Lärm im Büro: Wann der Arbeitgeber einschreiten muss ©istock.com/shironosov

7. Oktober 2019, 8:22 Uhr

Durchatmen Lärm im Büro: Wann der Arbeit­ge­ber ein­schrei­ten muss

Beim Thema Lärm im Büro sind Dezibel-Werte eher zweitrangig: Auch eine leise, aber permanente Geräuschkulisse kann Stress verursachen. Auf welche Rechte du als Arbeitnehmer pochen kannst, liest du hier.

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Bei Lärm im Büro zählen nicht nur Dezibel-Werte

Für Arbeitsplätze, an denen es so laut ist, dass Mitarbeitern Gehörschäden drohen, sind abhängig vom erreichten Wert in Dezibel (dB(A)) bestimmte Schutzmaßnahmen vorgeschrieben. Dies regelt die Lärm- und Vibrationsschutz-Arbeitsschutzverordnung (LärmVibrationsArbSchV).

  • Ab durch­schnitt­lich 85 dB(A) am Arbeits­platz sind laut der Ver­ord­nung unter anderem Gehör­schutz und Vor­sor­ge­un­ter­su­chun­gen zwingend vor­ge­schrie­ben. Dafür muss der Arbeit­ge­ber sorgen.
  • Ab durch­schnitt­lich 80 dB(A) muss der Arbeit­ge­ber diese Maßnahmen zumindest anbieten.

Solche Dezibel-Werte werden typischerweise in der Industrie erreicht und an Arbeitsplätzen, wo laute Maschinen zum Einsatz kommen. In Büros allerdings normalerweise nicht. Dort zählt das subjektive Belastungsgefühl oft mehr als reine Dezibel-Werte.

Denn: Allein die Geräuschkulisse, die durch telefonierende Kollegen, surrende Drucker und das vielfache Tippen auf Tastaturen entsteht, kann sehr belastend sein, auch wenn dadurch kein Hörschaden droht. Dieser "leise Lärm" erzeugt Stress, kann zu psychischen und körperlichen Belastungen führen und die Arbeitsqualität beeinträchtigen.

 

Auch im Büro ist Lärm­schutz gefordert

Das erkennt auch die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) ausdrücklich an und fordert bei Bedarf entsprechende Maßnahmen von Arbeitgebern. In den "Technischen Regeln für Arbeitsstätten" zum Thema Lärm (ASR A3.7), einem Anhang zur Arbeitsstättenverordnung, heißt es sinngemäß: Lärm und störende Geräusche müssen an jedem Arbeitsplatz so weit wie möglich reduziert werden – insbesondere dürfen dadurch keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstehen.

Seit 2018 sieht die ASR A3.7 auch konkrete Dezibel-Grenzwerte für Büro-Arbeitsplätze vor. Der Gesetzgeber berücksichtigt dabei die Richtlinie 2569 des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI), "Schallschutz und akustische Gestaltung im Büro". Eine wichtige Größe ist laut dieser Richtlinie die Sprachverständlichkeit, die bei Tätigkeiten im Büro gegeben sein muss.

  • So dürfen zum Beispiel 55 dB(A) nicht über­schrit­ten werden bei Tätig­kei­ten, die hohe Kon­zen­tra­ti­on und Sprach­ver­ständ­lich­keit erfordern – zum Beispiel bei wis­sen­schaft­li­chen und kreativen Arbeiten, der Software-Ent­wick­lung oder Tätig­kei­ten, bei denen exaktes sprach­li­ches For­mu­lie­ren wichtig ist.
  • 70 dB(A) dürfen höchstens erreicht werden bei rou­ti­ne­mä­ßi­gen Büro­tä­tig­kei­ten, der Daten­er­fas­sung und Sach­be­ar­bei­tung und anderen Tätig­kei­ten, die laut ASR A 3.7 eine mittlere Kon­zen­tra­ti­on und Sprach­ver­ständ­lich­keit voraussetzen.

Daneben enthält die ASR A3.7 eine Reihe von weiteren Regelungen, die die Geräuschbelastung in bestimmten Fällen noch weiter verringern sollen.

