
19. Februar 2025, 17:24 Uhr
Fake oder Fakt? Überwachung von Mitarbeitern: Infos für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
Moderne Technologien ermöglichen es Arbeitgebern, minutengenau nachzuvollziehen, wann du arbeitest, welche PC-Programme du nutzt oder ob du eine Pause machst. Doch welche Maßnahmen sind rechtlich zulässig, und wo überschreiten Arbeitgeber die Grenze zur unzulässigen Kontrolle? Was du hierzu wissen solltest, liest du in diesem Ratgeber.
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Mitarbeiter überwachen: Diese Regelungen gelten
Die Überwachung von Mitarbeitern – ob vor Ort oder im Homeoffice – ist in Deutschland durch verschiedene Gesetze reguliert. Diese schützen die Persönlichkeitsrechte der Beschäftigten und setzen klare Grenzen für den Einsatz von Überwachungsmaßnahmen.
- Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Arbeitgeber dürfen personenbezogene Daten von ihren Angestellten nur erheben, wenn eine rechtliche Grundlage besteht, etwa eine freiwillige Einwilligung der Mitarbeitenden oder ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers.
- Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG): Der Betriebsrat muss bei der Einführung technischer Überwachungssysteme mitbestimmen. Das verhindert, dass Arbeitgeber eigenmächtig Kontrollmaßnahmen einführen.
- Grundgesetz (GG): Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Eingriffen in ihre Privatsphäre.
Der Datenschutz ist bei der Mitarbeiterüberwachung besonders streng: Unternehmen dürfen die Aktivitäten ihrer Angestellten nur in engen Grenzen kontrollieren.
Überwachungsmaßnahmen sind deshalb nur dann zulässig, wenn sie erforderlich und verhältnismäßig sind. Eine anlasslose Kontrolle ist in der Regel unzulässig. Unternehmen müssen zudem die Mitarbeitenden über bestehende Überwachungen informieren.
Arten von Mitarbeiterüberwachung am Arbeitsplatz
Zur Mitarbeiterüberwachung zählen Maßnahmen, die das Verhalten oder die Leistung der Beschäftigten kontrollieren – offen oder verdeckt.
Zu den häufigsten Formen gehören:
- Videoüberwachung in Verkaufsräumen oder Eingangsbereichen
- Telefon- und E-Mail-Kontrolle, besonders bei Verdacht auf Missbrauch
- Internet- und PC-Überwachung, etwa durch Protokollierung von Webseitenaufrufen
- GPS-Tracking, besonders bei Dienstfahrzeugen
- Zeiterfassungssysteme, die Arbeitsbeginn, Pausen und Arbeitsende dokumentieren
Dann ist Überwachung am Arbeitsplatz gerechtfertigt
Für Arbeitgeber kann eine gezielte Überwachung der Angestellten notwendig sein, um etwa Diebstahl zu verhindern, Arbeitszeiten zu kontrollieren oder Betriebsabläufe zu optimieren. Arbeitnehmer hingegen haben ein berechtigtes Interesse daran, dass ihr Privatleben und ihre Persönlichkeitsrechte nicht verletzt werden.
Liegen berechtigte betriebliche Interessen vor, sind manche Überwachungsmaßnahmen zulässig. Dazu gehören etwa:
- Waren- und Eigentumsschutz: Unternehmen im Einzelhandel dürfen etwa nach § 6b BDSG in öffentlich zugänglichen Räumen Überwachungskameras einsetzen, um Ladendiebstahl zu verhindern. Allerdings müssen Arbeitnehmende über die Kameras informiert werden.
- GPS-Überwachung von Dienstfahrzeugen: Wenn der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse daran hat, den Standort der Firmenfahrzeuge zu verfolgen, etwa zur Routenoptimierung oder zum Schutz vor Diebstahl, kann das Tracking erlaubt sein. Allerdings ist eine dauerhafte Standortüberwachung in der Freizeit der Beschäftigten nicht zulässig. Das bestätigte das Verwaltungsgericht Lüneburg 2019 (AZ 4 A 12/19).
- E-Mail- und Internetnutzung: Ist die private Nutzung dienstlicher E-Mail- und Internetzugänge untersagt, kann eine stichprobenartige Kontrolle der Nutzungsdaten unter Auflagen zulässig sein. Private Nachrichten dürfen jedoch nicht eingesehen werden.
- Arbeitszeiterfassung: Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Angestellten systematisch zu erfassen, wie das Bundesarbeitsgericht 2022 bestätigte (AZ 1 ABR 22/21).

