16. Februar 2022, 9:00 Uhr
Fake oder Fakt? Weniger Urlaubsanspruch bei langer Krankheit: Stimmt das?
Ein Unfall oder eine Erkrankung können dich als Arbeitnehmer monatelang aus der Bahn werfen. Doch was passiert bei langer Krankheit mit deinem Urlaubsanspruch? Gehen Urlaubstage verloren? Unter bestimmten Umständen schon. Hier liest du alles zu den wichtigsten Regelungen und deinen Rechten als Arbeitnehmer.
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Kann der Urlaub nach längerer Krankheit gekürzt werden?
Der Urlaubsanspruch im Krankheitsfall ist im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Danach gilt zum Beispiel: Wirst du während deines Urlaubs krankgeschrieben, werden die betroffenen Urlaubstage nicht auf deinen Jahresurlaub angerechnet (§ 9 BUrlG).
Auch bei längerer Krankheit kann der Urlaub nicht einfach gekürzt oder gestrichen werden. Denn gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) entstehen dir Urlaubsansprüche, solange dein Arbeitsverhältnis besteht. Bist du arbeitsunfähig krank geschrieben, kannst du sozusagen nichts dafür.
Für den Urlaubsanspruch nach längerer Krankheit gelten prinzipiell dieselben Regeln wie für den normalen Jahresurlaub. Urlaubstage aus dem laufenden Jahr müssen also gemäß § 7 Absatz 3 BUrlG normalerweise bis zum 31. Dezember in Anspruch genommen werden. Ausnahmeregelungen sind mit Zustimmung des Arbeitgebers zum Beispiel aber möglich, wenn der Arbeitnehmer nach einer längeren Erkrankung erst gegen Jahresende wieder an den Arbeitsplatz zurückkehrt und der verbleibende Urlaubsanspruch höher ist, als noch Kalendertage im laufenden Jahr zur Verfügung stehen. Nimmst du diesen Resturlaub mit in das neue Kalenderjahr, muss er gemäß § 7 Absatz 3 BUrlG bis zum 31. März wahrgenommen werden, ansonsten kann dein Anspruch auf die Urlaubstage verfallen.
Wenn du nach langer Krankheit wieder gesund bist und an deinen Arbeitsplatz zurückkehrst, solltest du dich schnellstmöglich mit deinem Arbeitgeber darüber einigen, wann du die aufgelaufenen Urlaubstage nehmen kann. Denn der Urlaubsanspruch kann nach längerer Krankheit sehr umfangreich sein.
Habe ich Anspruch auf Urlaub, wenn ich das ganze Jahr krank war?
Auch wenn du ein ganzes Jahr krank warst, verfällt dein in diesem Zeitraum entstandener Urlaubsanspruch nicht. Dein Arbeitgeber kann deinen Urlaubsanspruch auch nicht nach eigenem Ermessen kürzen oder streichen. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine klare Position, auf die sich Arbeitnehmer berufen können.
Das BAG hat 2012 entschieden, dass der Urlaubsanspruch im Fall einer längeren Erkrankung bis zu 15 Monate nach Ablauf des eigentlichen Urlaubsjahres noch geltend gemacht werden kann. Ein Urlaubsanspruch bei langer Krankheit verfällt demnach also erst am 31. März des übernächsten Jahres (AZ 9 AZR 353/10).
Wenn du nach langer Krankheit wieder gesund bist und an deinen Arbeitsplatz zurückkehrst, solltest du dich dennoch schnellstmöglich mit deinem Arbeitgeber darüber einigen, wann du die aufgelaufenen Urlaubstage nehmen kann und welche Regelung für euch aus betrieblicher Sicht sinnvoll ist. Denn der Urlaubsanspruch kann nach längerer Krankheit sehr umfangreich sein.
Wie lange hat man nach Krankheit Anspruch auf seinen Urlaub?
Für immer bleibt der Urlaubsanspruch, der während Krankheitsphasen entsteht, allerdings nicht bestehen. Denn die Rechtsprechung des BAG bedeutet gleichzeitig: Wenn ein Arbeitnehmer mehrere Jahre lang krankgeschrieben war, kann das tatsächlich zum Verlust von Urlaubsanspruch führen. Urlaubsansprüche aus mehreren Vorjahren, in denen der Arbeitnehmer bereits erkrankt war, können gegebenenfalls nicht mehr geltend gemacht werden – sie verfallen mit Ablauf der vom BAG definierten Frist von 15 Monaten.
Wichtig zu wissen: Dein Arbeitgeber muss dich schriftlich darauf hinweisen, dass dein Urlaub zu einem bestimmten Zeitpunkt verfällt. Tut er dies nicht, bleibt dein Anspruch auf die nicht genommenen Urlaubstage vorerst bestehen. So urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Jahr 2019 (AZ 9 AZR 541/19).
Länger krank: Kann ich mir den Urlaub auszahlen lassen?
Geld statt Urlaub – das geht auch bei langer Krankheit nicht in jedem Fall. Kann dein Arbeitgeber dir den aufgelaufenen Urlaubsanspruch noch gewähren, sobald du wieder gesund bist, dann hast du keinen Anspruch darauf, Urlaubstage stattdessen ausgezahlt zu bekommen.
Wenn du aber über einen langen Zeitraum krank warst und anschließend sofort aus dem Unternehmen ausscheidest, kannst du deinen Urlaubsanspruch natürlich nicht mehr in Form von freien Tagen geltend machen. Dadurch hast du in der Regel Anspruch auf Urlaubsabgeltung gemäß § 7 Absatz 4 BUrlG.
Entsprechend entschied zum Beispiel auch das Arbeitsgericht Bielefeld (AZ 7 Ca 214/14). Im konkreten Fall war ein Arbeitnehmer zwei Jahre lang erkrankt und schied schließlich aus dem Unternehmen aus. Das Gericht sprach ihm den Anspruch auf eine finanzielle Urlaubsabgeltung zu.
Urlaubsgeld kann man nach längerer Erkrankung jedoch rückwirkend in der Regel nicht mehr erwarten. Auch wenn du gemäß deinem Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag einen Anspruch darauf hast, ist die Zahlung von Urlaubsgeld in der Regel davon abhängig, ob der Urlaub auch tatsächlich „stattfand”. Bei Arbeitnehmern, die länger erkrankt sind, ist gerade dies nicht der Fall. Demnach ist im Normalfall nicht mit Urlaubsgeld für die Jahre zu rechnen, in denen man nicht gearbeitet und demzufolge auch keinen Urlaub genommen hat.
- Grundsätzlich bleibt auch bei längerer Krankheit der Urlaubsanspruch bestehen – es sei denn, du bist gleich für mehrere Jahre krank.
- Urlaub, der wegen Krankheit im betreffenden Jahr nicht genommen werden konnte, ist grundsätzlich bis zum 31. März des Folgejahres nachzuholen.
- Bei längerer Krankheit endet dein Urlaubsanspruch erst 15 Monate nach Ablauf des betreffenden Kalenderjahres, also am 31. März des übernächsten Jahres.
- Unter bestimmten Umständen lässt sich der Urlaubsanspruch nach langer Krankheit finanziell abgelten.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.