Fristlose Kündigung: Diese Gründe berechtigen © iStock.com/andresr

19. April 2023, 8:30 Uhr

Durchatmen Fristlose Kündigung: Diese Gründe berechtigen

Eine fristlose Kündigung hat für Betroffene meist schwere Konsequenzen. Deshalb ist sie nur unter strengen Regeln erlaubt. Welche Gründe eine fristlose Kündigung seitens Arbeitnehmer und Arbeitgeber rechtfertigen können und wie es mit der Probezeit und Arbeitslosengeld aussieht, erfährst du in diesem Ratgeber.

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Was bedeutet eine fristlose Kündigung?

Die Grundlage für eine berufliche Beschäftigung ist in der Regel ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dieses Arbeitsverhältnis kann aus mehreren Gründen enden. Bei befristeten Arbeitsverträgen zum Beispiel passiert das nach einer bestimmten Zeit oder aufgrund einer anderweitigen Vorgabe automatisch. Unbefristete Arbeitsverträge hingegen bedürfen üblicherweise einer Kündigung, die beide Seiten aussprechen können.

  • Eine ordent­li­che Kündigung wird ab ihrem Ausspruch nach min­des­tens vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Kalen­der­mo­nats wirksam. Die Kün­di­gungs­frist kann unter Umständen auch kürzer oder länger sein. Ent­schei­dend dafür sind etwa Betriebs­grö­ße, Betriebs­zu­ge­hö­rig­keit oder bestimmte ver­trag­li­che Rege­lun­gen. Mehr darüber erfährst du in unseren Tipps zur Kündigung von Arbeitsverträgen.
  • Bei einer außer­or­dent­li­chen frist­lo­sen Kündigung endet das Arbeits­ver­hält­nis sofort und ohne Aussicht auf eine Wei­ter­be­schäf­ti­gung. Die betrof­fe­nen Arbeit­neh­mer haben also keine Kün­di­gungs­frist, während der sie sich um eine neue Stelle kümmern können. Deshalb ist die fristlose Kündigung nur unter bestimm­ten Umständen möglich.

Gut zu wissen: Eine außerordentliche Kündigung muss nicht immer zwangsweise eine fristlose Kündigung sein. Beispielsweise kann ein Unternehmen Mitarbeiter aus betrieblichen Gründen wie finanziellen Engpässen außerordentlich kündigen, wenn sie ansonsten unkündbar wären. Das heißt aber nicht, dass diese Kündigung dann auch fristlos geschieht. Andersherum ist jede fristlose Kündigung immer eine außerordentliche Kündigung.

Was sind wichtige Gründe für eine fristlose Kündigung?

Eine fristlose Kündigung können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer aussprechen. Nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist das allerdings nur „aus wichtigem Grund“ möglich. Dabei sind folgende zwei Regeln unbedingt zu beachten.

  • Der Grund muss so schwer­wie­gend sein, dass einer Partei – oder auch beiden – die weitere Beschäf­ti­gung nicht mehr zumutbar ist.
  • Die fristlose Kündigung muss innerhalb von zwei Wochen aus­ge­spro­chen werden. Der Zeitraum beginnt ab dem Moment, indem die kün­di­gen­de Person von der Ursache der Kündigung erfahren hat. Außerdem ist der anderen Seite auf Verlangen der „Kün­di­gungs­grund unver­züg­lich schrift­lich“ mitzuteilen.

Je nachdem, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer fristlos kündigen, kann es unterschiedliche wichtige Gründe geben. Unabhängig davon müssen sich beide an eine Reihe strenger Regeln halten. Verstoßen sie nur gegen eine davon, ist die fristlose Kündigung unwirksam.

  • Es liegt ein erheb­li­cher Verstoß gegen die arbeits­recht­li­chen Pflichten vor. Teils genügt auch ein drin­gen­der Verdacht.
  • Der betref­fen­de Verstoß muss grund­sätz­lich rechts­wid­rig sowie schuld­haft (vor­sätz­lich oder fahr­läs­sig) begangen worden sein.
  • Es gibt keine zumutbare Alter­na­ti­ve (milderes Mittel) zur frist­lo­sen Kündigung wie eine ordent­li­che Kündigung oder eine Abmahnung. Und es besteht keine Aussicht auf eine Ver­bes­se­rung der Situation.
  • Das Interesse des Kün­di­gen­den überwiegt das Interesse an einer Ein­hal­tung der ordent­li­chen Kün­di­gungs­frist gegenüber der anderen Partei.
  • Die bereits genannte Zwei-Wochen-Frist muss ein­ge­hal­ten werden.
Geöffneter Briefumschlag mit Abmahnung.
© iStock.com/axelbueckert

Fristlose Kündigung durch Arbeit­ge­ber: Beispiele für wichtige Gründe

Ob eine fristlose Kündigung rechtens ist, muss häufig im Einzelfall vor dem Arbeitsgericht geklärt werden. Denn eine Liste mit konkreten und immer gültigen Verstößen gibt es nicht. Auch die Frage, ob gegebenenfalls eine fristlose Kündigung ohne Abmahnung statthaft ist, kann oft erst während eines arbeitsrechtlichen Verfahrens beantwortet werden.

Deshalb geben die folgenden Beispiele nur eine Anschauung davon, welche Gründe eine fristlose Kündigung von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer rechtfertigen können – aber nicht unbedingt müssen.

Eine Reihe von Verfehlungen der Beschäftigten können zu einer wirksamen fristlosen beziehungsweise verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber führen.

