18. November 2015, 14:21 Uhr
Das sagt der Chef wirklich Diese 10 Arbeitszeugnis-Formulierungen sollten Sie kennen
Das Arbeitszeugnis spiegelt Ihre Leistungen beim vorherigen Arbeitgeber wider und beurteilt Ihr Verhalten auf professioneller Ebene. Doch viele Formulierungen haben eine andere Bedeutung, als es im ersten Moment den Anschein macht. Dr. Gerwin Sonntag von der Kanzlei Bernzen Sonntag kennt sich im Zeugnisdeutsch aus und weiß, was mit bestimmten Floskeln gemeint ist. „Grundsätzlich haben Arbeitnehmer Anspruch auf ein ordentliches Arbeitszeugnis, in höflicher und wohlwollender Sprache“, sagt der Anwalt für Arbeitsrecht. „Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Sie selten negative Beurteilungen finden.“ Wer aber trotzdem zwischen den Zeilen lesen will und die wahre Bedeutung der Worte kennen möchte, der erlebt bei seiner nächsten Bewerbung keine böse Überraschung.
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Die Top 10 der Arbeitszeugnis-Formulierungen
- „Sie verfügt über Fachwissen und hat ein gesundes Selbstvertrauen.“
Lesen Sie diese Floskel in Ihrem Arbeitszeugnis, überspielen Sie Ihr mangelndes Fachwissen sehr gut.
- „Er trug durch seine Geselligkeit zur Verbesserung des Betriebsklimas bei.“
Sie glauben, Ihr Chef empfindet Sie als offen und aufgeschlossen? Falsch! Hiermit sagt er, dass Sie dem Alkohol nicht abgeneigt sind.
- „Sie war tüchtig und wusste sich gut zu verkaufen.“
Die Formulierung bedeutet, dass Sie ein sehr guter Selbstdarsteller mit mangelhafter Kooperationsbereitschaft sind. Ihre Kollegen haben Sie als unangenehmen Mitarbeiter wahrgenommen, der viel erzählt, wenn der Tag lang ist.
- „Er bewies für die Belange der Belegschaft stets Einfühlungsvermögen.“
Haben Sie diese Phrase entdeckt, dann sagt man Ihnen die Suche nach intimen Kontakten nach. Gesellt sich das Adjektiv „umfassend“ dazu, unterstellt man Ihnen Homosexualität.
- „Sie erledigte alle ihr übertragenen Aufgaben pflichtbewusst und ordnungsgemäß.“
Freuen Sie sich über diese Formulierung nicht zu früh, denn hiermit sagt man Ihnen, dass Sie nur die Aufgaben zuverlässig erfüllt haben, die man Ihnen aufgetragen hat. Eigeninitiative haben Sie jedoch nicht gezeigt.
- „Er zeigte Verständnis für seine Arbeit.“
Dieser Hinweis zielt auf Ihre schlechte Arbeit und mangelnde Leistungsbereitschaft ab.
- „Ihr Verhalten gegenüber den Kollegen und Vorgesetzten war stets vorbildlich.“
Wenn Ihr Chef erst nach den Kollegen erwähnt wird, wird Ihre schlechte Beziehung zu ihm thematisiert.
- „Er hat alle Aufgaben zum eigenen und im Interesse der Firma gelöst.“
Wenn Sie diese Arbeitszeugnis Formulierung in Ihrer Beurteilung lesen, dann sind Sie in ein böses Fettnäpfchen getreten und haben wahrscheinlich Ihren Arbeitgeber bestohlen.
- „Wir bestätigen gerne, dass Sie mit Fleiß, Ehrlichkeit und Pünktlichkeit an Ihre Aufgaben herangegangen ist.“
Alle diese positiven Eigenschaften vertuschen, dass Ihnen leider die fachliche Qualifikation fehlte.
- „Seine umfangreiche Bildung machte ihn zu einem gesuchten Gesprächspartner.“
Anscheinend ist Ihrem Arbeitgeber nicht entgangen, dass Sie sehr gesprächig und während der Arbeitszeit immer für ausgiebige private Unterhaltungen zu haben waren.
Schulnoten im Arbeitszeugnis
Doch es gibt weitere Hinweise, die auf Ihre Arbeitsqualität hinweisen. Genau wie in den Schulzeugnissen von früher werden im Arbeitszeugnis Formulierungen genutzt, die den Noten von 1 bis 6 entsprechen.
- 1 (sehr gut): ... hat Aufgaben stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt.
- 2 (gut): ... hat Aufgaben stets zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.
- 3 (befriedigend): ... hat die Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt.
- 4 (ausreichend): ... hat die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit erledigt.
- 5 (mangelhaft): ... hat die Aufgaben allgemein zu unserer Zufriedenheit erledigt.
- 6 (ungenügend): ... hat sich bemüht, die Aufgaben zu unserer Zufriedenheit zu erledigen.
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Im Vergleich sind die Nuancen der unterschiedlichen Bewertungen leicht erkennbar. Dr. Gerwin Sonntag fasst zusammen: „Erhalten Sie ein ‚stets’ und einen positiven Superlativ, dann können Sie sicher sein, dass Ihr Arbeitgeber mit Ihrer Leistung wirklich sehr zufrieden war und Sie als eifrigen Angestellten vermissen wird.“ Ein weiterer wichtiger Hinweis ist die Verwendung von Wortgruppen, die ihre Bedeutung aus der Kombination beziehen. Lobt man also Ihr Fachwissen und Ihr gesundes Selbstvertrauen, hält man Sie für inkompetent und großschnäuzig. Werden Kriterien überbetont oder ironisch übertrieben, wirft das ebenfalls kein gutes Licht auf Sie. „Größte Genauigkeit“ besagt daher, dass Sie kleinlich und unflexibel sind.
Fühlen Sie sich in Ihrer Beurteilung ungerecht behandelt, weil bestimmte Behauptungen unwahr sind, können Sie auch juristisch dagegen vorgehen. Suchen Sie das persönliche Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber und versuchen Sie die Angelegenheit ohne Anwalt zu klären. Sind Sie dann immer noch unsicher, hilft Ihre Rechtschutzversicherung.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.