23. November 2019, 16:14 Uhr
So geht’s richtig Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt?
Hat ein Verstorbener kein Testament aufgesetzt und auch keinen Erbvertrag hinterlassen, greift die gesetzliche Erbfolge. Hier erklären wir in Grundzügen, wer unter welchen Bedingungen erbt und wie sich die Erbanteile von Ehegatten, Kindern und weiteren Angehörigen verteilen.
Auch in schwierigen Situationen gut abgesichert: Wir stärken deine Rechte. >>
Wie lautet die gesetzliche Erbfolge? Die Regelungen im BGB
Die gesetzliche Erbfolge ist durch § 1922 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie greift dann, wenn keine Nachlassregelung – etwa ein Testament – vonseiten des Verstorbenen existiert.
Verwandte werden bei der gesetzlichen Erbfolge je nach Verwandtschaftsgrad in drei sogenannte Ordnungen eingeteilt. Ob und – falls ja – zu welchem Anteil du bei der Erbschaft berücksichtigt wirst, hängt von der Ordnung ab, zu der du gehörst. Das System gliedert sich wie folgt:
- Erste Ordnung: Kinder und Enkel des Erblassers
- Zweite Ordnung: Eltern (auch geschiedene Elternteile), Geschwister, Nichten und Neffen
- Dritte Ordnung: Großeltern, Tanten, Onkel, Cousins und Cousinen
Diese drei Kategorien werden dem Verwandtschaftsgrad nach berücksichtigt. Nur wenn keine Kinder oder Enkel existieren, erben die Verwandten der zweiten Ordnung. Erst wenn diese ebenfalls nicht vorhanden sind, erben die Angehörigen der dritten Ordnung.
INFO
Unterschied: Gesetzlicher Erbteil und Pflichtteil
Den Anteil am Nachlass, den Verwandte aufgrund der gesetzlichen Erbfolge erhalten, nennt man den gesetzlichen Erbteil.
Nicht damit zu verwechseln ist der Pflichtteil: Diesen können Ehegatten, Kinder und Eltern des Verstorbenen gemäß § 2303 BGB geltend machen, wenn sie durch eine Nachlassverfügung des Verstorbenen vom Erbe ausgeschlossen wurden, das aber nicht hinnehmen wollen. Der Pflichtteil beträgt dabei die Hälfte des gesetzlichen Erbteils.
Wie man den Pflichtteil einklagt, erfährst du in diesem Streitlotse-Ratgeber.
Wie viel erbt der Ehegatte?
Der Ehepartner gilt nicht als Verwandter und gehört demnach keiner der oben genannten Ordnungen der gesetzlichen Erbfolge an. Trotzdem hat er oder sie in der Regel Erbansprüche. Diese regelt das Ehegattenerbrecht (§ 1931 ff. BGB).
Der Erbteil des Ehegatten ist abhängig von der familiären Situation. Er richtet sich nach dem Güterstand der Ehe und auch danach, ob es Kinder und weitere lebende Angehörige gibt.
Beispiel 1: Ein Mann stirbt und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder.
- Grundsätzlich erbt der hinterbliebene Ehegatte ein Viertel des Nachlasses, wenn es neben ihm noch Verwandte der ersten Ordnung gibt – etwa gemeinsame Kinder.
- Der Anteil des Ehegatten kann sich aber auf die Hälfte erhöhen, wenn die Eheleute in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Dann erbt die Ehefrau in diesem Fall die Hälfte und die beiden Kinder je ein Viertel des Nachlasses.
Beispiel 2: Einer der Ehepartner stirbt, die Ehe war kinderlos.
- In diesem Fall erbt der Ehegatte drei Viertel des Nachlasses. Das restliche Viertel teilen sich weitere Angehörige, zum Beispiel die Eltern und die Geschwister des Verstorbenen.
- Gibt es weder Verwandte der ersten, der zweiten noch der dritten Ordnung, geht das Erbe vollständig an den Ehepartner über.
Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt wann und wie viel?
Erben die Verwandten der ersten Ordnung, dann verteilt sich der Nachlass gemäß der gesetzlichen Erbfolge auf sämtliche Kinder und deren Nachkommen.
- Jedes Kind des Verstorbenen – egal, ob ehelich oder nichtehelich geboren – erbt gemeinsam mit seinen Nachkommen denselben Anteil.
- Eine kleine Einschränkung gilt dabei für nichteheliche Kinder, die erst in höherem Alter erben: Sie werden in der gesetzlichen Erbfolge nur berücksichtigt, wenn sie nach dem 1. Juli 1949 geboren wurden.
- Hat der Erblasser also drei Kinder, von denen eines wiederum drei Kinder, das zweite nur ein Kind und das dritte gar keine Kinder hat, wird der Gesamtanteil der Kinder dennoch durch drei geteilt.
Erben die Verwandten der zweiten Ordnung, weil der Verstorbene keine Kinder und Enkelkinder hinterlässt, dann haben zunächst die noch lebenden Eltern des Verstorbenen Vorrang.
- Leben beide Eltern noch, erben sie jeweils die Hälfte des Nachlasses.
- Lebt beispielsweise nur noch die Mutter des Verstorbenen, erbt sie die Hälfte des Anteils, der auf die Verwandten entfällt. Die andere Hälfte erben anteilig die Nachkommen des bereits verstorbenen Vaters des Erblassers, also die Geschwister des Verstorbenen.
- Sind beide Eltern des Erblassers schon verstorben, erben die Geschwister in diesem Fall anteilig den gesamten Nachlass.
Dabei gilt jeweils: Lebt der Ehegatte des Verstorbenen noch, ist er oder sie daneben gemäß Ehegattenerbrecht (s. o.) zu berücksichtigen. Der Erbanteil der Verwandten erster, zweiter oder dritter Ordnung verringert sich entsprechend.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.