8. April 2015, 10:13 Uhr
Interview „Was muss ich bei einem Gerichtsverfahren beachten?“
Im Briefkasten liegt eine Ladung zu einem Gerichtsverfahren. Viele verunsichert ein solches Schreiben, weil die Situation vor Gericht für sie ungewohnt ist. Worauf muss ich achten? Was sollte ich anziehen? Fragen wie diese geistern durch den Kopf. Im Interview beantwortet Anwalt Dr. Gerwin Sonntag von der Kanzlei Bernzen und Sonntag die wichtigsten Fragen und gibt Tipps, wie man sich am besten auf den Termin vorbereitet.
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Streitlotse: Aus welchen Gründen muss man überhaupt bei einer Gerichtsverhandlung erscheinen?
Gerwin Sonntag: Dafür kann es zwei Gründe geben: Entweder richtet sich ein Gerichtsverfahren gegen die eigene Person, man wird also von der Staatsanwaltschaft angeklagt oder eine andere Zivilperson geht gerichtlich gegen Sie vor. In diesem Fall empfehle ich dringend, dass Sie eine Anwältin oder einen Anwalt als Rechtsbeistand verpflichten. Außerdem kann es sein, dass ein Gericht Sie als Zeuge vernehmen möchte. Vermutlich weil Sie etwas wissen, das der Wahrheitsfindung dienen könnte.
Streitlotse: Wieso ist es so wichtig mit einem Rechtsanwalt zusammenzuarbeiten?
Gerwin Sonntag: Auch wenn ein Sachverhalt simpel scheinen mag: Viele Gesetze und die Verfahrensregeln vor Gericht sind hochkomplex. Deshalb sollten sich Laien in einem Rechtsstreit immer an einen Rechtsanwalt wenden. Werden besonders schwere Verbrechen vor Gericht verhandelt, muss sich ein Angeklagter laut Gesetz sogar von einem Rechtsbeistand beraten lassen (§140 StPO). Wer sich das nicht leisten kann, bekommt kostenfrei einen Pflichtverteidiger vom Staat gestellt. Anwälte beraten ihre Klienten und erarbeiten eine Verteidigungsstrategie mit ihnen. Und sie helfen dabei zu entscheiden, wie die Fragen der Richterin oder des Richters am besten zu beantworten sind.
Streitlotse: Gibt es vor Gericht einen Dresscode?
Gerwin Sonntag: Rein rechtlich gesehen gibt es keine Vorgaben. Ob als Zeuge oder Angeklagter vor Gericht gilt jedoch: Sie sollten immer freundlich und sachlich auftreten. Dazu gehört auch ein gepflegtes Erscheinungsbild. Also im Idealfall keine Käppi oder zerrissene Jeans tragen, sondern eher in normaler, aber gepflegter Alltagskleidung erscheinen. Im schlimmsten Fall kann der Richter Sie wegen Missachtung des Gerichts aus dem Saal verweisen.
Streitlotse: Muss man die Fragen des Gerichts denn immer beantworten?
Gerwin Sonntag: Angeklagte können die Aussage vor Gericht verweigern. Es kann aber sehr sinnvoll sein, die Fragen des Gerichts zu beantworten. Richterinnen und Richter mögen es, wenn die Angeklagten ihre Vergehen zugeben und belohnen Ehrlichkeit, wenn das Strafmaß festgelegt wird. Aber auch hier gilt: Ein Anwalt weiß am besten, wann Sie die Aussage verweigern sollten und wann es sinnvoll ist, einen Fehler einzugestehen. Außerdem haben auch Zeugen das Recht, die Aussage zu verweigern, falls sie damit sich selbst oder nahe Verwandte belasten würden.
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