2. April 2019, 9:20 Uhr
Bundessozialgericht entscheidet Mehrfacher Steuerklassenwechsel: Elterngeld steigt nicht immer
Ein Steuerklassenwechsel vor der Geburt eines Kindes kann das Elterngeld erhöhen – vorausgesetzt, der Wechsel in die günstigere Steuerklasse erfolgt rechtzeitig. Das Bundessozialgericht (BSG) entschied jetzt jedoch: Wird die Steuerklasse vor der Geburt des Kindes mehrmals gewechselt, dann ist immer diejenige Steuerklasse maßgeblich, die in den letzten zwölf Monaten vor der Geburt am längsten gegolten hat (AZ B 10 EG 8/17 R).
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Zweifacher Steuerklassenwechsel vor Elterngeld-Bezug
Im konkreten Fall hatte die Mutter vor der Geburt des Kindes, das im Februar 2016 zur Welt kam, zweimal die Steuerklasse gewechselt:
- Zwischen Dezember 2014 und Mai 2015 hatte sie die Steuerklasse 1.
- Im Juni und Juli 2015 hatte sie die Steuerklasse 4.
- Schließlich wechselte sie für den Zeitraum August bis November 2015 in die Steuerklasse 3, bei der besonders viel Netto vom Brutto übrig bleibt – was sich in der Regel positiv auf die Bemessung des Elterngeldes auswirkt.
Für die Berechnung des Elterngeldes legte die zuständige Landkreisverwaltung das Einkommen aus dem Zeitraum Dezember 2014 bis November 2015 zugrunde – allerdings gemäß der ungünstigeren Steuerklasse 1, die in diesem Zeitraum 6 Monate lang und damit jeweils länger als die Steuerklassen 4 (2 Monate) und 3 (4 Monate) gegolten hatte.
Klägerin wollte Elterngeld-Berechnung gemäß Steuerklasse 3
Dagegen klagte die Mutter: Sie war der Meinung, Anspruch auf die Elterngeldberechnung nach der zuletzt gültigen Steuerklasse 3 zu haben. Dazu verwies sie auf die gesetzliche Regelung gemäß § 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Daraus ergibt sich unter anderem, dass bei einem Steuerklassenwechsel im Elterngeld-Bemessungszeitraum diejenige Steuerklasse maßgeblich ist, die während der "überwiegenden Zahl der Monate des Bemessungszeitraums" gegolten hat. Da der Bemessungszeitraum 12 Monate umfasst, sind das in der Regel 7 Monate. Steuerklasse 1 könne also nicht maßgeblich sein, argumentierte die Klägerin, denn diese habe bei ihr im fraglichen Zeitraum nur für 6 Monate Gültigkeit gehabt.
Mehrfacher Steuerklassenwechsel: Geltungsdauer von 7 Monaten nicht nötig
Das Bundessozialgericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht und erklärte die Berechnungsgrundlage mit Steuerklasse 1, die die Landkreisverwaltung angelegt hatte, für rechtens. Das BSG erklärte: Wenn Eltern vor der Geburt mehrfach die Steuerklasse wechseln, müsse diejenige Steuerklasse maßgeblich sein, die im Bemessungszeitraum – relativ gesehen, also im Vergleich mit den anderen infrage kommenden Steuerklassen – am längsten gegolten habe. Denn sie habe die Einkommenshöhe im entscheidenden Zeitraum am meisten geprägt. Eine Mindest-Geltungsdauer von 7 Monaten, wie sie sich bei einem einmaligen Steuerklassenwechsel automatisch ergibt, sei in einem solchen Fall nicht erforderlich.
Steuerklassenwechsel zur Elterngeld-Erhöhung ist grundsätzlich erlaubt
Zum Hintergrund:
- Im Jahr 2009 hat das BSG es grundsätzlich für legal erklärt, vor der Geburt die Steuerklasse zu wechseln und dadurch das Elterngeld zu erhöhen (AZ B 10 EG 3/08 R und B 10 EG 4/08 R).
- Seit 2013 gilt allerdings das "Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzuges". Seitdem haben es werdende Eltern schwerer, beim Elterngeld von einem Steuerklassenwechsel zu profitieren. Denn sie müssen sehr frühzeitig wechseln, damit die neue, günstigere Steuerklasse noch im überwiegenden Bemessungszeitraum vor Beginn des Mutterschutzes gilt – und das Elterngeld entsprechend auf dieser Grundlage berechnet wird.
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