Elternunterhalt und Selbstbehalt: Wichtige Infos © iStock.com/FredFroese

5. Februar 2025, 15:23 Uhr

Darf ich eigentlich? Eltern­un­ter­halt: Das gilt für Berech­nung und Selbstbehalt

Im Alter kann es sein, dass Eltern auf die Hilfe ihrer erwachsenen Kinder angewiesen sind – auch finanziell. Kinder sind prinzipiell zum sogenannten Elternunterhalt verpflichtet. Doch dabei gibt es Einschränkungen und Ausnahmen. Wer überhaupt Elternunterhalt leisten muss und was es mit Schonvermögen und Selbstbehalt auf sich hat, erfährst du hier.

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Was ist Elternunterhalt?

Können Eltern im Alter ihren Lebensunterhalt oder die Pflege nicht aus eigenem Vermögen oder Einkommen bestreiten, sind prinzipiell die erwachsenen Kinder in der Pflicht. Sie unterliegen per Gesetz einer grundsätzlichen Unterhaltspflicht und müssen gemäß §§ 1601 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für den Unterhalt der Eltern sorgen.

Das betrifft zum Beispiel den Unterhalt für Eltern im Pflegeheim. Dabei fallen monatliche Ausgaben für Pflege, Kost und Logis an, die sich aus den Leistungen der Pflegeversicherung und der Rente allein oft nicht decken lassen.

Zwar sind Kinder dann grundsätzlich zum Elternunterhalt verpflichtet, aber nicht in jedem Fall. Ob sie wirklich zahlen müssen, hängt gemäß § 1603 BGB davon ab, ob sie „leistungsfähig“ sind, also ob auch nach Zahlung des Unterhalts noch genügend Geld für den eigenen Lebensunterhalt bleibt.

Wer muss Eltern­un­ter­halt zahlen?

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Seit Januar 2020 gilt das Angehörigen-Entlastungsgesetz (AEntlG). Es bestimmt: Nur bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von mindestens 100.000 Euro muss Elternunterhalt gezahlt werden. Liegt das Einkommen des Kindes darunter, kann das Sozialamt Leistungen für Hilfe zur Pflege nicht von ihm zurückfordern. Für die Grundsicherung im Alter gilt das bereits länger.

Wichtig zu wissen: Die Unterhaltspflicht besteht ausschließlich gegenüber den eigenen Eltern. Schwiegerkinder sind nicht zu Unterhaltszahlungen für ihre Schwiegereltern verpflichtet, wie der BGH 2004 konkretisiert hat (AZ XII ZR 69/01). Das gilt also auch, wenn zum Beispiel der Schwiegersohn mehr als 100.000 Euro im Jahr verdient. Auch können keine anderen Verwandten wie Cousinen, Tanten oder die Enkelkinder zu Unterhaltszahlungen verpflichtet werden.

Übrigens: Sofern die gesetzliche Pflicht zum Elternunterhalt besteht, dürfen Eltern auch dann nicht auf die Zahlungen verzichten, wenn sie ihre Kinder nicht finanziell belasten wollen.

Wie viel an Eltern­un­ter­halt wird fällig

Vermutet das Sozialamt, dass bei dir mehr als 100.000 Euro an Jahreseinkünften zusammenkommen, fordert es dich dazu auf, über deine Einnahmen Auskunft zu geben.

Maßgeblich für die Höhe des Elternunterhalts ist das sogenannte bereinigte Nettoeinkommen: Das ist das Jahresbruttoeinkommen nach Abzug aller relevanten Steuer-, Sozial- und Sonderabgaben.

  • Dazu müssen Ange­stell­te ihren Lohn oder ihr Gehalt der ver­gan­ge­nen zwölf Monate vor Eintritt der Eltern­un­ter­halts­pflicht zusammenzählen.
  • Selbst­stän­di­ge müssen ihr durch­schnitt­li­ches Net­to­ein­kom­men der ver­gan­ge­nen drei bis fünf Jahre ermitteln.
  • Zusätz­lich sind gege­be­nen­falls weitere Einkünfte, etwa aus Mieten oder Kapital, zu berück­sich­ti­gen und auch Steu­er­rück­zah­lun­gen einzubeziehen.

Vom so ermittelten Nettoeinkommen darfst du diverse unvermeidliche und notwendige finanzielle Verpflichtungen und Aufwendungen abziehen. Dazu gehören zum Beispiel Kosten für:

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Eltern­un­ter­halt: Was bedeuten Schon­ver­mö­gen und Selbstbehalt?

Vom Einkommen der zahlungspflichtigen Kinder ist ein gewisser Freibetrag „geschützt“: der sogenannte Selbstbehalt. Dieser war bis 2020 in der sogenannten Düsseldorfer Tabelle geregelt:

  • Wenn du deinen Eltern gegenüber unter­halts­pflich­tig bist, hast du Anspruch auf min­des­tens 2.000 Euro Selbst­be­halt monatlich, inklusive 700 Euro für die Warmmiete.
  • Bist du ver­hei­ra­tet, kommen 1.600 Euro durch deinen Ehe­part­ner zum Selbst­be­halt hinzu.
  • Der Selbst­be­halt für Familien mit eigenen Kindern beläuft sich übrigens auf dieselbe Summe von 3.600 Euro monatlich.

In der aktuellen Version der Düsseldorfer Tabelle von 2025 ist jedoch lediglich vermerkt, dass dem Unterhaltspflichtigen der angemessene Eigenbedarf zu belassen sei.

Von dem Betrag, der nach der Bereinigung des Nettoeinkommens und dem Abzug des Selbstbehalts übrigbleibt, müssen Kinder monatlich die Hälfte als Elternunterhalt zahlen.

