Streitpunkt Dashcam: Was ist in Deutschland erlaubt? © iStock.com/kaipong

9. November 2022, 11:00 Uhr

Darf ich eigentlich? Streit­punkt Dashcam: Was ist in Deutsch­land erlaubt?

Viele Autofahrer finden Dashcams nützlich, um gegebenenfalls einen Unfallhergang eindeutig beweisen zu können. Aber darf man überhaupt fremde Menschen und Autos mit der Dashcam filmen? Und kann die Aufnahme als Beweis vor Gericht dienen? Die Rechtslage in Deutschland in Bezug auf die kleinen Autokameras ist kompliziert. Hier ein Überblick.

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Sind Dashcams erlaubt – und wie darf man sie nutzen?

Sich eine Dashcam zu kaufen und sie im Auto zu installieren, ist in Deutschland grundsätzlich erlaubt. Bei einer Reise ins Ausland wiederum sollten sich Autofahrer vorab über die dort geltenden Regelungen informieren. In manchen europäischen Nachbarländern sind Dashcams nämlich nicht oder nur mit Genehmigung gestattet.

Es ist jedoch in Deutschland nicht erlaubt, den Straßenverkehr mit der Dashcam dauerhaft und ohne konkreten Anlass zu filmen. Hintergrund sind datenschutzrechtliche Bestimmungen. Wer dagegen verstößt und erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen.

Zu beachten sind vor allem das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO):

  • § 4 BDSG regelt die Video­über­wa­chung öffent­lich zugäng­li­cher Räume. Diese muss der Wahr­neh­mung berech­tig­ter Inter­es­sen sowie einem konkreten Zweck dienen, wie etwa bei der Kri­mi­na­li­täts­be­kämp­fung durch Behörden. Das berech­tig­te Interesse an der Über­wa­chung muss die Daten­schutz­rech­te der gefilmten Personen über­wie­gen. Dies ist jedoch nicht gegeben, wenn eine Dashcam rein aus privatem Interesse dauerhaft das Ver­kehrs­ge­sche­hen filmt.
  • Artikel 6 der DSGVO regelt die Recht­mä­ßig­keit der Ver­ar­bei­tung per­sön­li­cher Daten. Dazu gehört: Wer andere Personen filmen will, muss vorher ihre Ein­wil­li­gung einholen – das klappt bei einer Dashcam-Aufnahme mitten im Ver­kehrs­ge­sche­hen eher schlecht.

Ist eine Dashcam-Aufnahme vor Gericht als Beweis zugelassen?

Aufzeichnungen einer Dashcam können erlaubt sein, wenn es gute Gründe und einen konkreten Anlass dafür gibt. Also zum Beispiel, um sie als Beweismittel im Fall eines Verkehrsunfalls zu verwenden. Aufgrund der uneindeutigen Rechtslage werden Dashcam-Videos allerdings vor Gerichten nicht immer als Beweismittel akzeptiert. Denn manchmal entsteht eine solche Unfallaufnahme eben nicht aus konkretem Anlass, sondern rein zufällig, weil eine Dashcam ununterbrochen gefilmt hat – was ja nicht erlaubt ist.

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) hatte 2018 zunächst für etwas mehr Klarheit gesorgt. Demnachkönnen Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel vor Gericht zulässig sein, auch wenn sie gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen verstoßen (AZ VI ZR 233/17).

Im konkreten Fall waren zwei Autos beim Abbiegen kollidiert. Einer der Fahrer wollte mittels Aufnahmen seiner Dashcam – die während der Fahrt dauerhaft gefilmt hatte – beweisen, dass sein Unfallgegner die Schuld trug. Die Gegenseite verwies auf den Datenschutz und die Unrechtmäßigkeit der Aufnahme. Der BGH entschied schließlich, dass hier das Beweisinteresse des Dashcam-Besitzers schwerer wiege als das Datenschutzinteresse des Unfallgegners.

Zum Zeitpunkt des BGH-Urteils galt jedoch die DSGVO in Deutschland noch nicht. Ihr Inkrafttreten hat die Rechtslage wieder geändert – der Meinung war zumindest 2020 das Landgericht Mühlhausen, das ebenfalls einen Streit unter Verkehrsteilnehmern zu verhandeln hatte. Es ließ die Aufnahmen einer Dashcam, die unter ähnlichen Umständen entstanden waren wie in dem vor dem BGH verhandelten Fall, nicht als Beweismittel zu (AZ 6 O 486/18) – mit dem Verweis auf das nun strengere Datenschutzgesetz.

Von einer eindeutigen Rechtslage, was die Verwertbarkeit von Dashcam-Aufnahmen vor Gericht angeht, kann man in Deutschland also weiterhin nicht sprechen.

Mann fotografiert den Blechschaden nach dem Zusammenstoß von zwei Autos.
© istock.com/sefa ozel

Wie lange darf eine Dashcam aufnehmen?

Viele Autofahrer fragen sich: Wenn die Dashcam nicht dauerhaft und nicht ohne konkreten Zweck filmen darf – wann und für wie lange darf man sie dann einschalten? Zur erlaubten Länge von Dashcam-Aufnahmen gibt es keine konkreten Vorgaben. Unproblematisch ist es aber in der Regel, die Kamera für kurze Zeit aktiv einzuschalten, um zum Beispiel Landschaftsaufnahmen zu machen.

Eine Lösung, um sich auch beim Filmen auf stark befahrenen Straßen gesetzeskonform zu verhalten, können bestimmte technische Ausstattungsmerkmale der Dashcam bieten. Fahrer sollten darauf achten, die Loop-Funktion zu verwenden, mit der die Aufnahmen in regelmäßigen Abständen automatisch überschrieben werden. Zudem kann ein entsprechend eingestellter G-Sensor (Beschleunigungssensor) dafür sorgen, dass sich die Dashcam nur in bestimmten Situationen einschaltet, etwa bei starkem Abbremsen.

Darf man Dashcam-Aufnahmen veröffentlichen?

Über die das dauerhafte Filmen hinaus gibt es ganz klare Grenzen, die Dashcam-Besitzer beachten müssen. So dürfen sie zum Beispiel keine Aufnahmen veröffentlichen, auf denen fremde Personen oder Fahrzeuge eindeutig zu erkennen sind. Wer dies ohne Zustimmung der Abgebildeten tut, verstößt gegen deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Die Anforderungen, um Dashcam-Videos legal veröffentlichen zu dürfen, sind hoch. Gesichter, Kfz-Kennzeichen, Ortsschilder, markante Wegpunkte und ähnliche Dinge, die eine Identifikation der Gefilmten ermöglichen könnten, müssen unkenntlich gemacht werden – sofern die Betroffenen der Aufnahme und Veröffentlichung nicht zugestimmt haben. Auch steht hier wieder die Frage im Raum, ob überhaupt ein berechtigtes Interesse gegeben war, die Aufnahmen anzufertigen. Wer solche Veröffentlichungen plant, sollte sich zur Sicherheit vorher juristisch beraten lassen.

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