14. August 2024, 16:54 Uhr
Darf ich eigentlich? Ausbildung abbrechen: Das musst du als Azubi wissen
Eine Ausbildung abzubrechen, zieht oft weitreichende Konsequenzen nach sich und sollte deshalb gut überlegt sein. Entscheidend ist dabei auch, warum du abbrechen möchtest: Willst du dich einfach neu orientieren oder gibt es einen wichtigen Grund, etwa Mobbing oder ausbleibende Vergütung? Hier erfährst du, worauf du bei der Beendigung deines Ausbildungsverhältnisses achten solltest.
Bei Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber hilft ein Arbeitsrechtsschutz. >>
Kann man eine Ausbildung abbrechen?
Ja, das geht. Und zwar grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt. Das heißt, dass du deine Ausbildung im ersten, zweiten und auch im dritten Jahr noch abbrechen darfst. Ebenso ist eine Beendigung vor Ausbildungsbeginn und während der Probezeit möglich. Dieses Recht hat auch dein Ausbilder beziehungsweise dein Ausbildungsbetrieb.
Die rechtlichen Regelungen zum Thema Ausbildungsabbruch finden sich in § 22 Berufsbildungsgesetz (BBiG).
Welche Fristen gibt es?
Willst du deine Ausbildung vor Beginn oder innerhalb der Probezeit abbrechen, dann kannst du das fristlos und ohne Angabe von Gründen tun. Die Probezeit darf gemäß § 20 BBiG bei einer Berufsausbildung zwischen einem und vier Monaten betragen. Näheres regelt dein Ausbildungsvertrag.
Und nach der Probezeit? Dann kannst du mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen kündigen (ordentliche Kündigung). Liegen allerdings wichtige Gründe vor, ist auch ein fristloser Abschied nach der Probezeit möglich.
Gut zu wissen: Was ist die Ausbildungsgarantie?
Seit August 2024 gibt es eine Ausbildungsgarantie in Deutschland. Sie richtet sich an Jugendliche, die trotz intensiver Bemühungen keinen betrieblichen Ausbildungsplatz erhalten haben. Neben Unterstützung bei der beruflichen Orientierung haben sie durch die Maßnahme unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Praktika zu absolvieren oder eine außerbetriebliche Ausbildung anzufangen.
Ausbildung abbrechen: Mögliche Gründe
Die Ausbildung ist wichtig für den Eintritt ins Berufsleben und kann deinen weiteren Werdegang maßgeblich beeinflussen. Deshalb solltest du dir gut überlegen, ob du deine laufende Ausbildung beendest.
Folgende Gründe können für eine ordentliche Kündigung sprechen.
- Empfindest du deine tägliche Arbeit dauerhaft als unpassend und unangenehm, führt das langfristig zur Unzufriedenheit.
- Du erkennst, dass deine Ausbildung dir nicht die gewünschten beruflichen Perspektiven bietet oder nicht mehr zu deinen Fähigkeiten und Zielen passt.
- Veränderungen im familiären Umfeld, wie die Pflege von Angehörigen oder eigene Kinder, können ein Grund sein, die Ausbildung abzubrechen. Das gilt beispielsweise auch für einen unerwarteten Umzug in eine andere Stadt oder in ein anderes Land.
- Die Anforderungen in der Berufsschule sind zu hoch.
- Die vereinbarte Ausbildungsvergütung reicht nicht aus, um deinen Lebensunterhalt zu sichern.
