14. Februar 2020, 16:17 Uhr
Darf ich eigentlich? Richtgeschwindigkeit: Diese rechtliche Bedeutung hat sie
Ein generelles Tempolimit gibt es auf Deutschlands Autobahnen (noch) nicht, wohl aber eine Richtgeschwindigkeit. Welche Bedeutung sie hat und warum du sie durchaus ernst nehmen solltest, erfährst du hier.
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Richtgeschwindigkeit als Empfehlung
Die Richtgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde, kurz km/h, wird seit 1978 von der Autobahn-Richtgeschwindigkeitsverordnung vorgegeben. Sie gilt für alle Fahrzeuge - also Autos und Motorräder - mit einer zulässigen Gesamtmasse von bis zu 3,5 Tonnen. Lkw sind also nicht betroffen - sie dürfen sowieso nicht so schnell fahren.
Eine verbindliche rechtliche Bedeutung hat die Richtgeschwindigkeit nicht. Es handelt sich um eine Empfehlung. Wer schneller unterwegs ist, muss also weder Bußgeld noch Punkte in der Verkehrssünderkartei in Flensburg fürchten. Das unterscheidet die Richtgeschwindigkeit von einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit – allgemein auch als Tempolimit oder Geschwindigkeitsbegrenzung bezeichnet.
Bei Unfall Mitschuld
Aber Achtung: Das gilt nur, solange niemand gefährdet wird! Kommt es dagegen zu einem Unfall, kann eine Überschreitung der Richtgeschwindigkeit sehr wohl von Bedeutung sein und für eine Mitschuld sorgen. Das gilt sogar dann, wenn unstrittig ist, dass ein anderer Beteiligter den Unfall verschuldet hat.
Denn die höhere Geschwindigkeit erhöht die sogenannte Betriebsgefahr des Autos. Hätte ein Unfall bei Einhaltung der Richtgeschwindigkeit vermieden werden können, müssen Unfallbeteiligte, die sie nicht eingehalten haben, mit einer höheren Haftungsquote rechnen. Im Klartext: Wenn du schneller fährst, zahlt die Kfz-Versicherung des Unfallverursachers bei einem Schaden womöglich weniger. So schrieb 2019 das Landgericht Leipzig in einem Urteil (AZ 402474/17) einem Unfallbeteiligten eine Mitschuld von 40 Prozent zu, weil er auf der Autobahn mit 150 Stundenkilometern unterwegs gewesen war. Also 20 km/h schneller als die Richtgeschwindigkeit es vorsieht.
Nicht nur auf Autobahnen gilt Richtgeschwindigkeit
Die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h gilt nicht nur auf der Autobahn, sondern laut Autobahn-Richtgeschwindigkeits-Verordnung auf "vergleichbaren Straßen" Damit sind sogenannte Kraftfahrstraßen gemeint. Das sind Straßen außerhalb geschlossener Ortschaften ...
- mit Fahrbahnen in eine Richtung, die durch Mittelstreifen oder andere bauliche Einrichtungen getrenntsind; oder
- mit mindestens zwei durch Fahrstreifenbegrenzung oder Leitlinien markierten Fahrstreifenfür jede Richtung.
Richtgeschwindigkeit auch ohne Schild
Die Richtgeschwindigkeit gilt automatisch immer dann, wenn auf Autobahnen oder autobahnähnlichen Straßen keine Geschwindigkeit vorgegeben ist. Es muss also nicht zwingend ein Verkehrsschild darauf hinweisen. Die bis April 2013 verwendeten rechteckigen blauen Schilder mit der 130 in weißer Schrift werden sogar immer seltener, da sie schrittweise abgebaut werden.
- Auch wenn die Richtgeschwindigkeit überschritten werden darf: Es gilt immer § 3, Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung. Demnach ist die Fahrweise grundsätzlich den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen, den persönlichen Fähigkeiten des Fahrers und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Sicherheit – die eigene und die anderer Verkehrsteilnehmer – steht also immer über der Richtgeschwindigkeit!
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