Probearbeit: Bezahlung, Dauer und Versicherung – die Regeln © iStock.com/fizkes

3. November 2022, 9:20 Uhr

So geht’s richtig Pro­be­ar­beit: Bezahlung, Dauer und Ver­si­che­rung – die Regeln

Du hast dich um einen Job beworben und erhältst zu deiner Freude eine positive Antwort – mit der Bitte, zur Probearbeit zu erscheinen. Wie lange das Probearbeiten dauern darf, wie du währenddessen versichert bist, unter welchen Umständen du eine Bezahlung erwarten kannst und was du beachten solltest, wenn du aktuell noch woanders angestellt bist, liest du hier.

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Was ist Pro­be­ar­beit und wie ist sie rechtlich geregelt?

In vielen Unternehmen gehören ein oder mehrere Probetage für aussichtsreiche Kandidaten mittlerweile fest zum Bewerbungsverfahren. Eine solche Probearbeitsphase findet statt, bevor ein Arbeitsvertrag geschlossen wird. Damit unterscheidet sie sich von der Probezeit, also der ersten Phase nach Abschluss eines Arbeitsvertrags.

Wer Probearbeit leistet, steht demnach (noch) in keinem Arbeitsverhältnis zum möglichen neuen Arbeitgeber. Stattdessen spricht man juristisch von einem Einfühlungsverhältnis. Dieses ist hinsichtlich Dauer und Bezahlung gesetzlich nicht näher geregelt. Gemäß geltender Rechtsprechung kann man jedoch üblicherweise von folgenden Grundregeln ausgehen:

  • Eine kurze Phase der Pro­be­ar­beit (ein Tag oder wenige Tage) muss prin­zi­pi­ell nicht bezahlt werden.
  • Es besteht jedoch auch keine Arbeits­pflicht. Wer zur Probe arbeitet, kann sich ent­spre­chend jederzeit „von jetzt auf gleich“ ent­schei­den, damit aufzuhören.

Für eine kurze Zeit zur Probe zu arbeiten, anstatt sofort den Arbeitsvertrag zu unterschreiben, kann beiden Seiten Vorteile bringen: Bewerber erhalten direkte Einblicke in den Alltag und die Abläufe des Unternehmens und haben so eine gute Grundlage für die Entscheidung, ob sie dort arbeiten möchten oder nicht. Die potenziellen neuen Vorgesetzten wiederum können sich ein praxisnahes Bild vom Kandidaten machen und so abschätzen, ob er oder sie ins Team passen würde. Beide Seiten können nach der Probearbeit frei entscheiden, ob es zur dauerhaften Zusammenarbeit kommen soll oder nicht.

Zwei Personen schütteln die Hände.
© istock.com/fizkes

Wie lange ist Pro­be­ar­beit erlaubt – und wann muss sie bezahlt werden?

Ein einzelner Probetag, der nicht vergütet wird, ist in der Regel unbedenklich. Schließlich investiert auch das Unternehmen Zeit und Arbeitskraft, um Bewerbern die Abläufe zu erklären, sie anzuleiten und ihnen Feedback zu geben.

Soll sich die Probearbeit über mehrere Tage erstrecken, tun die Beteiligten gut daran, die Rahmenbedingungen schriftlich festzuhalten. Mehrere Tage probezuarbeiten, kann zum Beispiel dann sinnvoll sein, wenn unterschiedliche Aufgaben und Arbeitsprozesse, die der Kandidat miterleben soll, jeweils nur an bestimmten Tagen stattfinden. Das Kennenlernen sollte hier weiterhin stets im Vordergrund stehen, nicht die Verwertbarkeit der Arbeitsergebnisse für das Unternehmen.

