15. Juni 2021, 10:00 Uhr
Darf ich eigentlich? Kita-Gebühr, Abitur & Co.: Corona aus verwaltungsrechtlicher Sicht
Kitas, Schulen und Behörden über Monate geschlossen oder im Notbetrieb: Das Coronavirus hatte massive Auswirkungen auf Einrichtungen, die unter die öffentliche Verwaltung fallen. Mit noch immer spürbaren Folgen für die Bevölkerung. Was für Verbraucher aktuell wichtig ist, liest du hier.
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1. Kita-Gebühren
Kindertagesstätten wurden im Zuge des Lockdowns geschlossen oder boten lange Zeit nur eine Notbetreuung an. Mit sinkenden Corona-Inzidenzwerten kehren viele Kitas nach und nach in den Normalbetrieb zurück.
Ob Eltern auch für die Ausfallzeiten Kita-Gebühren zahlen müssen, hängt vom jeweiligen Wohnort ab. Es gelten die Regelungen der jeweiligen Kommune oder des Bundeslandes. Und die fallen teilweise recht unterschiedlich aus. Manche Kommunen haben die Gebühren für die Zeit des Lockdowns ausgesetzt. Andere erstatten erhobene Beiträge rückwirkend, manche allerdings auch nur teilweise.
Gibt es eine landesweite Regelung für die Erstattung der Elternbeiträge, dann ist sie für alle Kommunen im Bundesland verbindlich. Solche einheitlichen Regelungen zur Kitagebühren-Erstattung bei coronabedingter Schließung legten Anfang 2021 zunächst Bayern, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg fest. Andere Bundesländer zogen später nach, so etwa Thüringen und Sachsen-Anhalt.
Aber auch die Länder-Regelungen sind alles andere als einheitlich:
- Teilweise werden die Kosten für Ausfallzeiten komplett erlassen, zum Teil übernimmt das Land einen Großteil der Gebühren, Eltern müssen jedoch einen Eigenanteil zahlen.
- Dabei spielt es meist auch eine Rolle, ob die Notbetreuung in Anspruch genommen wurde oder nicht.
- Auch die Zeiträume, für die die Kita-Gebühren (teilweise) erstattet werden, können sich je nach Bundesland unterscheiden.
Gibt es in einem Bundesland keine einheitliche Regelung, dürfen die Kommunen selbst festlegen, inwiefern Kita-Gebühren für Ausfallzeiten erstattet werden. Ansprechpartner für Eltern ist in jedem Fall die Stadt- oder Gemeindeverwaltung, da sie die Kita-Gebühren erhebt.
- Abitur, Abschlussprüfungen und freiwillige Wiederholung des Schuljahres
Die Abiturprüfungen und andere schulische Abschlussprüfungen fanden 2021 in allen Bundesländern statt. Trotz des Lockdowns war vorbereitender Präsenzunterricht für Abschlussklassen möglich beziehungsweise gehörten sie zu den ersten Schülern, die wieder zurück in die Schulen durften.
Die Bundesländer trugen den besonderen Belastungen der Abschlussklassen Rechnung und erließen zum Teil erleichternde Regelungen, auf die sich die Kultusministerkonferenz (KMK) Anfang 2021 als Optionen verständigt hatte. Zum Beispiel:
- Verschiebung der Termine für die Abiturprüfungen
- größere Flexibilität der Schulen bei der Themenauswahl je nach konkret behandeltem Unterrichtsstoff
- mehr Arbeitszeit während der Abschlussprüfungen
Wer die Abschlussprüfung beziehungsweise das Abitur 2021 nicht bestanden hat, soll das Schuljahr wiederholen können, ohne dass das zusätzliche Jahr auf die Schulzeit angerechnet wird, so der Beschluss der KMK. Einige Bundesländer, etwa Niedersachsen und Hamburg, eröffnen zudem die Möglichkeit einer freiwilligen Wiederholung des aktuellen Schuljahres für alle Schülerinnen und Schüler.
3. Nutzung von eigenen Ferienwohnungen bzw. Zweitwohnsitzen
Das Verbot touristischer Übernachtungen hat im ersten Lockdown 2020 für viel Ärger zwischen Besitzern von Ferienwohnungen und Anwohnern sowie Behörden am Zweitwohnsitz gesorgt. Einige Bundesländer verhängten Einreiseverbote, sodass Ferienhausbesitzer ihr Eigentum nicht mehr erreichen konnten. Zudem galt in manchen Landkreisen ein Nutzungsverbot für Nebenwohnungen. Die Verwaltungsgerichte entschieden damals unterschiedlich über Anreisen und “Ausweisungen” von Ferienhausbesitzern.