Eine fristlose Kündigung hingegen setzt stärkere, sogenannte „wichtige“ Gründe voraus. Dazu zählen zum Beispiel folgende Anlässe:
- Anhaltendes Mobbing am Arbeitsplatz durch Kollegen oder Vorgesetzte
- Jede Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz
- Schwerwiegende gesundheitliche Schäden durch die Art und Weise der Ausbildung
- Eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit
- Zwang zur Ausübung von nicht vereinbarten Tätigkeiten oder die Vernachlässigung anderer Pflichten durch den Ausbildungsbetrieb
- Wiederholt ausbleibende oder unvollständige Ausbildungsvergütung
- Regelmäßige Überschreitung der gesetzlichen Arbeitszeiten oder Nichteinhaltung von Ruhepausen
- Vernachlässigung von Sicherheitsvorschriften
- Beteiligung an oder Aufforderung zu illegalen Tätigkeiten
- Diskriminierende Äußerungen oder Handlungen
Du bist mit der Situation in deinem Ausbildungsbetrieb nicht zufrieden, dir aber nicht sicher, ob das ein wichtiger Grund ist, der es rechtfertigt, deine Ausbildung fristlos abzubrechen? Ein Anwalt kann dich dazu beraten.
Vor dem Ausbildungsabbruch das Gespräch suchen
Um keinen Streit mit deinem Noch-Arbeitgeber zu provozieren, solltest du den Ausbildungsbetrieb nicht mit der schriftlichen Kündigung überraschen, sondern vorher das Gespräch mit deinem betrieblichen Betreuer suchen und die Situation erklären.
Je nach Situation können auch deine Berufsschullehrer, der Betriebsrat oder die Jugend- und Auszubildendenvertretung deines Betriebs neutrale und hilfreiche Ansprechpartner sein.
Bei psychischen Problemen oder anderen schwerwiegenden persönlichen Gründen kann es zudem sinnvoller sein, die Ausbildung zu unterbrechen, anstatt sie ganz abzubrechen. Dies bietet die Möglichkeit, sich zu erholen und die Ausbildung später fortzusetzen.
Sinnvoll ist es, möglichst schnell die Konfliktlösung anzustoßen und nicht zu lange zu warten. Sonst kann eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 22 Abs. 4 Satz 1 BBiG auch unwirksam sein.
Kündigung schreiben: Das muss drinstehen
Deinen Ausbildungsvertrag musst du gemäß § 22 Abs. 3 BBiG in jedem Fall schriftlich kündigen – am besten unter Angabe des Datums, an dem dein Ausbildungsvertrag geschlossen wurde, und des Datums, zu dem du unter Einhaltung der geltenden Frist kündigst.
Eine entsprechende Formulierung der Kündigung könnte so aussehen: „Hiermit kündige ich mein Ausbildungsverhältnis zum [Datum] ordentlich und fristgerecht. Der Grund für die Kündigung ist [Grund angeben]. Bitte bestätigen Sie mir den Erhalt dieser Kündigung schriftlich.“
Wichtig zu wissen: Wenn du noch minderjährig bist, muss ein Erziehungsberechtigter deine Kündigung mitunterschreiben.
Ausbildung abbrechen und Geld zurückzahlen?
Das Abbrechen deiner Ausbildung zieht eine Reihe von Folgen nach sich. So ist es etwa möglich, dass du Geld zurückzahlen musst.
Wenn du die Ausbildung ohne einen wichtigen Grund abbrichst, kann beispielsweise die BAföG-Förderung rückwirkend für einen bestimmten Zeitraum eingefordert werden. Beginnst du hingegen eine neue Ausbildung, besteht der Anspruch auf BAföG oft weiter. Dieser muss allerdings wieder beantragt und begründet werden.
Wenn vertraglich festgelegt ist, dass du Kosten für Lehrmaterialien, Werkzeuge oder spezielle Arbeitskleidung zurückzahlen musst, könnte dir der Ausbildungsbetrieb das Geld dafür in Rechnung stellen. Das betrifft unter Umständen auch Ausgaben für Schulungen, Weiterbildungen oder Fortbildungen sowie für Fahrtkosten oder Unterkunftskosten für Berufsschulaufenthalte oder überbetriebliche Lehrgänge.
Bei Unklarheiten zu Rückzahlungsansprüchen kann eine Beratung durch die Industrie- und Handelskammer (IHK), die Handwerkskammer (HWK) oder rechtliche Experten hilfreich sein, um die Situation richtig einzuschätzen.