  • Eine Straftat: Die liegt etwa vor, wenn Mit­ar­bei­ter einen Betrug begehen oder Dinge stehlen, die dem Unter­neh­men gehören. Das können Werkzeuge, Büro­ma­te­ri­al oder Geld sein.
  • Eine Gewalttat: Diese ist bereits gegeben, wenn ein Mit­ar­bei­ter öffent­lich und glaub­wür­dig androht, seinen Arbeit­ge­ber verletzen zu wollen. Auch schwere (ras­sis­ti­sche) Belei­di­gun­gen innerhalb des beruf­li­chen Umfeldes können eine fristlose Kündigung rechtfertigen.
  • Sexuelle Beläs­ti­gung: Dies betrifft Hand­lun­gen und Äuße­run­gen, die gegen Kollegen, Vor­ge­setz­te oder Kunden gerichtet sind.
  • Arbeits­ver­wei­ge­rung: Hier geht es darum, dass eine Person immer wieder gegen das Wei­sungs­recht des Arbeit­ge­bers versagt und es ablehnt, ent­spre­chen­de Aufgaben zu erfüllen. Ähnlich ist es, wenn jemand zum wie­der­hol­ten Mal unent­schul­digt der Arbeit fern­bleibt oder bei der Erfassung der Arbeits­zeit falsche Angaben macht.
  • Vor­ge­täusch­te Krankheit: Die liegt vor, wenn jemand eine Arbeits­un­fä­hig­keit wegen einer simu­lier­ten Krankheit angibt.

Übrigens: Auch eine tatsächliche Krankheit kann bei bestimmten Voraussetzungen eine Kündigung begründen. Mehr zu diesem Thema findest du bei uns im Ratgeber „Kündigung wegen Krankheit: Voraussetzungen und Hintergründe“.

INFO

 

Es gibt eine Reihe von Gründen, die häufig für fristlose Kündigungen angegeben werden, die diese aber regelmäßig nicht legitimieren. Das betrifft beispielsweise Trunkenheit am Arbeitsplatz, wenn die Betroffenen alkoholsüchtig sind, eine zu spät eingereichte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, das Tragen von Kopftüchern oder die Gründung eines Betriebsrats.

Achtung: Möchtest du gegen eine fristlose Kündigung Einspruch erheben, musst du dies gemäß § 4 Abs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) innerhalb einer vorgeschriebenen Frist von drei Wochen nach Kündigungszugang tun.

Fristlose Kündigung durch Arbeit­neh­mer: Beispiele für wichtige Gründe

Auch für Beschäftigte gibt es Gründe für eine fristlose Kündigung. Meistens begründen folgende Ursachen den Wunsch von Arbeitnehmern, fristlos zu kündigen:

  • Unre­gel­mä­ßi­ge Zahlungen: Hier geht es um immer wieder aus­blei­ben­des oder zu geringes Gehalt.
  • Verstöße gegen den Arbeits­schutz: Diese können bei­spiels­wei­se vorliegen, wenn wichtige und poten­zi­ell gefähr­li­che Arbeits­mit­tel nicht aus­rei­chend gewartet werden.
  • Verletzte Men­schen­wür­de: Anlass sind bei­spiels­wei­se Belei­di­gun­gen oder Mobbing.
  • Tät­lich­kei­ten: Darunter fallen kör­per­li­che Angriffe auf Beschäftigte.
  • Sexuelle Über­grif­fe: Diese können verbal oder kör­per­lich von Vor­ge­setz­ten ausgehen.

Eine fristlose Kündigung durch Arbeitnehmer wegen eines neuen Jobs ist allerdings nicht erlaubt. Hast du also eine neue Arbeitsstelle in Aussicht, musst du dich an die gesetzliche Kündigungsfrist halten. Sprich: Du darfst nur eine ordentliche Kündigung aussprechen.

Nachteile einer frist­lo­sen Kündigung für Arbeitnehmer

Eine rechtsgültige fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber bedeutet für Arbeitnehmer nicht nur den sofortigen Verlust ihres Arbeitsplatzes, sondern damit verbunden ebenso den Wegfall ihres Gehalts. Auch eine bezahlte Freistellung gibt es hier nicht.

Ein weiterer Nachteil ist, dass es bei einer fristlosen Kündigung eine zwölfwöchige Sperre für den Erhalt von Arbeitslosengeld I gibt. Außerdem ist der Wert des Arbeitszeugnisses fragwürdig. Schließlich stehen an dessen Ende die fristlose Kündigung und deren Grund. Das macht bei künftigen Bewerbungen keinen guten Eindruck.

Allein wegen dieser gravierenden Nachteile sollten Beschäftigte eine erhaltene fristlose Kündigung immer rechtlich prüfen lassen. In vielen Fällen ist sie nämlich unwirksam. Betroffene müssen dann weiter beschäftigt werden oder können zumindest eine Abfindung erhalten.

Fristlose Kündigung während Probezeit und Aus­bil­dung erlaubt?

Die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht nur während einer „normalen“ Beschäftigung erlaubt. Ebenso darf eine fristlose Kündigung während der Probezeit oder der Ausbildung ausgesprochen werden, sofern die dafür oben genannten, generell erforderlichen Gründe gegeben sind. Allerdings muss während der Probezeit zuvor eine Abmahnung ausgesprochen worden sein. Mehr erfährst du in unserem Ratgeber zur Kündigung in der Probezeit.

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