1. Dezember 2022, 11:10 Uhr
Fake oder Fakt? Weihnachtsgeld: Anspruch, Höhe und weitere Regelungen
Zusätzlich zum Gehalt bekommen rund 54 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland Weihnachtsgeld. Für wen die Chancen auf diese Sonderzahlung gutstehen, hängt dabei von vielen Faktoren ab. Auch wie viel Geld es zum Jahresende extra gibt, ist unterschiedlich. Alles, was du über deinen Anspruch, die Höhe und andere Regelungen zum Weihnachtsgeld wissen musst, erfährst du hier.
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Anspruch auf Weihnachtsgeld: Sind Arbeitgeber in der Pflicht?
Beim Weihnachtsgeld handelt es sich um eine Sonderzahlung, die Angestellte üblicherweise mit dem November- oder Dezembergehalt ausgezahlt bekommen. Allerdings sind Arbeitgeber für gewöhnlich nicht zur Zahlung verpflichtet, wenn keine feste Vereinbarung darüber getroffen wurde – und konkrete gesetzliche Regelungen gibt es dazu nicht.
Ob du Weihnachtsgeld erhältst – und wenn ja, wie viel –, kommt vor allem auf die Vereinbarungen im Arbeits- oder Tarifvertrag an. In Tarifverträgen wie beispielsweise im öffentlichen Dienst ist häufig eine Jahressonderzahlung vereinbart, in der Urlaubs- und Weihnachtsgeld zusammengefasst werden. Aber auch aus anderen Arbeitsverträgen können sich Ansprüche auf Weihnachtsgeld ergeben – wenn dort beispielsweise festgehalten wurde, dass Weihnachtsgeld in Höhe eines Bruttomonatsgehalts gezahlt werden soll. Manchmal ist ein entsprechender Punkt auch Teil der Betriebsvereinbarung – diese kann jedoch verändert oder aufgekündigt werden.
Dennoch steht es dem Arbeitgeber frei, auch ohne vertragliche Vereinbarung Weihnachtsgeld zu zahlen – und sich damit offen zu halten, ob dies auch in den darauffolgenden Jahren gilt. Gut zu wissen: Nach dreimaliger vorbehaltloser Auszahlung von Weihnachtsgeld entsteht eine sogenannte betriebliche Übung. Daraus kann sich wiederum ein Anspruch ableiten lassen, sodass der Arbeitgeber ab dem vierten Jahr zur Zahlung von Weihnachtsgeld verpflichtet ist.
Mit einer entsprechenden Klausel im Vertrag, dem sogenannten Freiwilligkeitsvorbehalt, können Arbeitgeber das jedoch unterbinden: Hier kann beispielsweise festgehalten werden, dass Weihnachtsgeld (genau wie etwaige andere Sonderzahlungen) freiwillig gewährt wird, und weder in Hinblick auf die Höhe noch auf die Regelmäßigkeit der Zahlung Ansprüche seitens der Angestellten bestehen. Ein solcher Hinweis kann auch jährlich erfolgen – dadurch wird die betriebliche Übung bei regelmäßigen Zahlungen ebenfalls verhindert.
Inflationsprämie statt Weihnachtsgeld?
Aufgrund der steigenden Inflation und immer höheren Energiekosten empfiehlt der Staat aktuell die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie: Arbeitgeber können ihren Angestellten bis zum 31. Dezember 2024 eine einmalige Sonderzahlung in Höhe von bis zu 3.000 Euro steuer- und sozialabgabenfrei zusätzlich zum Gehalt auszahlen.
Die Inflationsprämie darf jedoch nicht anstatt eines anderen Betrags gezahlt werden: Eine vereinbarte leistungsbezogene Prämie oder ein vertraglich festgehaltenes Weihnachtsgeld kann also nicht einfach als Inflationsausgleich bezeichnet werden. Hält sich der Arbeitgeber nicht daran und wird überführt, muss er die Sozialversicherungsbeiträge und Steuern nachzahlen. Für die Angestellten hat es jedoch keinerlei Folgen, wenn eine Nettozahlung durch den Arbeitgeber auf freiwilliger Basis erfolgt.
Weihnachtsgeld auch bei Neueinstellung oder Teilzeit?
Zahlt ein Unternehmen Weihnachtsgeld, müssen nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz alle Angestellten berücksichtigt werden – außer, es liegt ein konkreter Grund vor, der dagegenspricht. Beispielsweise können ein höheres Gehalt, eine leistungsabhängige variable Vergütung oder eine erst kurze Unternehmenszugehörigkeit durch Neueinstellung gegen die Zahlung von Weihnachtsgeld sprechen.
Eine Teilzeitbeschäftigung oder Befristung sind hingegen keine Argumente gegen die Auszahlung von Weihnachtsgeld. Nach § 4 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sind diesen Angestellten geldwerte Leistungen in mindestens entsprechend anteiligem Umfang zu gewähren. Dabei müssen auch Minijobber und Werkstudenten berücksichtigt werden.
