unterschreiben? Das solltest du beachten
Lässt dir dein Arbeitgeber eine Abmahnung per Post zukommen, wird diese bei Einwurf in deinen Briefkasten bereits wirksam – ganz gleich, ob du den Brief öffnest oder nicht. Oftmals gehen Arbeitgeber jedoch auf Nummer sicher und fordern unmittelbar eine Unterschrift des Mitarbeiters ein.
Hier ist Vorsicht geboten. Unterschreibe die Abmahnung nicht, ohne sie gründlich gelesen zu haben. Auch wenn dein Chef Druck aufbaut, bleibe erst einmal ruhig und nimm die Abmahnung sachlich und freundlich entgegen. Allenfalls kannst du den Erhalt der Abmahnung schriftlich bestätigen.
Abmahnung: Was tun? 6 wichtige Schritte für Arbeitnehmer
Du hast eine Abmahnung von deinem Arbeitgeber erhalten? So reagierst du richtig.
Widerspruch gegen eine Abmahnung: Das kannst du tun
Eine Abmahnung kann nicht nur das Arbeitsverhältnis belasten, sie kann auch einen Stolperstein für die Karriere darstellen. Denn sie verbleibt in der Regel für mehrere Jahre in der Personalakte des Arbeitnehmers und kann beispielsweise eine Beförderung erschweren.
Wichtig zu wissen: Du musst eine Abmahnung nicht einfach so hinnehmen. Das kannst du tun:
- Grundsätzlich hast du laut Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) das Recht, bei einer Abmahnung eine Gegendarstellung zu verfassen oder protokollieren zu lassen, die in deiner Personalakte aufbewahrt werden muss (BetrVG § 83, Abs. 2). Dies hat den Vorteil, dass die Gegendarstellung im Streitfall vor Gericht gewertet werden kann, wenn sie der abgemahnten Pflichtverletzung plausibel entgegenspricht.
- Reiche eine Beschwerde beim Betriebsrat ein (BetrVG §§ 84, 85). Dieser kann zwischen dir und deinem Chef moderieren und gegebenenfalls eine Zurückziehung der Abmahnung oder eine Umwandlung der Abmahnung in eine Ermahnung erwirken.
- Du kannst die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte einfordern (Urteil des BAG: AZ 2 AZR 782/11), wenn ein Teil der betreffenden Abmahnung nicht nachweisbar, unverhältnismäßig oder durch die verstrichene Zeit bedeutungslos geworden ist.
Ist dein Arbeitgeber auch dann nicht bereit, die Abmahnung zurückzuziehen oder diese aus deiner Personalakte zu entfernen, kann vielleicht eine Mediation helfen, die Wogen zu glätten.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.