Urlaubsanspruch bei Arbeitgeberwechsel: Kann man Tage mitnehmen? © iStock.com/Phira Phonruewiangphing

17. Mai 2022, 11:00 Uhr

Darf ich eigentlich? Urlaubs­an­spruch bei Arbeit­ge­ber­wech­sel: Kann man Tage mitnehmen?

In Deutschland haben Berufstätige einen grundsätzlichen Anspruch auf bezahlten Urlaub. Und zwar auf mindestens so viele Tage, wie es das Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) vorschreibt. Doch wie sieht es mit dem Urlaubsanspruch bei einem Arbeitgeberwechsel aus? Darfst du Tage mit in den neuen Job oder sogar doppelt nehmen? Hier erfährst du es.

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Urlaubs­an­spruch: So ist die gesetz­li­che Lage

Im Urlaub sollen sich Beschäftigte von ihrem Job erholen. Das dient dem Erhalt von Arbeitskraft und Gesundheit. Weil beides wichtig ist, haben Berufstätige einen staatlich verordneten Urlaubsanspruch. Der ist im BUrlG geregelt, das 24 Urlaubstage bei einer 6-Tage-Woche vorsieht. Hast du eine 5-Tage-Woche, dann liegt dein gesetzlicher Anspruch bei 20 Tagen. Geringer fällt dein Urlaubsanspruch bei Teilzeit aus.

Es steht Unternehmen allerdings frei, ihrer Belegschaft mehr bezahlte Freizeit zu gewähren. Das geht in Form von Betriebsvereinbarungen oder individueller Arrangements im Arbeitsvertrag. Auch tarifliche Vorgaben dazu sind üblich. So kommt es, dass Beschäftigte in Deutschland durchschnittlich 30 Tage Urlaub pro Jahr haben. Je nach Unternehmen können also unterschiedliche Urlaubsansprüche bestehen. Doch was passiert damit bei einem Arbeitgeberwechsel? Welche Regeln gelten dann? Darfst du zum Beispiel offenen Urlaub zum neuen Arbeitgeber mitnehmen?

Besonders leicht fällt die Antwort, wenn du zum 1. Januar eine Stelle in einem anderen Unternehmen antrittst. In dem Fall richtet sich die Anzahl deiner jährlichen Urlaubstage komplett nach den Vorgaben des neuen Arbeitgebers. Doch ein so klarer Schnitt ist eher die Ausnahme. Denn im Normalfall kommt es im laufenden Kalenderjahr zu Arbeitgeberwechseln. Deshalb kann sich der jeweilige Urlaubsanspruch ändern. In welcher Weise, hängt auch davon ab, wann du in deinen neuen Job startest.

INFO

Ein vollständiger Urlaubsanspruch entsteht generell erst nach sechsmonatigem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses. Beginnst du also einen neuen Job in der zweiten Hälfte eines Kalenderjahres, hast du erst im folgenden Jahr ein Anrecht auf deine gesamten Urlaubstage. Aber: Bis dahin darfst du anteilig Urlaub für jeden Monat (Anzahl der Jahresurlaubstage geteilt durch zwölf) nehmen, den du in deiner neuen Stelle beschäftigt bist.

Urlaubs­an­spruch bei Arbeit­ge­ber­wech­sel vor dem 30. Juni

Kündigst du deinen Arbeitsvertrag in der ersten Jahreshälfte, also spätestens zum 30. Juni, hast du bei deinem alten Unternehmen einen anteiligen Urlaubsanspruch. Und zwar in Höhe von einem Zwölftel deines Jahresurlaubs pro Monat, den du dort noch tätig bist. Dazu folgendes Rechenbeispiel.

Angenommen, du hast bei deinem alten Arbeitgeber insgesamt 30 Tage Jahresurlaub. Verteilt auf zwölf Monate ergibt das jeweils 2,5 Tage pro Monat. Das bedeutet für deinen Urlaubsanspruch bei einem Arbeitgeberwechsel zum 1. Mai: Du besitzt für die Monate Januar bis einschließlich April ein Recht auf zehn Urlaubstage (vier Zwölftel) in deinem alten Betrieb. Hast du die noch nicht oder nur zum Teil genommen, muss dir dein bisheriger Arbeitgeber bei Kündigung entweder den Rest der anteiligen Urlaubstage gewähren oder den ausstehenden Urlaub auszahlen. Tut er das nicht, solltest du die Situation mit arbeitsrechtlichem Beistand klären.

Arbeitnehmerin sitzt mit ihrem Laptop in ihrer Küche am Esstisch und schreibt in ihren Taschenkalender.
© iStock.com/GrapeImages

Darfst du noch nicht genommenen Urlaub auch zum neuen Arbeitgeber mitnehmen? Ja, allerdings anteilig gemäß deinem dortigen Urlaubsanspruch. Das heißt: Dir steht im neuen Unternehmen ein Zwölftel pro Monat für Mai bis Dezember, also acht Zwölftel Urlaub zu. Wenn du denselben Urlaubanspruch von 30 Tagen auch im neuen Job hast, hättest du also dort von Mai bis Dezember 20 Tage Urlaub. Gewährt dir dein neues Unternehmen weniger Urlaub als dein bisheriges, vielleicht nur 27 statt der vorherigen 30 Tage, verringert sich mit dem Jobwechsel dementsprechend dein gewohnter (restlicher) Gesamtanspruch auf Urlaubstage.

INFO

Nach § 6 Abs. 1 BUrlG besteht bei einem Arbeitgeberwechsel kein Anspruch auf doppelten Urlaub. Das heißt, du darfst bereits genommenen Urlaub beim bisherigen Unternehmen nicht zum neuen mitnehmen. Um das zu verhindern, kann dein neuer Arbeitgeber von dir eine Urlaubsbescheinigung deines Vorarbeitgebers verlangen. Darin muss stehen, welchen gewährten oder abgegoltenen Urlaub du bereits angesammelt hast.

Urlaubs­an­spruch bei Arbeit­ge­ber­wech­sel ab dem 1. Juli

Wird dein Jobwechsel in der zweiten Jahreshälfte wirksam, also ab 1. Juli oder später, besitzt du bei deinem alten Betrieb einen vollen Urlaubsanspruch. Jedenfalls dann, wenn du dort seit mindestens sechs Monaten beschäftigt warst. Ansonsten gilt die anteilige Regelung pro Monat.

Wenn du deinen Job zum 1. Oktober eines Jahres wechselst, kann es also sein, dass du deinen vollen Jahresurlaubsanspruch bereits beim alten Arbeitgeber aufgebraucht hast. Dann hast du für den Rest des Jahres keinen weiteren Urlaubsanspruch bei deinem neuen Arbeitgeber. Es sei denn, er gewährt dir mehr Jahresurlaub als du bei deinem bisherigen Arbeitgeber hattest.

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