Ausbildung abgebrochen – und nun?
Die Ausbildung abzubrechen, ist ein Schritt, der beispielsweise künftige Bewerbungen um einen neuen Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag beeinflussen kann. Deshalb solltest du deiner Entscheidung auf den Grund gehen: Was hat dazu geführt? Die Tätigkeit selbst, die weiteren beruflichen Aussichten, veränderte Interessen, oder falsche Vorstellungen?
Eine Umschulung oder der Wechsel zu einer anderen Ausbildungsstätte kann dann sinnvoll sein. Besonders kleine und mittlere Unternehmen sind bei der Ausgestaltung der Ausbildung flexibler als große und können eventuell besser auf deine Bedürfnisse eingehen. Ein Praktikum zum Kennenlernen kann ebenfalls helfen. Wichtig bei jeder Bewerbung ist, dass du den vorherigen Abbruch gut erklären kannst. Auch ein Studium kann eine mögliche Alternative sein.
Deine Rechte und Pflichten nach dem Ausbildungsabbruch
Bei einer ordentlichen Kündigung mit Kündigungsfrist nach der Probezeit hast du als Auszubildender die Pflicht, regulär bis zum Ablauf der Frist weiter im Betrieb zu erscheinen.
Folgende Ansprüche hast du gegenüber deinem Noch-Arbeitgeber:
- Er muss dir ein Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitszeugnis ausstellen und dir deine Arbeitspapiere aushändigen.
- Du erhältst deine Ausbildungsvergütung bis zu dem Tag, an dem die Kündigung wirksam wird.
- Du kannst deinen Resturlaub nehmen und gegebenenfalls Überstunden abbauen oder erhältst ersatzweise eine Ausgleichszahlung.
Das Thema Schadenersatz kommt ins Spiel, wenn du durch eine unerträgliche Situation dazu gezwungen bist, deine Ausbildung abzubrechen. Liegt der wichtige Grund für den Ausbildungsabbruch auf der Seite des Arbeitgebers, solltest du dich von einem Anwalt zu deinen Ansprüchen beraten lassen. Bei einer ordentlichen Kündigung hast du aber keine Ansprüche auf Schadenersatz.
Wichtig: Gemäß § 23 Abs. 1 BBiG können sowohl Azubis als auch Ausbildungsbetriebe Schadenersatz von der Gegenseite verlangen, wenn diese den Grund für den Abbruch der Ausbildung zu verantworten hat.
Ausbildung abgebrochen: Bekommst du Arbeitslosengeld?
Nach Abbruch der Ausbildung musst du dich arbeitslos melden, wenn du noch keinen neuen Ausbildungsvertrag hast und auch keine alternative Tätigkeit (wie zum Beispiel ein Freiwilliges Soziales Jahr oder Studium) ausübst.
Anspruch auf Arbeitslosengeld hast du grundsätzlich, wenn du innerhalb der letzten zwei Jahre mindestens ein Jahr lang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hast – auch als Azubi.
Hast du den Ausbildungsvertrag aber selbst gekündigt, kann die Arbeitsagentur eine Sperrfrist von drei Monaten setzen, bis du Arbeitslosengeld bekommst. Auch deswegen solltest du dir nach Möglichkeit vorher einen Plan zurechtlegen, wenn du deine Ausbildung abbrechen willst.
Fazit
- In der Probezeit darfst du jederzeit die Ausbildung abbrechen und kündigen. Danach kannst du entweder mit vierwöchiger Frist ordentlich kündigen – oder aus wichtigem Grund fristlos.
- Die Kündigung muss immer schriftlich erfolgen.
- Du erhältst deine Ausbildungsvergütung bis zum letzten Tag, musst aber auch – bei ordentlicher Kündigung – bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter im Betrieb erscheinen.
- Wenn Ausbildungsabbruch durch den Arbeitgeber erfolgt, hast du eventuell Anspruch auf Schadenersatz.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.