Zwischenzeugnis anfordern: Haben Arbeitnehmer Anspruch darauf? Eine junge Frau mit kurzen Haaren sitzt an einem Büro-Schreibtisch einer älteren Frau gegenüber. © iStock.com/Choreograph

24. Mai 2023, 13:26 Uhr

Durchatmen Zwi­schen­zeug­nis anfordern: Haben Arbeit­neh­mer Anspruch darauf?

Willst du als Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis anfordern, solltest du dafür einen guten Grund nennen können. Ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erstellen, bedeutet für den Arbeitgeber schließlich einen gewissen Aufwand – und eine verbindliche gesetzliche Verpflichtung gibt es zudem nicht. Wann und aus welchen Gründen du das Zwischenzeugnis auch ohne Kündigung anfordern kannst, liest du in diesem Artikel.

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Zwi­schen­zeug­nis auch ohne gesetz­li­chen Anspruch beantragen

Während Arbeitnehmern gemäß § 109 der Gewerbeordnung (GewO) mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zusteht, gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf die Ausstellung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses. Eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers kann aber zum Beispiel tarifvertraglich geregelt sein.

Dennoch besteht für alle Arbeitnehmer die Möglichkeit, auch während eines laufenden Vertrags ein Zwischenzeugnis anzufordern, solange sie einen triftigen Grund für ihre Anfrage nennen.

Triftige Gründe für die Bean­tra­gung eines Zwischenzeugnisses

Äußerst du gegenüber deinem Arbeitgeber den Wunsch nach einem qualifizierten Zwischenzeugnis, solltest du ein berechtigtes Interesse daran begründen können. Liegt dieses vor, sollte dein Arbeitgeber den Wunsch im Normalfall nicht ablehnen.

Triftige Gründe für die Ausstellung des Zeugnisses können beispielsweise sein:

  • Das Arbeits­ver­hält­nis ändert sich intern durch eine Beför­de­rung, einen Wechsel in eine andere Abteilung, durch eine Ver­set­zung oder auch durch neue Vorgesetzte.
  • Der Arbeit­ge­ber kündigt große unter­neh­mens­wei­te Ver­än­de­run­gen an, wie etwa eine zukünf­ti­ge Fir­men­über­nah­me oder betriebs­be­ding­te Stellenstreichung.
  • Du stehst vor einer längeren beruf­li­chen Auszeit – zum Beispiel einer Eltern­zeit oder einem Sabbatical.
  • Du bist schon lange im Betrieb und es wurde seit mehreren Jahren kein Zwi­schen­zeug­nis aus­ge­stellt – im Schnitt ist die Leis­tungs­be­ur­tei­lung übrigens etwa alle drei Jahre legitim.
  • Das Zwi­schen­zeug­nis wird für behörd­li­che oder gericht­li­che Zwecke benötigt.
  • Es besteht der Wunsch nach einem Hier ist es natürlich stark von der indi­vi­du­el­len Situation abhängig, ob du dies dem Arbeit­ge­ber offen kom­mu­ni­zie­ren kannst und solltest.

Liegt ein triftiger Grund vor, kann das Ausstellen eines Zwischenzeugnisses für den Arbeitgeber sogar eine sogenannte vertragliche Nebenpflicht bedeuten. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht 2020 (AZ 7 AZR 100/19). Dabei kommt es aber jeweils auf den Einzelfall an.

INFO

Was steht im Zwischenzeugnis?