Unbezahlte „Probearbeit“ über mehrere Wochen oder gar Monate musst du jedoch nicht mitmachen. Wer über so lange Zeit gratis arbeitet, wird vom Unternehmen in den meisten Fällen ausgenutzt – insbesondere dann, wenn bereits nach Anweisung und Dienstplan gearbeitet wird und der „Bewerber“ bestimmte Arbeiten, die er schon kennt, immer wieder ausführen soll. In einem solchen Fall kannst du dir Hilfe von einem Fachanwalt für Arbeitsrecht holen. Es besteht die Möglichkeit, dass stillschweigend ein Arbeitsvertrag geschlossen wurde und dir daher eine Bezahlung zusteht.

Wie sieht es mit der Ver­si­che­rung während der Pro­be­ar­beit aus?

Da kein Arbeitsverhältnis besteht, ist unbezahlte Probearbeit nicht sozialversicherungspflichtig. Es werden also keine Beiträge an die Kranken-, Arbeitslosen-, Pflege- oder Rentenversicherung abgeführt.

Relevant wird vor allem die Frage nach der Unfallversicherung während der Probearbeit. Das Bundessozialgericht stellte 2019 klar (AZ B 2 U 1/18 R): Wer als Bewerber bei der Probearbeit die gleichen Tätigkeiten ausführt wie fest angestellte Mitarbeiter und sich dabei verletzt, ist über den Betrieb unfallversichert.

Jedoch heißt das nicht, dass jeder Probearbeitende grundsätzlich im Betrieb unfallversichert ist. Es kommt im Einzelfall unter anderem darauf an, wie stark Bewerber in Arbeitsabläufe eingebunden sind und in welchem Maße ihre Tätigkeit, der der im Betrieb Beschäftigten gleicht. Im Zweifel solltest du vor einem Probetag beim Unternehmen erfragen, von welcher Versicherungsregelung du ausgehen kannst.

Ein Kollege und eine Kollegin unterhalten sich über ihre Dokumente in einer Fabrik.
© istock.com/SolStock

Pro­be­ar­beit trotz Arbeits­ver­hält­nis: Frei­stel­lung, Urlaub – oder gar nichts sagen?

Du hast aktuell einen Job, möchtest aber deine Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt ausloten und hast dich woanders beworben? Wenn du nun zur Probearbeit eingeladen wirst, kann es rechtlich heikel werden. Denn damit könntest du gegen Bestimmungen in deinem Arbeitsvertrag verstoßen: Im Regelfall muss es der Arbeitgeber nämlich nicht hinnehmen, dass seine Beschäftigten anderswo zur Probe arbeiten. Arbeitest du bei einem direkten Konkurrenten zur Probe und fliegst dabei auf, kann dir sogar eine fristlose Kündigung drohen.

Heimliche Probearbeit während der Arbeitszeit oder einer Krankschreibung ist natürlich absolut tabu. Damit verspielst du dein Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber und riskierst eine Abmahnung. Für viele Arbeitnehmer liegt daher der Schluss nahe, für die Probearbeit einfach Urlaub zu nehmen. In diesem Fall ist Streit mit dem Arbeitgeber weniger wahrscheinlich. Aber auch das ist arbeitsrechtlich zumindest fragwürdig, denn dein Urlaub dient grundsätzlich deiner Erholung und nicht dazu, woanders zu arbeiten.

Wenn du auf Nummer sicher gehen willst, bleibt dir daher meist nur, mit offenen Karten zu spielen und das Gespräch mit dem jetzigen Arbeitgeber zu suchen. Umso leichter fällt das, wenn du beispielsweise befristet beschäftigt bist oder gekündigt wurdest. Dann hast du sogar gemäß § 629 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einen gesetzlichen Anspruch darauf, für die Jobsuche freigestellt zu werden.

Wenn die Lage im Betrieb unsicher ist, sodass betriebsbedingte Kündigung drohen, hast du ebenfalls einen guten Grund, um eine Freistellung für die Probearbeit zu bitten. In allen anderen Fällen solltest du je nach Verhältnis zum Arbeitgeber gut abwägen, wie offen du deine Jobsuche kommunizierst und welches Risiko du einzugehen bereit bist.

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