9. November 2021, 8:30 Uhr
Darf ich eigentlich? Überstunden auszahlen lassen: Das sagt das Arbeitsrecht
Arbeitest du länger als mit deinem Arbeitgeber vereinbart, machst du Überstunden. Dafür steht dir in der Regel ein Ausgleich zu – entweder finanziell oder in Form zusätzlicher Freizeit. Eine konkrete gesetzliche Regelung dazu gibt es allerdings nicht. Wovon es also abhängt, dass du dir Überstunden auszahlen oder anderweitig vergüten lassen kannst, und was das gegebenenfalls steuerlich für dich bedeutet, erfährst du in diesem Ratgeber.
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Deine grundsätzlichen Rechte und Pflichten bei Überstunden
In der Regel bist du nicht verpflichtet, über die im Arbeitsvertrag festgelegte Stundenzahl hinaus zu arbeiten. Fehlt eine gesonderte Vereinbarung dazu, kann dein Arbeitgeber Überstunden nur in Ausnahmesituationen anordnen. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, durch die Überstunden rechtmäßig möglich sind, zum Beispiel durch
- eine Einzel- oder Betriebsvereinbarung
- eine Klausel in deinem Arbeitsvertrag
- oder eine Regelung im Tarifvertrag.
Damit die Überstunden anerkannt werden, muss der Arbeitgeber sie anordnen oder zumindest dulden. Bleibst du auf eigene Faust und ohne Kenntnis deines Chefs länger im Büro, kannst du nicht mit einer Vergütung oder einem Ausgleich rechnen.
Mehr zu deinen Rechten und Pflichten beim Thema Überstunden liest du auf unserer Themenseite.
Überstunden auszahlen lassen oder abfeiern?
Gibt es eine Überstundenregelung im Unternehmen, dann ist meist auch geklärt, ob du dir Überstunden auszahlen lassen kannst oder dir für deine zusätzliche Arbeit mehr Freizeit zusteht. Beides ist grundsätzlich möglich, wobei der Freizeitausgleich in vielen Fällen die übliche Lösung ist. Auch die Mehrarbeitsregelung in § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) sieht in erster Linie den Freizeitausgleich vor.
Sich wahlweise die Überstunden auszahlen zu lassen, ist in der Regel nur möglich, wenn das entsprechend vereinbart wurde, zum Beispiel im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung. Die Auszahlung ist ansonsten eher eine Alternative, wenn Freizeitausgleich wegen der hohen Arbeitsbelastung nicht möglich ist.
Überstunden auszahlen: Nach Kündigung oft üblich
Auch nach einer Kündigung werden Überstunden oft ausgezahlt, wenn die betreffenden Mitarbeiter keine Gelegenheit mehr haben, Freizeitausgleich zu nehmen.
Denn auch wer kündigt oder gekündigt wird, hat weiterhin ein Recht auf den Ausgleich von aufgelaufenen und erfassten Überstunden. Das gilt auch bei einer fristlosen Kündigung, die sofort wirksam wird und deshalb keine Gelegenheit für einen Überstundenausgleich per Freizeit bietet. Schließt dein Arbeitsvertrag einen Überstundenausgleich für den Fall einer Kündigung aus, kann diese Regelung unwirksam sein. Dazu solltest du dir bei Bedarf rechtlichen Rat einholen.
Wie werden Überstunden vergütet?
Ist mit deinem Arbeitgeber ein finanzieller Ausgleich von Überstunden vereinbart, dann kann dieser auf zwei Arten stattfinden.
- Die zusätzlich geleisteten Stunden werden dir zusätzlich zum Gehalt vergütet, und zwar mit deinem regulären Stundenlohn. Dazu wird dein Stundenlohn ermittelt und mit der angefallenen Anzahl von Überstunden multipliziert.
- Oder: Du bekommst einen bestimmten Zuschlag für deine geleisteten Überstunden, dessen Höhe vertraglich festgelegt ist.
Voraussetzung ist, dass du die Menge der Überstunden nachweisen kannst. Es ist also sinnvoll, darüber Buch zu führen und dabei auch Datum und Anlass der zusätzlichen Arbeit zu notieren.
Übrigens: In manchen Arbeitsverträgen finden sich Passagen wie “Mit der vorstehenden Vergütung sind erforderliche Überstunden des Arbeitnehmers abgegolten.” Solche pauschalen Formulierungen sind allerdings unklar und damit ungültig.
Überstunden auszahlen lassen: Was heißt das für die Steuer?
Bekommst du einen finanziellen Ausgleich für Überstunden, erhöht dieser dein normales Gehalt. Weil du also mehr verdienst, musst du auch mehr Steuern zahlen. Sofern möglich, kann es für dich deshalb sinnvoller sein, statt Auszahlung die Alternative des Freizeitausgleichs zu wählen.
Ausnahme: Sind sie über einen längeren Zeitraum angefallen, können die Überstunden in manchen Fällen per Einmalzahlung abgegolten werden, wenn Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich darauf einigen.
In dem Fall kann eine ermäßigte Besteuerung nach der sogenannten Fünftelregelung möglich sein, die sich bei einer "Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit" (§ 34 Abs. 2 Nr. 4 Einkommensteuergesetz) anwenden lässt. So hat es beispielsweise das Finanzgericht Münster (AZ 3 K 1007/18 E) 2019 entschieden. Dazu läuft allerdings noch eine Revision beim Bundesfinanzhof (BFH). Lehnt das Finanzamt deshalb deinen Antrag auf die Fünftelregelung ab, solltest es du darum bitten, dass es darüber erst nach dem Einspruchsverfahren beim BFH (AZ VI R 23/19) endgültig entscheidet.
- Ob und in welchem Rahmen Überstunden ausgezahlt oder anderweitig vergolten werden, ist in der Regel per Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt.
- Der Anspruch darauf bleibt auch bei einer Kündigung erhalten.
- Bei der Auszahlung erhöht sich das steuerpflichtige Gehalt.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.