Den Unterhalt einzuklagen ist manchmal die letzte Möglichkeit, die berechtigten Forderungen durchzusetzen golubovy, Fotolia

20. Juli 2018, 11:10 Uhr

Durchatmen Unterhalt einklagen: Tipps zum richtigen Vorgehen

Den Unterhalt einklagen – so unangenehm das auch sein mag: Manchmal ist das die einzige Möglichkeit, berechtigte Forderungen gegenüber dem Ex-Partner durchzusetzen. Was Betroffene beachten sollten, wenn es denn dazu kommt.

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Einer zahlt, einer leistet Naturalunterhalt

Wenn Eltern sich trennen, leben sie nicht nur in einem emotionalen Ausnahmezustand. Nicht selten kommt es auch noch zu finanziellen Problemen, weil der unterhaltspflichtige Partner seiner Verantwortung nicht nachkommt. Dabei ist es ganz klar: Beide Eltern sind zur Unterhaltszahlungen verpflichtet. Nur leistet der Partner, bei dem die Kinder leben, seinen Teil als sogenannten Naturalunterhalt. Im Klartext bedeutet das: Er sorgt für Nahrung, Unterkunft, Kleidung und Taschengeld. Der andere Elternteil muss seinen Anteil in Form eines monatlichen Betreuungsunterhaltes beisteuern.

Scheidung: Unter­halts­re­ge­lung im Verfahren

Im Falle einer Scheidung wird in der Regel schon während des Verfahrens über Höhe und Dauer von Unterhaltszahlungen entschieden, wobei das Alter der Kinder und das Einkommen des Unterhaltspflichtigen eine Rolle spielen. Ihm muss immer zumindest das Existenzminimum zum Leben bleiben; er soll wegen der Unterhaltszahlungen nicht zum Sozialfall werden.

Eine solche Vereinbarung bei der Scheidung wird mit dem Rechtskraftvermerk auf der Scheidungsurkunde rechtskräftig. Sie stellt damit einen Unterhaltstitel dar, mit dem der Unterhaltsberechtigte die Zahlungen sofort einklagen kann.

Unter­halts­pflich­ti­gen in Verzug setzen

Gibt es keine solche Vereinbarung bei der Scheidung oder waren die Eltern gar nicht verheiratet, ist der Weg aufwendiger: Der Unterhaltsberechtigte muss als Erstes seinen Anspruch auf Unterhalt geltend machen, und zwar so schnell wie möglich.

Der Unterhaltsanspruch entsteht erst mit dem Datum der ersten Geltendmachung. Das bedeutet für den Unterhaltsberechtigten: Er sollte sehr bald nach der Trennung von seinem Ex-Partner schriftlich Auskunft über seine Einkommensverhältnisse verlangen und Unterhalt fordern – am besten per Einschreiben mit Rückschein, um gegebenenfalls ein Beweismittel in der Hand zu haben. Nicht vergessen: Eine angemessene Frist setzen.

Der Unterhaltsberechtigte kann in diesem Schreiben schon einen konkreten monatlichen Betrag verlangen, sollte sich dann aber die Möglichkeit der Nachforderung eines höheren Unterhaltsbetrages offenhalten.

Formal setzt ein solches Schreiben den Empfänger "in Verzug"; damit kann der Unterhaltsberechtigte rückwirkend ab dem Datum des Briefes Unterhalt fordern.

Zah­lungs­pflich­ti­ger ist auskunftspflichtig

Die Höhe des Unterhalts kann erst berechnet werden, wenn klar ist, über welche Einkünfte aus Erwerb und Vermögen der Unterhaltspflichtige verfügt.

Diesbezüglich hat der Unterhaltsberechtigte einen Auskunftsanspruch, der Zahlungspflichtige eine Auskunfts- und Informationspflicht. Letzterer muss nicht nur zur erstmaligen Berechnung des Unterhaltes sein Einkommen offen legen, er ist sogar verpflichtet, dies alle zwei Jahre zu wiederholen. Sollte sich sein Einkommen ändern, muss er darüber auch zwischenzeitlich informieren.

Auskunfts- und Zah­lungs­ver­wei­ge­rung  führt zur Stufenklage

Sobald die Daten zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Zahlungspflichtigen vorliegen, kann der Unterhalt sofort eingefordert beziehungsweise eingeklagt werden.

Kommt der Zahlungspflichtige dagegen seiner Auskunftspflicht nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraumes nach, kann eine Auskunftsklage erhoben werden, die in der Regel  zusammen mit der Unterhaltsklage zu einer Stufenklage zusammengeführt wird.

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Auf dyna­mi­schen Unter­halts­ti­tel achten

Die Klage muss in der Regel bei dem Familiengericht eingereicht werden, an dem der unterhaltspflichtige Elternteil seinen Wohnort hat. Im Laufe des Verfahrens treffen die beiden Parteien bei einer mündlichen Verhandlung aufeinander.