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Gesamt­kon­zept für Lärm­schutz in Büro erforderlich

Unternehmen sind gehalten, dem Lärm an Büro-Arbeitsplätzen so weit wie möglich vorzubeugen. Denn Stress entsteht häufig schon bei einer Geräuschbelastung, die unter den gesetzlich definierten Werten liegt. Hinzu kommt, dass einige Fachleute sogar noch geringere Dezibel-Grenzwerte für Bürotätigkeiten empfehlen als in der ASR A3.7 definiert.

Die gesetzlich vorgeschriebene Gefährdungsbeurteilung für den Arbeitsplatz kann Anhaltspunkte dafür liefern, ob psychische Belastungen durch eine andauernde Geräuschkulisse drohen.

Konkret kann der Arbeitgeber außerdem Folgendes tun:

  • Abfragen, wodurch sich die Mit­ar­bei­ter konkret belastet fühlen: Die wenigsten werden einen Dezibel-Messer auf ihrem Schreib­tisch stehen haben – aber mög­li­cher­wei­se werden viele berichten, dass bei­spiels­wei­se Kollege X aus­ge­dehnt und häufig tele­fo­niert oder Kollegin Y besonders schwung­voll in die Tastatur haut, und dass ihre Kon­zen­tra­ti­on darunter leidet.
  • Der Arbeit­ge­ber sollte daher ein Lärm­schutz-Gesamt­kon­zept für das Groß­raum­bü­ro ent­wi­ckeln, das sich weniger an Dezibel-Zahlen festmacht als vielmehr die indi­vi­du­el­len Gege­ben­hei­ten und Ansprüche berücksichtigt.
    Oft hilft es schon, Drucker in einen separaten Raum zu stellen, geräusch­ar­me Tas­ta­tu­ren zu verwenden und klare Regeln zu eta­blie­ren, wonach sämtliche Bespre­chun­gen in eigens dafür vor­ge­se­he­nen Räumen statt­fin­den müssen – und nicht am Arbeits­platz direkt neben dem genervten Kollegen.

 

Laute Kollegen am Arbeits­platz: Was kann ich tun?Mehr Informationen zum Thema Arbeitsrechtsschutz

Klar ist: Absolute Stille wird in einem Großraumbüro nie herrschen. Sind Kollegen aber so laut, dass du die Geräusche nicht mehr ausblenden und dich nicht auf deine Arbeit konzentrieren kannst, dann solltest du handeln.

Wie in vielen Konfliktsituationen ist auch hier Kommunikation ein guter erster Schritt: Suche das Gespräch mit Kollegen oder dem Vorgesetzten. Am besten nennst du gleich konkrete Beispiele dafür, wann und in welcher Situation du dich durch Lärm der Kollegen gestört gefühlt hast. Sich hingegen einzuigeln und zum Beispiel ohne Erklärung mit Gehörschutz am Schreibtisch zu sitzen, wirkt passiv-aggressiv und löst das Problem nicht.

Mehr Tipps zum richtigen Vorgehen bei Konflikten im Büro bekommst du hier. >>

Sobald der Arbeitgeber Bescheid weiß, muss er Mittel und Wege suchen, um die Geräuschbelästigung abzustellen. Das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) und die Arbeitsstättenverordnung räumen Arbeitnehmern hier weitreichende Rechte und Ansprüche ein. Zum Beispiel:

  • Ergonomie am Arbeits­platz: Das heißt nicht nur, dass der Schreib­tisch­stuhl den Rücken entlasten soll, sondern beinhal­tet auch das Mini­mie­ren lästiger Geräusche.
  • Auch die maximale Büro­flä­che pro Mit­ar­bei­ter muss beachtet werden.
  • Gemäß § 11 ArbSchG hast du außerdem auf Wunsch Anspruch auf eine arbeits­me­di­zi­ni­sche Unter­su­chung, wenn du dich durch den Lärm im Büro stark belastet und gesund­heit­lich beein­träch­tigt fühlst.
FAZIT
  • Lärm im Büro wirkt sich selten gehör­schä­di­gend aus, eine dau­er­haf­te Geräusch­ku­lis­se kann aber zu Stress führen.
  • Arbeit­neh­mer haben Anspruch darauf, dass die Geräusch­be­läs­ti­gung so weit wie möglich reduziert wird.
  • Der Arbeit­ge­ber sollte proaktiv handeln und ein Lärm­schutz­kon­zept ent­wi­ckeln, um Unmut unter den Mit­ar­bei­tern zu vermeiden.
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