24. Mai 2023, 13:26 Uhr
Durchatmen Zwischenzeugnis anfordern: Haben Arbeitnehmer Anspruch darauf?
Willst du als Arbeitnehmer ein Zwischenzeugnis anfordern, solltest du dafür einen guten Grund nennen können. Ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erstellen, bedeutet für den Arbeitgeber schließlich einen gewissen Aufwand – und eine verbindliche gesetzliche Verpflichtung gibt es zudem nicht. Wann und aus welchen Gründen du das Zwischenzeugnis auch ohne Kündigung anfordern kannst, liest du in diesem Artikel.
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Zwischenzeugnis auch ohne gesetzlichen Anspruch beantragen
Während Arbeitnehmern gemäß § 109 der Gewerbeordnung (GewO) mit der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zusteht, gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf die Ausstellung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses. Eine solche Verpflichtung des Arbeitgebers kann aber zum Beispiel tarifvertraglich geregelt sein.
Dennoch besteht für alle Arbeitnehmer die Möglichkeit, auch während eines laufenden Vertrags ein Zwischenzeugnis anzufordern, solange sie einen triftigen Grund für ihre Anfrage nennen.
Triftige Gründe für die Beantragung eines Zwischenzeugnisses
Äußerst du gegenüber deinem Arbeitgeber den Wunsch nach einem qualifizierten Zwischenzeugnis, solltest du ein berechtigtes Interesse daran begründen können. Liegt dieses vor, sollte dein Arbeitgeber den Wunsch im Normalfall nicht ablehnen.
Triftige Gründe für die Ausstellung des Zeugnisses können beispielsweise sein:
- Das Arbeitsverhältnis ändert sich intern durch eine Beförderung, einen Wechsel in eine andere Abteilung, durch eine Versetzung oder auch durch neue Vorgesetzte.
- Der Arbeitgeber kündigt große unternehmensweite Veränderungen an, wie etwa eine zukünftige Firmenübernahme oder betriebsbedingte Stellenstreichung.
- Du stehst vor einer längeren beruflichen Auszeit – zum Beispiel einer Elternzeit oder einem Sabbatical.
- Du bist schon lange im Betrieb und es wurde seit mehreren Jahren kein Zwischenzeugnis ausgestellt – im Schnitt ist die Leistungsbeurteilung übrigens etwa alle drei Jahre legitim.
- Das Zwischenzeugnis wird für behördliche oder gerichtliche Zwecke benötigt.
- Es besteht der Wunsch nach einem Hier ist es natürlich stark von der individuellen Situation abhängig, ob du dies dem Arbeitgeber offen kommunizieren kannst und solltest.
Liegt ein triftiger Grund vor, kann das Ausstellen eines Zwischenzeugnisses für den Arbeitgeber sogar eine sogenannte vertragliche Nebenpflicht bedeuten. Dies entschied das Bundesarbeitsgericht 2020 (AZ 7 AZR 100/19). Dabei kommt es aber jeweils auf den Einzelfall an.
Was steht im Zwischenzeugnis?
Generell gibt es beim Zwischenzeugnis zwei Arten, genau wie beim Endzeugnis: das einfache und das qualifizierte Zeugnis. In der einfachen Variante sind lediglich grundlegende Angaben im Dokument enthalten, wie etwa der Beginn des Arbeitsverhältnisses oder eine Unternehmensbeschreibung. Um eine tatsächliche Leistungsbeurteilung zu erhalten, solltest du also unbedingt ein qualifiziertes Zwischenzeugnis beantragen, das zudem die folgenden Informationen beinhaltet:
- die Überschrift „Zwischenzeugnis“ – um es deutlich vom Endzeugnis abzugrenzen
- eine Tätigkeits- und Leistungsbeschreibung in der Gegenwartsform, da es sich um ein laufendes Arbeitsverhältnis handelt
- der Grund der Ausstellung des Zwischenzeugnisses
- eine Schlussformel mit Danksagung an den Arbeitnehmer
Wie bei jedem Arbeitszeugnis solltest du auch beim qualifizierten Zwischenzeugnis auf die Formulierungen achten und was diese wirklich bedeuten.
Das solltest du bei der Anfrage beachten
Fragst du ein qualifiziertes Zwischenzeugnis an, kann dein Arbeitgeber unter Umständen deine Gründe anzweifeln. Vielleicht strebst du in seinen Augen insgeheim doch einen Jobwechsel an? Dadurch kann sich möglicherweise das Arbeitsklima und somit auch die weitere Zusammenarbeit verschlechtern – egal, ob diese Bedenken berechtigt sind oder nicht.
Nicht in jedem Arbeitsverhältnis ist es möglich, offen über den Wunsch nach einem Jobwechsel zu sprechen. Deshalb solltest du bei deiner Anfrage nach einem Zwischenzeugnis vorsichtig vorgehen. Ein potenzieller neuer Arbeitgeber wird zudem in der Regel Verständnis dafür haben, dass durch das laufende Arbeitsverhältnis noch kein aktuelles Zeugnis vorliegt.
Deine Anfrage nach einem Zwischenzeugnis solltest du in Schriftform unter Angabe des Grundes bei deinem Arbeitgeber einreichen. Als Zeitpunkt ist beispielsweise das jährliche Mitarbeitergespräch gut geeignet, um ein Zwischenzeugnis anzufordern.
Der Arbeitgeber stellt kein Zwischenzeugnis aus – und nun?
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber für das Erstellen des Zwischenzeugnisses keine Frist einhalten, aber in der Regel ist es üblich, dass das Dokument innerhalb von zwei bis drei Wochen ausgegeben wird.
Stellt dein Arbeitgeber trotz Angabe berechtigter Gründe kein qualifiziertes Zwischenzeugnis aus oder verweigert sogar die Ausgabe, solltest du zunächst Ruhe bewahren und ein klärendes Gespräch suchen – eine Mediation kann zur Vermittlung ebenfalls hilfreich sein.
Ist dieser Schritt jedoch nicht erfolgreich, kann dich ein Fachanwalt für Arbeitsrecht zu deinen Möglichkeiten beraten, deinen Wunsch nach einem Zwischenzeugnis auf gerichtlichem Weg durchzusetzen. Du solltest jedoch stets gut abwägen, ob du im laufenden Arbeitsverhältnis einen Rechtsstreit mit deinem Arbeitgeber führen möchtest.
- Arbeitgeber sind gesetzlich dazu verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen – ein gesetzlicher Anspruch auf ein Zwischenzeugnis besteht aber nicht.
- Wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt – zum Beispiel eine bevorstehende längere Auszeit oder unternehmensinterne Veränderungen, die deinen Job betreffen –, kann sich dein Arbeitgeber dem Wunsch nach einem Zwischenzeugnis jedoch in der Regel nicht verweigern.
- Um eine Leistungsübersicht und Tätigkeitsbeschreibung zu erhalten, solltest du ausdrücklich ein qualifiziertes Zwischenzeugnis anfordern.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.