Wie viel Weihnachtsgeld ist üblich und ist es steuerfrei?
Wer Weihnachtsgeld bekommt, erhält in der Regel einen gewissen Prozentsatz des vertraglich vereinbarten Monatsgehalts. Fixe Summen gibt es nur selten. Dabei ist das Weihnachtsgeld nicht steuerfrei: Sozialversicherungsbeiträge und Steuern werden vor Auszahlung abgezogen. Laut der Statista-Konsumentenbefragung mit 1.044 Befragten erhält die Mehrheit der Angestellten einen Betrag, der in etwa einem Monatsgehalt entspricht. Je ein knappes Viertel erhält weniger als ein Monatsgehalt oder eine Summe zwischen einem und drei Monatsgehältern.
Diese Faktoren haben großen Einfluss aufs Weihnachtsgeld
Ein Anspruch auf Weihnachtsgeld kann sich also zum Beispiel aus dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag oder der Betriebsvereinbarung ergeben. Statistisch haben westdeutsche Männer mit einer unbefristeten Vollzeitstelle die besten Chancen auf Weihnachtsgeld – vor allem in Verbindung mit einem Tarifvertrag.
- Ost und West: 56 Prozent der Angestellten in Westdeutschland erhalten Weihnachtsgeld. Im Osten sind es dagegen nur 43 Prozent.
- Vollzeit und Teilzeit: 55 Prozent der Vollzeitbeschäftigten, aber nur 50 Prozent der Menschen mit einer Teilzeitstelle erhalten die Zahlung.
- befristet oder unbefristet: 54 Prozent der unbefristet Beschäftigten bekommen Weihnachtsgeld. Das gibt es nur für 48 Prozent der Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag.
- Männer und Frauen: 55 Prozent der befragten Männer erhalten zu Weihnachten eine Sonderzahlung. Unter den Frauen sind es nur 52 Prozent.
- Tarifvertrag: Überdurchschnittlich gut sind die Chancen auf Weihnachtsgeld für Arbeitnehmer mit Tarifvertrag: 79 Prozent von ihnen bekommen die Zusatzzahlung. Bei den Angestellten ohne Tarifvertrag sind es nur 42 Prozent.
Weihnachtsgeld bei Krankheit, in Elternzeit oder nach Kündigung
Oft verändert sich die Situation von Arbeitnehmern mit der Zeit: Vielleicht musstest du eine Krankheit auskurieren, hast ein Kind bekommen und warst in Elternzeit – oder hast sogar deine aktuelle Stelle gekündigt. Hast du in diesen Fällen dennoch Anspruch auf Weihnachtsgeld?
Weihnachtsgeld bei Krankheit: Der Arbeitgeber hat nach § 4a Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) das Recht, Sonderzahlungen wie Weihnachtsgeld anteilig zu kürzen, wenn du im laufenden Jahr krank warst. Allerdings darf die Kürzung pro Krankheitstag dabei höchstens ein Viertel deines durchschnittlichen Tagesgehalts betragen.
Weihnachtsgeld trotz Mutterschutz: Arbeitnehmerinnen, die sich im Laufe eines Jahres in Mutterschutz befinden, darf Weihnachtsgeld weder gestrichen noch gekürzt werden.Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) stünde dies im Gegensatz zum Diskriminierungsverbot (AZ RS C-333/97).
Weihnachtsgeld in Elternzeit: Hast du vertraglichen Anspruch auf Weihnachtsgeld, steht es dir auch während oder nach der Elternzeit zu. Bei freiwilligen Zahlungen des Arbeitgebers, durch die lediglich ein Anspruch aus betrieblicher Übung entstanden ist, kann dies anders sein. Hier kommt es darauf an, ob die Sonderzahlung reinen Entgeltcharakter hat, also lediglich geleistete Arbeit zusätzlich vergütet werden soll, oder ob sie eine Belohnung der Betriebstreue darstellt. Bei Entgeltcharakter oder einer Mischform hast du – je nach Dauer der Elternzeit – anteiligen Anspruch auf Weihnachtsgeld für die Monate, die du im betreffenden Jahr gearbeitet hast. Bei einer Belohnung der Betriebstreue kannst du das volle Weihnachtsgeld beanspruchen.
Weihnachtsgeld nach Kündigung: Auch hier ist die Unterscheidung zwischen Entgeltcharakter und Belohnung der Betriebstreue entscheidend. Bei reinem Entgeltcharakter oder einer Mischform steht dir nach der Kündigung ein anteiliges Weihnachtsgeld zu. Soll jedoch allein die Betriebstreue honoriert werden, kann es sein, dass du kein Weihnachtsgeld erhältst oder es – je nach Austrittstermin – ganz oder teilweise zurückzahlen musst. Mehr über die Rückzahlung von Weihnachtsgeld liest du hier.
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