Unzulässige Überwachungsmaßnahmen und ihre Konsequenzen
Einige Überwachungsmethoden sind grundsätzlich gar nicht oder nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. So ist etwa die Beauftragung eines Detektivs, um festzustellen, ob ein Angestellter tatsächlich krank ist, nicht erlaubt: Der Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit allein ist nicht ausreichend, um eine solche Kontrolle zu rechtfertigen, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) urteilte (AZ 8 AZR 1007/13).
Auch die Installation verdeckter Kameras am Arbeitsplatz, um mutmaßliche Pflichtverstöße von Mitarbeitern aufzudecken, ist nicht zulässig. Das BAG entschied: Verdeckte Videoüberwachung von Mitarbeitern ist nur erlaubt, wenn ein konkreter, auf Tatsachen beruhender Verdacht auf eine Straftat vorliegt. Eine anlasslose, andauernde Überwachung sei rechtswidrig (AZ 1 ABR 34/03).
Moderne Technik macht es möglich, per Keylogger-Software sämtliche Tastatureingaben und Mausbewegungen aufzuzeichnen. Als Überwachung ist diese Maßnahme allerdings unzulässig, da sie einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer darstelle, so das BAG (AZ 2 AZR 681/16).
Arbeitgeber besucht kranken Mitarbeiter: Darf er das?
Du liegst verschnupft auf dem Sofa, als es plötzlich klingelt. Auch das noch: Deine Vorgesetzte steht vor der Tür, um sich nach deinem Wohlbefinden zu erkundigen. Mit einem mulmigen Gefühl schließt du die Tür wieder. War das ein Kontrollbesuch, ob du wirklich krank bist? Und dürfen Arbeitgeber das überhaupt?
Ja, das dürfen sie. Aber durchatmen – du bist in so einem Fall nicht verpflichtet, die Tür zu öffnen. Ebenfalls gut zu wissen: Du musst Fragen über deinen Gesundheitszustand nicht beantworten.
Arbeitgeber, die sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben halten, müssen mit arbeits-, datenschutz-, straf- und zivilrechtlichen Konsequenzen rechnen. Mögliche Sanktionen sind je nach Verstoß unter anderem Bußgelder in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro oder bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes, aber auch Freiheitsstrafen. Hinzu kommen mögliche Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen betroffener Arbeitnehmer sowie Imageschäden für das Unternehmen.

Rechte und Schutzmöglichkeiten für Arbeitnehmer
Arbeitnehmer müssen sich nicht schutzlos einer unzulässigen Überwachung aussetzen. Wichtig ist zunächst, Anzeichen für eine übermäßige Kontrolle zu erkennen. Wenn auffällig detaillierte Rückmeldungen zum eigenen Arbeitsverhalten erfolgen oder sich verdächtige Software auf dem Dienstrechner befindet, kann das auf eine heimliche Überwachung hindeuten.
In solchen Fällen hast du verschiedene Möglichkeiten, die unzulässige Überwachung zu verhindern oder dich gegen Verstöße zur Wehr zu setzen:
- Gespräch mit Vorgesetzten oder dem Betriebsrat: Oft lassen sich Missverständnisse bereits intern lösen. Kommt es zum Streit mit deinem Arbeitgeber, kann eine Mediation zielführend sein.
- Einschalten des Datenschutzbeauftragten: Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern müssen einen Datenschutzbeauftragten benennen. Er ist verpflichtet, die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen zu überprüfen und kann bei Datenschutzfragen helfen.
- Rechtliche Schritte einleiten: Falls eine ernsthafte Verletzung deines Persönlichkeitsrechts vorliegt und interne Lösungen scheitern, kannst du dich an die Datenschutzbehörde oder ein Arbeitsgericht wenden. In diesem Fall solltest du dir rechtlichen Beistand suchen.
FAQ
- Darf man Mitarbeiter überwachen?
Ja, aber nur mit berechtigtem Interesse, unter strengen gesetzlichen Vorgaben und unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Angestellten.
- Was ist bei Mitarbeiterüberwachung erlaubt?
Erlaubt sind verhältnismäßige Überwachungsmaßnahmen zur Sicherheit oder Arbeitszeiterfassung, vorausgesetzt, die Mitarbeiter werden darüber informiert oder aber es liegt ein konkreter Verdacht auf eine Straftat vor.
- Wann ist Videoüberwachung am Arbeitsplatz erlaubt?
Videoüberwachung kann gerechtfertigt sein, wenn sie aus legitimen Gründen (z. B. Diebstahlschutz) erfolgt und es keine milderen Mittel hierfür gibt, die Überwachung offen kommuniziert wird und keine schutzwürdigen Interessen verletzt werden.
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