Eine junge Frau mit Pferdeschwanz sitzt mit Smartphone vorm Bildschirm im Büro und gähnt © iStock.com/Keeproll

12. Februar 2025, 14:40 Uhr

Darf ich eigentlich? Über­stun­den bei Teilzeit: Was ist zulässig und was nicht?

Eine Kollegin ist krank, ein anderer Kollege in Elternzeit: Also übernimmst du vorübergehend mehr Aufgaben. Doch hier eine halbe, da eine ganze Stunde mehr – das läppert sich. Umso ärgerlicher, wenn du in Teilzeit arbeitest. Wie viele Überstunden in Teilzeit sind eigentlich rechtens? Und hast du Anspruch auf einen Ausgleich? Mehr dazu erfährst du in diesem Artikel.

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Über­stun­den bei Teilzeit: Ist das erlaubt?

Grundsätzlich gilt: Arbeitnehmende müssen nur so viele Stunden ableisten, wie in ihrem Arbeitsvertrag festgelegt sind. Überstunden sind gesetzlich zwar nicht verboten, sollten sich aber im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) bewegen. Außerdem steht dir für jede Stunde, die du mehr gearbeitet hast, prinzipiell ein Ausgleich zu – etwa als Freizeitausgleich oder finanzieller Ausgleich. Das zählt besonders für vom Arbeitgeber angeordnete Mehrarbeit.

Doch gilt das alles auch für Überstunden bei Teilzeitbeschäftigten? Ja. Hier sollten erst recht keine Überstunden anfallen, da sie dem Teilzeitprinzip mit weniger Arbeitsstunden pro Woche entgegenstehen. Es gibt aber Ausnahmen, bei denen Überstunden auch in Teilzeit in gewissem Maße erlaubt sind:

  • Abwei­chen­de Rege­lun­gen im Tarif­ver­trag, dem Arbeits­ver­trag oder in der Betriebsvereinbarung
  • In Not­si­tua­tio­nen, etwa bei Natur­ka­ta­stro­phen oder einem Brand

Gut zu wissen: Gibt es keine vertraglichen Regelungen zu Überstunden und liegt keine Notfallsituation vor, kannst du von deinem Arbeitgeber angeordnete Überstunden verweigern. Kommt es darüber zu Streit oder dein Arbeitgeber droht mit Kündigung, solltest du dir rechtlichen Beistand holen.

Info

Über­stun­den bei Mut­ter­schutz und Elternzeit

Bist du schwanger oder befindest dich bereits in der Elternzeit, sind Überstunden nicht erlaubt – auch nicht, wenn dein Arbeitgeber diese anordnet. Für Schwangere greift hier § 4 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Dein Arbeitgeber muss seine Fürsorgepflichten dir gegenüber einhalten und macht sich strafbar, sollte er Überstunden von dir abverlangen.

Während der Elternzeit darfst du maximal 32 Stunden pro Woche arbeiten – ordnet dein Arbeitgeber darüber hinausgehende Mehrarbeit an, kannst du diese verweigern.

Wichtig: Leistest du trotz Teilzeit ständig Überstunden, etwa wegen Personalmangels in deiner Firma, solltest du das Gespräch mit deinem Arbeitgeber suchen.

Denn für alle Überstunden gilt: Leiste diese nur ab, wenn sie explizit von deinem Arbeitgeber angeordnet werden – oder aber setze deinen Arbeitgeber unbedingt in Kenntnis, wenn du ohne Anordnung Mehrarbeit geleistet hast. So bist du auf der sicheren Seite, wenn du deine Ansprüche auf Ausgleich durchsetzen willst.

Ein junger Vater sitzt bei schwachem Licht zuhause vor dem Laptop und hält sein Baby auf dem Arm
© iStock.com/ZeljKosantrac

Über­stun­den abbauen bei Teilzeit: Diese Mög­lich­kei­ten hast du

Du hast vorübergehend mehr gearbeitet als dein Teilzeitvertrag festlegt und möchtest dir die Überstunden auszahlen lassen? Das ist nicht immer möglich. Oftmals ist gemäß Mehrarbeitsregelung in § 3 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) der Freizeitausgleich die gängigere Variante.

Überstunden werden meist nur dann vergütet,wenn das vertraglich vereinbart oder eine anderweitige Übereinkunft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer getroffen wurde. Ist ein Freizeitausgleich aber nicht möglich, etwa weil du deine Stelle bereits gekündigt hast, ist eine Vergütung der Überstunden möglich.