Mittlerweile sind fast überall in Deutschland – abhängig von der örtlichen Inzidenz – touristische Übernachtungen in Hotels und anderen Unterkünften wieder erlaubt (Stand: 15. Juni 2021). Besitzer von privaten Zweit- und Ferienwohnungen durften diese an vielen Orten schon vorher wieder nutzen.
Wichtig: Du solltest dich trotzdem vorher über die vor Ort geltenden Test- und Hygienevorgaben informieren. Die Hygieneregeln etwa am Strand und im Restaurant gelten auch für Zweitwohnungsbesitzer, während sie von der generellen Testpflicht bei Anreise, die für Beherbergungsbetriebe gilt, befreit sein können. Für den Besuch einzelner Geschäfte und Einrichtungen kann trotzdem eine Testpflicht gelten.
4. Anträge auf Arbeitslosengeld und Hartz IV
Jobcenter und Arbeitsagenturen sind aufgrund der Corona-Pandemie für den allgemeinen Publikumsverkehr geschlossen, Termine vor Ort finden nur in Ausnahmefällen statt. Anträge auf Arbeitslosengeld I (ALG I) und II (besser bekannt als Hartz IV) müssen deshalb derzeit nicht persönlich gestellt werden. Du kannst den Antrag telefonisch oder über den Online-Service der Arbeitsagentur anfordern.
Empfänger von ALG I, deren Anspruch ursprünglich noch im Jahr 2020 ausgelaufen wäre, erhielten die Leistung gemäß einer Sonderregelung im Rahmen des sogenannten Sozialschutzpakets II drei Monate länger. Läuft der ursprüngliche Bewilligungszeitraum allerdings erst im Jahr 2021 aus, gilt die Sonderregelung nicht mehr. Das hat das Hessische Landessozialgericht im April 2021 bestätigt (AZ L 7 AL 42/21 B ER).
Aufgrund der Corona-Krise gibt es vorübergehende Erleichterungen bei Hartz IV: Die Vermögensverhältnisse und Angemessenheit der Wohnverhältnisse werden vorübergehend bis vorerst 31. Dezember 2021 nur eingeschränkt geprüft. Rechtliche Grundlage ist der aufgrund der Corona-Pandemie eingeführte § 67 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Durch den Wegfall der zeitaufwendigen Vermögensprüfung kann das ALG II schneller ausgezahlt werden.
Im Rahmen des sogenannten Sozialschutzpaket III erhielten ALG-II-Empfänger im Mai 2021 zudem eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro, um höhere Kosten durch die Corona-Pandemie aufzufangen.
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5. Gerichtsverfahren und Verwaltungsprozesse
Da Behörden Publikumsverkehr derzeit vielerorts noch nicht oder nur in eingeschränktem Umfang zulassen, können für Verwaltungsvorgänge Sonderregelungen gelten. Etwa längere Fristen oder ein kulanterer Umgang mit Bußgeldern, zum Beispiel bei verspäteter Wohnsitzummeldung – sofern du dich rechtzeitig um einen Termin bemüht hast. Die jeweiligen Regelungen bestimmen die zuständigen Behörden selbst. Informiere dich deshalb telefonisch oder per Mail, was bei den Ämtern an deinem Wohnort gilt.
Gerichtsverfahren können sich durch die Corona-Krise ebenfalls verlängern. Sollten Fristen aufgrund der aktuellen Umstände nicht eingehalten werden können, dürften sie in der Regel verlängert werden. Wenn ein Beteiligter aufgrund einer angeordneten Quarantäne nicht vor Gericht erscheinen kann, kann ein laufendes Verfahren gemäß § 247 Zivilprozessordnung (ZPO) ausgesetzt werden.
Grundsätzlich ausgesetzt werden Gerichtsverhandlungen auch im Lockdown nicht. Ob Präsenztermine im Gericht abgehalten werden, entscheiden die zuständigen Richter. In vielen Bundesländern können Anhörungen und Verhandlungen auch per Videokonferenz erfolgen. In Gerichtsgebäuden gilt wie in allen öffentlichen Gebäuden grundsätzlich eine Maskenpflicht (Stand: 15. Juni 2021), etwaige Ausnahmen während der Verhandlung können die Vorsitzenden anordnen.
Grundsätzlich ist auch die Justiz angehalten, persönliche Kontakte und Publikumsverkehr auf das unbedingt notwendige Minimum zu beschränken. Wenn du allerdings zu einem Gerichtstermin geladen worden bist, kannst du dem nicht ohne Weiteres aus Angst vor einer Infektion mit dem Coronavirus fernbleiben. Gibt es ernsthafte gesundheitliche Bedenken, sollten diese im Vorfeld mit dem Gericht geklärt werden.
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