Generell gibt es beim Zwischenzeugnis zwei Arten, genau wie beim Endzeugnis: das einfache und das qualifizierte Zeugnis. In der einfachen Variante sind lediglich grundlegende Angaben im Dokument enthalten, wie etwa der Beginn des Arbeitsverhältnisses oder eine Unternehmensbeschreibung. Um eine tatsächliche Leistungsbeurteilung zu erhalten, solltest du also unbedingt ein qualifiziertes Zwischenzeugnis beantragen, das zudem die folgenden Informationen beinhaltet:

  • die Über­schrift „Zwi­schen­zeug­nis“ – um es deutlich vom End­zeug­nis abzugrenzen 
  • eine Tätig­keits- und Leis­tungs­be­schrei­bung in der Gegen­warts­form, da es sich um ein laufendes Arbeits­ver­hält­nis handelt 
  • der Grund der Aus­stel­lung des Zwischenzeugnisses 
  • eine Schluss­for­mel mit Dank­sa­gung an den Arbeitnehmer

Wie bei jedem Arbeitszeugnis solltest du auch beim qualifizierten Zwischenzeugnis auf die Formulierungen achten und was diese wirklich bedeuten.

Alle Informationen zur Arbeitsrechtsschutz von ADVOCARDDas solltest du bei der Anfrage beachten

Fragst du ein qualifiziertes Zwischenzeugnis an, kann dein Arbeitgeber unter Umständen deine Gründe anzweifeln. Vielleicht strebst du in seinen Augen insgeheim doch einen Jobwechsel an? Dadurch kann sich möglicherweise das Arbeitsklima und somit auch die weitere Zusammenarbeit verschlechtern – egal, ob diese Bedenken berechtigt sind oder nicht.

Nicht in jedem Arbeitsverhältnis ist es möglich, offen über den Wunsch nach einem Jobwechsel zu sprechen. Deshalb solltest du bei deiner Anfrage nach einem Zwischenzeugnis vorsichtig vorgehen. Ein potenzieller neuer Arbeitgeber wird zudem in der Regel Verständnis dafür haben, dass durch das laufende Arbeitsverhältnis noch kein aktuelles Zeugnis vorliegt.

Deine Anfrage nach einem Zwischenzeugnis solltest du in Schriftform unter Angabe des Grundes bei deinem Arbeitgeber einreichen. Als Zeitpunkt ist beispielsweise das jährliche Mitarbeitergespräch gut geeignet, um ein Zwischenzeugnis anzufordern.

Der Arbeit­ge­ber stellt kein Zwi­schen­zeug­nis aus – und nun?

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber für das Erstellen des Zwischenzeugnisses keine Frist einhalten, aber in der Regel ist es üblich, dass das Dokument innerhalb von zwei bis drei Wochen ausgegeben wird.

Stellt dein Arbeitgeber trotz Angabe berechtigter Gründe kein qualifiziertes Zwischenzeugnis aus oder verweigert sogar die Ausgabe, solltest du zunächst Ruhe bewahren und ein klärendes Gespräch suchen – eine Mediation kann zur Vermittlung ebenfalls hilfreich sein.

Ist dieser Schritt jedoch nicht erfolgreich, kann dich ein Fachanwalt für Arbeitsrecht zu deinen Möglichkeiten beraten, deinen Wunsch nach einem Zwischenzeugnis auf gerichtlichem Weg durchzusetzen. Du solltest jedoch stets gut abwägen, ob du im laufenden Arbeitsverhältnis einen Rechtsstreit mit deinem Arbeitgeber führen möchtest.

FAZIT
  • Arbeit­ge­ber sind gesetz­lich dazu ver­pflich­tet, bei Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nis­ses ein qua­li­fi­zier­tes Arbeits­zeug­nis aus­zu­stel­len – ein gesetz­li­cher Anspruch auf ein Zwi­schen­zeug­nis besteht aber nicht. 
  • Wenn ein berech­tig­tes Interesse vorliegt – zum Beispiel eine bevor­ste­hen­de längere Auszeit oder unter­neh­mens­in­ter­ne Ver­än­de­run­gen, die deinen Job betreffen –, kann sich dein Arbeit­ge­ber dem Wunsch nach einem Zwi­schen­zeug­nis jedoch in der Regel nicht verweigern. 
  • Um eine Leis­tungs­über­sicht und Tätig­keits­be­schrei­bung zu erhalten, solltest du aus­drück­lich ein qua­li­fi­zier­tes Zwi­schen­zeug­nis anfordern. 
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