Wenn dir Überstunden vergütet werden, gilt Folgendes:

  • Sind in deinem Arbeits- oder Tarif­ver­trag oder in der Betriebs­ver­ein­ba­rung keine expli­zi­ten Rege­lun­gen dazu enthalten, werden Über­stun­den mit deinem normalen Stun­den­lohn vergütet.
  • Gibt es in deinem Arbeits­ver­trag eine Regelung zum Über­stun­den­zu­schlag (er liegt meist zwischen 15 und 40 Prozent), wird dieser auf dein Nor­mal­ge­halt aufgeschlagen.

In deinem Arbeitsvertrag finden sich die Klausel „Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten“ oder ähnliche Formulierungen? Achtung: Solche Regelungen sind oft unwirksam. Mehr findest du in unserem Ratgeber hierzu.

Info

Urteil des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) zu Über­stun­den bei Teilzeit

Bei Überstundenzuschlägen dürfen Arbeitnehmende in Teilzeit nicht mehr schlechter behandelt werden als Vollzeitbeschäftigte – so entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil (AZ 8 AZR 370/20). Dem Urteil legte das Gericht § 4 Abs. 1 Teilzeit und Befristungsgesetz (TzBfG) zugrunde, der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten verbietet.

Eine Krankenpflegerin hatte gegen ihren Arbeitgeber geklagt, denn nur Vollzeitbeschäftigte sollten laut Tarifvertrag ihres Arbeitgebers 30 Prozent Zuschlag auf Überstunden bekommen – Teilzeitkräfte nicht. Die in Teilzeit beschäftigte Klägerin hatte 130 Überstunden angesammelt, für die sie keinen Überstundenzuschlag oder entsprechende Zeitgutschriften erhalten sollte. Das BAG sprach ihr diese Zeitgutschriften zu.

Ein Bauarbeiter mit Warnweste und Helm in der Hand schwitzt und wischt sich mit dem Arm die Stirn ab
© iStock.com/coffeekai

Von Teilzeit zu Vollzeit wegen Über­stun­den: Geht das?

Alle Informationen zur Arbeitsrechtsschutz von ADVOCARD

Wenn du als Teilzeitkraft über einen längeren Zeitraum so viele Überstunden machst, dass diese einer Vollzeitstelle entsprechen, fragst du dich sicher, ob daraus ein Anspruch auf eine Vollzeitstelle entstehen könnte. Denn von außen betrachtet stellt die regelmäßige Mehrarbeit offensichtlich eine einvernehmliche Lösung zwischen dir und deinem Arbeitgeber dar – auch wenn dein Vertrag weniger Stunden vorsieht.

Gut zu wissen: Das kann unter gewissen Umständen tatsächlich als eine „stillschweigende Änderung“ des Arbeitsvertrags von einer Teilzeit- in eine Vollzeitstelle angesehen werden. Das entschied das Landesgericht Hamm (AZ 8 Sa 2046/05). Im vorliegenden Fall wurde die in Teilzeit angestellte Klägerin von ihrem Arbeitgeber über Jahre hinweg im Umfang einer Vollzeitstelle beschäftigt. Anschließend wurde sie jedoch wieder im Umfang der im Arbeitsvertrag festgelegten 28,5 Stunden eingesetzt.

Der Arbeitgeber wäre seiner Angestellten gegenüber in sogenannten „Annahmeverzug“ geraten, so das Gericht – und gab der Klägerin Recht. Sie hätte Anspruch darauf, weiterhin im jahrelang üblichen Vollzeitumfang beschäftigt zu werden. Das heißt konkret: Wenn du über ein Jahr oder sogar länger so viele Überstunden leistest, dass es einer Vollzeitstelle gleichkommt, hast du als Teilzeitkraft prinzipiell Anspruch auf eine dauerhafte Vollzeitbeschäftigung.

FAQ

  • Darf man in Teilzeit Über­stun­den machen?

Ja, Teilzeitkräfte dürfen rechtlich gesehen Überstunden machen. Diese müssen jedoch vom Arbeitgeber angeordnet oder zumindest mit diesem abgesprochen sein. Zu Überstunden verpflichtet bist du allerdings nur, wenn das vertraglich vereinbart wurde oder ein Notfall vorliegt.

  • Was zählt bei Teilzeit als Überstunden?

Als Überstunden bei Teilzeit gelten alle Stunden, die über die vertraglich festgelegten Arbeitsstunden hinausgehen. Für diese Mehrarbeit steht dir ein Freizeitausgleich oder unter Umständen ein finanzieller Ausgleich zu.

  • Wie viel Über­stun­den sind zulässig bei Teilzeit?

Grundsätzlich sollten bei Teilzeitbeschäftigten keine Überstunden anfallen. Ist das dennoch der Fall, müssen sich die Überstunden im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) bewegen.

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