1. Mai 2016, 8:59 Uhr
Interview mit Dr. Eva Wlodarek Alltagsärger: Die besten Tipps der Expertin
Dr. Eva Wlodarek im Interview: So stoppen Sie den Alltagsärger
Die Deutschen sind im Alltag genervt, 65 Prozent sogar bis zu drei Mal die Woche. Doch warum ärgert sich der Einzelne so schnell? Und wie kann man verhindern, dass daraus ein übler Streit mit weitreichenden Folgen wird? Expertin Dr. Eva Wlodarek, Diplom-Psychologin, Autorin und Referentin beantwortet die wichtigsten Fragen zum Alltagsärger und gibt Tipps für mehr Gelassenheit im Alltag.
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Streitlotse: Unsere Studie zum Alltagsärger zeigt: Beim Thema Wartezeit und Unfreundlichkeit ist der Alltagsärger anscheinend vorprogrammiert. Was ärgert uns daran so sehr?
Dr. Eva Wlodarek: Wartezeiten nerven uns, weil wir durch die Medien gewohnt sind, dass alles schnell geht. Schließlich empfangen wir Nachrichten und Bestellungen jederzeit „per Express“. So entsteht das Gefühl, darauf ein Anrecht zu haben. Unfreundlichkeit dagegen ist eine persönliche Kränkung. Wir ärgern uns, weil man uns respektlos behandelt.
Streitlotse: Wir regen uns anscheinend im Alltag viel öfter über andere Verkehrsteilnehmer, Sachbearbeiter und Servicepersonal auf, als über den Partner und die Kollegen. Warum ärgern wir uns über vermeintlich Fremde häufiger als über Freunde und Familie?
Dr. Eva Wlodarek: Menschen, die uns nahestehen, haben einen Sympathie-Bonus. Wir gehen davon aus, dass sie es gut mit uns meinen. Deshalb interpretieren wir bei ihnen ein Verhalten, das uns eigentlich ärgern müsste, als Versehen oder Missverständnis. Überhaupt sind wir gelassener, wenn wir jemanden mögen. Dem netten Nachbarn verzeihen wir die laute Party eher als dem, der uns nie grüßt. Fremden und Personen, die wir nicht schätzen, unterstellen wir unbewusst eine negative Absicht oder Ignoranz und sind deshalb weniger tolerant.
Streitlotse: Vom nervigen Rumsitzen beim Arzt über die endlos lange Parkplatzsuche bis hin zur Unordnung des Partners: Jeder Tag eröffnet anscheinend Millionen Möglichkeiten, sich zu ärgern. Können wir uns vor Alltagsärger schützen?
Dr. Eva Wlodarek: Dass uns ärgerliche Situationen und Begegnungen passieren, lässt sich kaum ändern, schließlich leben wir nicht auf einer einsamen Insel. Einfluss haben wir aber auf unsere innere Einstellung. Schon der antike Philosoph Epiktet wusste zu Recht: Nicht wie die Dinge sind, ist entscheidend, sondern wie wir sie sehen. Wir müssen deshalb bei uns selbst ansetzen und Gelassenheit trainieren.
Streitlotse: Was macht der Alltagsärger mit uns?
Dr. Eva Wlodarek: Anhaltender Ärger schadet Körper und Seele. Er kann zu Kopf-, Rücken- oder Magenschmerzen führen, ebenso wie zu erhöhtem Blutdruck, Herzbeschwerden und Schlafstörungen. Psychisch verursacht er Bitterkeit und Resignation bis hin zur depressiven Verstimmung. Zu viel Ärger macht außerdem offen für Streit. Denn wer sich aufregt, will seinem Ärger Luft machen. Dabei fallen dann oft spontan Worte, die die Situation eskalieren lassen und die man später vielleicht bereut. Von daher ist es wichtig, bewusst Gegenstrategien anzuwenden.
Streitlotse: Tief durchatmen nennen 57 Prozent als Strategie, um wieder runter zu kommen. Wie lauten Ihre persönlichen Tipps?
Dr. Eva Wlodarek: Tief durchatmen hilft sehr gut bei spontanem Ärger. Bei tiefergehendem und anhaltendem Ärger sind gründlichere Strategien gefragt: Beruhigende Selbstgespräche führen („In einem Jahr spielt das keine Rolle mehr“). Sich bei Vertrauten aussprechen. Sich immer wieder ablenken, wenn die quälenden Gedanken kommen, z.B. mit einem spannenden Krimi. Viel Bewegung, am besten Sport, um den Stress auch körperlich abzubauen. Last but not least ist es auch sinnvoll, rational Lösungen zu finden, wie man das Ärgernis abstellen kann.
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