Info

Selbst­be­halt bei 100.000 Euro Brut­to­ein­kom­men: Urteil des BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat 2024 deutlich gemacht, dass der Selbstbehalt nicht pauschal aus der jährlichen Bruttoeinkommensgrenze von 100.000 Euro gemäß Angehörigen-Entlastungsgesetz hergeleitet werden dürfe, weil es sich dabei um einen rechtsfremden Ansatz handele (AZ XII ZB 6/24).

Im konkreten Fall hatte sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bei der Bestimmung des Selbstbehalts eines Unterhaltspflichtigen fälschlicherweise an diesen 100.000 Euro nach § 94 Abs. 1a Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) orientiert. Daraus hatte das Gericht pauschal einen fiktiven Mindestselbstbehalt von 5.000 Euro für Alleinstehende und 9.000 Euro für Verheiratete abgeleitet.

Aus dem jährlichen Bruttogehalt des Sohnes von 133.000 Euro errechnete das Gericht nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben ein monatliches Nettoeinkommen von rund 5.450 bis 6.200 Euro. Durch den zuvor pauschal auf 5.000 Euro festgelegten Selbstbehalt erklärte ihn das OLG für nicht leistungsfähig. Der BGH hat diese Entscheidung im Herbst 2024 aufgehoben.

Schonvermögen bedeutet: Für Elternunterhalt kann gemäß § 90 SGB XII anderweitiges Vermögen nur insoweit für Unterhaltszahlungen herangezogen werden, als Verpflichtete nicht unangemessen benachteiligt werden. Deshalb ist unter anderem ein gewisser Teil des Bruttoeinkommens vor dem Elternunterhalt geschützt. Das gilt beispielsweise für:

  • Mittel für die eigene Alters­vor­sor­ge – dafür müssen fünf Prozent des Brut­to­ge­halts übrigbleiben,
  • Ver­si­che­rungs­bei­trä­ge und
  • Bar­ver­mö­gen. Allein­ste­hen­den wird ein Betrag von 5.000 Euro, Ehe- oder Lebens­part­nern ein Betrag von 10.000 Euro zugestanden.

Auch darf der Wert der selbst bewohnten Immobilie zahlungspflichtiger Kindergemäß einem Urteil des BGH nicht angerechnet werden (AZ XII ZB 269/12). Allenfalls kann dafür ein sogenannter Wohnortvorteil mit in die Berechnung einfließen.

Das Schonvermögen, das nicht für den Elternunterhalt angetastet werden darf, wird individuell berechnet. Bei Streitigkeiten um den Elternunterhalt solltest du dir rechtlichen Beistand holen.

Wie wird der Eltern­un­ter­halt bei mehreren Kindern geregelt?

Hat ein bedürftiger Vater oder eine bedürftige Mutter mehrere Kinder, dann sind nur jene unterhaltspflichtig, deren persönliches Jahresbruttoeinkommen 100.000 Euro oder mehr beträgt. Es kann also sein, dass ein Kind Elternunterhalt zahlen muss und seine Geschwister nicht. 

Verdienen mehrere Kinder oberhalb der Einkommensgrenze für Elternunterhalt, heißt das allerdings nicht, dass alle gleich viel an Unterhaltszahlungen leisten müssen. Hier wird je nach Einkommen für jedes Kind ein entsprechend zu zahlender Betrag berechnet.

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Lässt sich die Pflicht zu Eltern­un­ter­halt vermeiden?

Unter gewissen Voraussetzungen brauchen eigentlich zahlungspflichtige Kinder keinen oder zumindest nicht den vollen Elternunterhalt zu leisten. Und zwar dann, wenn die Zahlung nach § 1611 BGB als unbillig oder grob unbillig, also als unangemessen und ungerecht anzusehen ist.

Unbillig ist es, wenn Mutter oder Vater ihre Bedürftigkeit selbst verschuldet oder ihre Unterhaltspflicht gegenüber den eigenen Kindern vernachlässigt haben. Grob unbillig sind Bedrohungen, schwere Beleidigungen sowie Gewalt gegenüber den Kindern.

Zwei wichtige Urteile hierzu:

  • Die Ver­pflich­tung zum Eltern­un­ter­halt entfällt nicht auto­ma­tisch, wenn der Kontakt zwischen Kindern und Eltern seit langer Zeit abge­bro­chen war. Ent­spre­chend urteilte der BGH im Jahr 2014 (AZ XII ZB 607/12).
  • Eine Ver­wir­kung des Eltern­un­ter­halts ist auch möglich, wenn sich z. B. ein Vater nach der Scheidung um die Unter­halts­zah­lun­gen für sein min­der­jäh­ri­ges Kind gedrückt hat, wie das OLG Oldenburg 2017 ent­schie­den hat (AZ 4 UF 166/15).

FAQ

  • Was ist Elternunterhalt?

Elternunterhalt ist die finanzielle Unterstützung, die erwachsene Kinder ihren bedürftigen Eltern zukommen lassen müssen, wenn diese nicht in der Lage sind, ihren Lebensunterhalt selbst zu bestreiten.

  • Wann habe ich Anspruch auf Elternunterhalt?

Du hast Anspruch auf Elternunterhalt, wenn du als Elternteil bedürftig bist und deine erwachsenen Kinder gemäß ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zur Unterstützung verpflichtet sind.

  • Ist das Vermögen des Ehe­part­ners bei Eltern­un­ter­halt relevant?

Nein, das Vermögen des Ehepartners ist nicht direkt relevant für den Elternunterhalt. Es zählt nur das Einkommen des Unterhaltspflichtigen.

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