28. Oktober 2015, 14:56 Uhr
Geladen, geteilt, gerügt Illegale Downloads – Wenn dem Filmspaß die Abmahnung folgt
Die Wohnung von Stefan Barcik* ist modern eingerichtet – eine typische Junggesellen-Wohnung: Helle Wände, dunkle Möbel, indirektes Licht, teure Lautsprechersysteme und ein Fernseher, der die halbe Wohnzimmerwand einnimmt. Für den Wert des Bildschirms fahren andere Leute in den Urlaub. Mehrfach sogar. Doch zusätzlich Geld ausgeben für Filmspaß? Das kommt für den 38-jährigen Inhaber eines Start-Ups nur in Maßen in Frage. „Ich habe Netflix und Amazon Prime Accounts. Aktuelle Serien bekomme ich da trotzdem selten.“ Also lädt er die neuesten Folgen seiner US-Lieblingsserien von Hosting-Plattformen wie serienjunkies.org aus dem Internet. Das rächt sich schnell: Im Sommer 2014 bekommt der 38-Jährige eine Abmahnung. Wegen einer Urheberrechtsverletzung.
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Illegale Downloads? Illegale Uploads!
Im Streit um verletzte Urheberrechte sind illegale Downloads weniger das Problem. Aber wer sich große Datenmengen aus Internet-Tauschbörsen zieht, der teilt sie automatisch mit anderen Nutzern. So wird der User gleichzeitig zum Uploader. Das ist vielen beim Serien-Download nicht bewusst. Die illegal bereitgestellten Datenmengen verbreiten sich wie das sprichwörtliche Lauffeuer.
Ein Schreiben mit Folgen
Auf Anfrage von Musik- und Filmanbietern geben Internetprovider oft Nutzerdaten weiter. Mit Folgen: In Deutschland gibt es seit einigen Jahren eine wahre Abmahnwelle; viele Anwaltskanzleien spezialisieren sich schon auf Abmahnungen wegen illegaler Downloads und Abmahnungen. Wie die Münchner Kanzlei Waldorf Frommer. Deren Website verrät: „Wir beraten und vertreten Rechteinhaber und Kreative in allen Fragen des Urheber- und Medienrechts, Kennzeichen- und Persönlichkeitsrechts.“ Laut der Hochrechnung einer Interessengemeinschaft gegen den Abmahnwahn hat allein die Kanzlei Waldorf Frommer im Jahr 2014 über 35.800 Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen und Filesharing verschickt.
Auch Filmliebhaber Stefan Barcik bekam Post von der Münchner Kanzlei. „Als ich den Brief öffnete, wusste ich, was kommt. Weil es nur eine Sache auf diesem Planeten gibt, die ich wissentlich nicht ganz legal gemacht habe,“ sagt der junge Geschäftsführer kopfschüttelnd. Abgemahnt wurde er wegen eines einzigen Films. Anhand des Zeitstempels und der Datenmenge, die in dem Abmahnschreiben vermerkt war, konnte Barcik die Datei zuordnen. Ironie des Schicksals: „Ich habe den Film nicht einmal für mich geladen, sondern für einen Arbeitskollegen.“ Doppelt ärgerlich. Die Anwaltskanzlei forderte knapp 1.000 Euro – für einen einzigen Film.
Gegen Illegale Downloads vorgehen
Bei einer Abmahnung wegen Filesharing soll der Betroffene eine Unterlassungserklärung unterschreiben. Damit verpflichtet er sich, die Filme oder Musikdateien nicht mehr illegal zu verbreiten. Gleichzeitig bedeutet das uneingeschränkte Unterschreiben aber auch ein Schuldeingeständnis – der Betroffene unterzeichnet damit die Übernahme der Anwaltskosten und die Zahlung eines pauschalisierten Schadensersatzes. Für den Abgemahnten kommen so in der Regel hohe dreistellige oder sogar vierstellige Summen zusammen. Wie bei Stefan Barcik: Die Kanzlei verlangte eine Abmahnsumme von 996 Euro. „Ich habe einen rechtlichen Fehler begangen und das muss geahndet werden. Sehe ich ein. Aber nicht zu einem so hochgepushten Streitwert!“ Barcik wirkt aufgebracht.
Viele Betroffene unterschreiben den Brief des Anwalts sofort. Anwalt Bernd Borchardt von der Kanzlei Dr. Herzog und Kollegen warnt aber davor, in Panik zu geraten und die Unterlassungserklärung sofort zu unterschreiben. „Filesharing und illegale Downloads sind keine Bagatellen. Doch die Forderungen sind meist unbegründet oder zu weitrechend. Im Falle einer Abmahnung soll die Unterlassungserklärung oft für sämtliche Titel der Film- oder Musikfirma abgegeben werden“, erklärt Borchardt. „Angemessen ist allerdings, nur für die konkret genannte Datei zu unterschreiben!“ Das schreit nach Abzocke. Die Abmahnung zu ignorieren ist aber keine Option. „Reagieren sollten Betroffene aber auf jeden Fall. Sonst riskieren sie eine einstweilige Verfügung und zusätzliche Kosten“, erklärt Borchardt.
Stefan Barcik hat sich beraten lassen und über seine Rechtsschutzversicherung mit einem Anwalt eine modifizierte Unterlassungserklärung verfasst: Er hat unterschrieben, das Teilen zukünftig zu unterlassen, aber keine Schuld gestanden. Mit den Anwaltskosten und einem Pauschalbetrag an Waldorf Frommer lag Barcik immer noch weit unter dem geforderten Schadensersatz – er musste nur knapp 300 Euro zahlen. Ein Teilerfolg.
Illegale Downloads schaden der Film- und Musikindustrie
Man sollte meinen, illegale Downloads müssen nicht sein. Denn selbst, wer die Lieblingsserie original vertont schauen möchte, kann das über eine Mitgliedschaft bei Netflix oder Amazon Prime. Dennoch: 2014 waren es Erfolgsserien wie „Breaking Bad“ und „Game of Thrones“, die am häufigsten illegal herunter geladen und im Netz geteilt wurden – und denen ein immenser wirtschaftlicher Schaden widerfuhr. Allein die Erfolgsserie „Breaking Bad“ verzeichnet eine Einbuße von über vier Milliarden US-Dollar.
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Stefan Barcik lädt übrigens immer noch Filme und Serien aus dem Internet herunter. Allerdings über bezahlpflichtige Filehoster – gute Serien, aber auch illegale. Downloads, die über zahlpflichtige Filehoster bereit gestellt werden, sind in der Theorie eine Grauzone. „Ich lade schließlich immer noch urheberrechtlich geschütztes Material herunter.“ Von Einsicht keine Spur.
*Name von der Redaktion geändert
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