Nach der Verhandlung bestimmt der Familienrichter anhand der Aussagen der Beteiligten und der vorliegenden Unterlagen in seinem Urteil, ob jemand Unterhalt zahlen muss – und wenn ja  wie viel.

Denkbar sind ein dynamischer oder ein statischer Unterhaltstitel:

  • Beim dyna­mi­schen Unter­halts­ti­tel werden bei Anpas­sun­gen der soge­nann­ten Düs­sel­dor­fer Tabelle und mit stei­gen­dem Lebens­al­ter des Kindes die Unter­halts­zah­lun­gen auto­ma­tisch erhöht.
  • Ein sta­ti­scher Unter­halts­ti­tel ist dagegen auf einen bestimm­ten festen Betrag aus­ge­rich­tet und muss bei jeder Unter­halts­er­hö­hung umständ­lich angepasst werden.

Der Unterhaltsberechtigte sollte möglichst einen dynamischen Titel anstreben.

Gericht­lich fest­ge­leg­ter Unterhalt gilt

Diese gerichtlich festgelegten Beträge kann der Zahlungspflichtige nicht eigenmächtig mindern oder sogar ganz einstellen. Auch nicht, wenn er einmal finanzielle Probleme bekommen sollte – zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit. Er muss stattdessen vor dem Familiengericht eine Klage auf Abänderung der Unterhaltszahlungen einreichen. Dabei kann er seine Situation darlegen und dokumentieren und erst dann werden die Unterhaltsleistungen gegebenenfalls der geänderten Lage angepasst.

Die Unterhaltsklage muss zwingend von einem Anwalt eingereicht werden. Die Kosten für Anwalt und Gericht orientieren sich am sogenannten Streitwert; das ist in diesem Fall der jährlich zu zahlende Kindesunterhalt. Abhängig vom Einkommen und Vermögen kann Prozesskostenhilfe beantragt werden, und zwar bei dem Gericht, bei dem auch der Prozess geführt wird.

Unter­halts­for­de­run­gen für Kinder auch rückwirkend

Wenn der Unterhaltsberechtigte den Zahlungspflichtigen in Verzug gesetzt hat, kann der Anspruch auf Kindesunterhalt nicht verloren gehen – ab dem Datum des Schreibens mit der Unterhaltsforderung kann der betreuende Elternteil rückwirkend das Geld für das gemeinsame Kind einfordern.

Für minderjährige Kinder gilt darüber hinaus keine Verjährungsfrist. Anders bei volljährigen Kindern: Hier beginnt mit dem Tag des 18. Geburtstages eine dreijährige Verjährungsfrist, die genau am Tag vor dem 21. Geburtstag um 24.00 Uhr endet.

Unter­halts­vor­schuss beantragen

Rechtsschutz

Zahlt der unterhaltspflichtige Ex-Partner nicht oder nicht regelmäßig, kann der betreuende Elternteil beim Jugendamt einen Unterhaltsvorschuss beantragen. Dazu benötigt man keinen Unterhaltstitel von einem Familiengericht. Nach Möglichkeit holt sich das Jugendamt den Unterhaltsvorschuss von dem Zahlungspflichtigen zurück.

Dieser monatliche Betrag bietet zumindest eine gewisse Sicherheit, auch wenn er niedriger ausfällt als der Mindestsatz der Düsseldorfer Tabelle und zudem das Kindergeld darauf angerechnet wird.

Der Unterhaltsvorschuss kann bis zum achtzehnten Geburtstag des Kindes ohne zeitliche Begrenzung  und ohne Berücksichtigung von Einkommensgrenzen gezahlt werden. Ist das Kind älter als zwölf Jahre, können bei Hartz-IV-Bezug aber bestimmte Einschränkungen gelten.

Unterhalt einklagen: Für Unter­stüt­zung sorgen

Das Unterhaltsrecht ist besonders umfangreich und kompliziert und für einen  Laien daher schwer zu durchschauen. Jeder Einzelfall kann eine andere Vorgehensweise notwendig erscheinen lassen. Da zudem vor einem Familiengericht grundsätzlich Anwaltszwang besteht, kann es ratsam sein, frühzeitig einen Fachanwalt hinzuzuziehen. Einkommensschwache Unterhaltsberechtigte können dazu Verfahrenskostenhilfe beantragen.

FAZIT
  • Nach einer Scheidung können Berech­tig­te den Unterhalt mit dem Unter­halts­ti­tel einklagen.
  • Liegt er nicht vor, müssen sie zunächst Auskunft über die Ein­kom­mens­ver­hält­nis­se des Unter­halts­pflich­ti­gen verlangen und ihn zur Zahlung auffordern.
  • Die Klage erfolgt beim Fami­li­en­ge­richt, das nach der Ver­hand­lung den Unterhalt festlegt.
  • Ein Unter­halts­vor­schuss kann helfen, die Zeit finan­zi­ell zu überbrücken.
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