2. Juni 2022, 11:00 Uhr
Themenseite Pflege: Infos für Pflegebedürftige und Angehörige
Das Thema Pflege ist für immer mehr Menschen relevant: Rund 4,13 Millionen Menschen in Deutschland galten laut der jüngsten Erhebung des Statistischen Bundesamtes zum Ende des Jahres 2019 als pflegebedürftig – und eine noch weit größere Zahl von Angehörigen ist dadurch ebenfalls betroffen. Wann bekommt man welchen Pflegegrad, welche Leistungen gibt es von der Pflegeversicherung, wer trägt die Pflegeheimkosten und wie können pflegende Angehörige entlastet werden? Die wichtigsten Infos haben wir hier für dich zusammengefasst.
Inhalt
>> Wichtige Begriffe rund um die Pflege
>> Vorsorgen für den Ernstfall: Patientenverfügung und Co.
>> So ist die Einstufung in Pflegegrade gesetzlich geregelt
>> Häusliche Pflege: Pflegezeit, Pflegegeld und Rentenbeiträge
>> Anspruch auf Entlastung für pflegende Angehörige
>> Pflegeheim: So sind Kosten und Eigenanteil geregelt
Wichtige Begriffe rund um die Pflege
- Der Begriff der Pflegebedürftigkeit ist im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) definiert. In § 14 SGB XI ist festgelegt, welche dauerhaften gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen eine Pflegebedürftigkeit im rechtlichen Sinne ausmachen. Mehrere Kriterien sind maßgeblich, darunter die Mobilität, die kognitiven und kommunikativen Fähigkeiten, die Selbstversorgung und die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte.
- Der Pflegegrad (1 bis 5) zeigt an, in welchem Maße eine bestimmte Person pflegebedürftig ist und welchen Anspruch sie auf Leistungen der Pflegekasse hat. Die bei den Krankenkassen angesiedelten Pflegekassen sind Träger der gesetzlichen Pflegeversicherung, in die jeder gesetzliche Krankenversicherte automatisch einzahlt.
- Ambulante Pflege bedeutet, dass jemand zu Hause gepflegt wird oder regelmäßig die ambulante Abteilung eines Krankenhauses aufsucht. Anders als bei der stationären Pflege ist der Pflegebedürftige nicht dauerhaft in einem Krankenhaus oder in einem Pflegeheim untergebracht.
- Übergangspflege bedeutet, dass jemand nach einem Krankenhausaufenthalt bis zu 10 Tage vor Ort gepflegt werden kann, sollte dies nicht anderweitig oder nur mit erheblichem Mehraufwand sichergestellt werden können. Ansprechpartner ist hierbei die Krankenkasse des Pflegebedürftigen.
Vorsorgen für den Ernstfall: Patientenverfügung und Co.
Niemand denkt gern daran, dass er selbst einmal schwer krank oder pflegebedürftig werden könnte. Dennoch müssen im Ernstfall Entscheidungen zu medizinischen Behandlungen und anderen rechtlichen Angelegenheiten getroffen werden – idealerweise im Sinne der Betroffenen. Mit Vorsorgedokumenten wie Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Betreuungsverfügung ist das Wichtigste geregelt.
Ausführliche Infos zu den einzelnen Vorsorgemöglichkeiten findest du in unserem Ratgeber.
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So ist die Einstufung in Pflegegrade gesetzlich geregelt
Mit der Pflegereform 2017 wurde das bis dahin gültige System der Pflegestufen in ein System der Pflegegrade umgewandelt. Grundlage war das Pflegestärkungsgesetz III. Unter anderem sollte damit die wachsende Zahl der Demenzkranken bessergestellt werden, da das alte Pflegestufensystem stärker auf körperliche als auf geistige Einschränkungen ausgerichtet war.
Das Maß an Pflegebedürftigkeit wird auf einer Skala von Pflegegrad 1 bis Pflegegrad 5 ausgedrückt. Kurz zusammengefasst lässt sich sagen: Je höher die Zahl, desto höher auch der Pflegebedarf. Die Grundlage für die Einstufung bildet die Beurteilung eines Gutachters. Zu den Kriterien bei der Pflegebegutachtung auf der Basis unter anderem von § 15 SGB XI gehören die körperliche Mobilität, aber auch die geistige Leistungsfähigkeit und die Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen.
- Pflegegrad 1 bedeutet eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit. Darunter fallen Personen, die lediglich Unterstützung in bestimmten Bereichen benötigen, zum Beispiel bei der Körperpflege oder im Haushalt.
- Die Pflegegrade 2 bis 4 gelten für Personen mit erheblicher, schwerer beziehungsweise schwerster Beeinträchtigung der Selbstständigkeit.
- Den höchste Pflegegrad 5 erhalten Personen, bei der die "schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten" vorliegt.
Nur wer in einen Pflegegrad eingestuft ist, hat auch Ansprüche auf Leistungen der Pflegekassen. Eine Übersicht über die Geld- und Sachleistungen bei den einzelnen Pflegegraden gibt das Bundesgesundheitsministerium in diesem Flyer zum Download.
Wie und wo kann man einen Pflegegrad beantragen?
Den sogenannten „Antrag auf Pflegeleistungen“ kann man bei der gesetzlichen Krankenkasse der pflegebedürftigen Person stellen – mit dem Hinweis, diesen an die zuständige Pflegekasse weiterzuleiten. Privat Krankenversicherte wenden sich an die private Pflegeversicherung.
Voraussetzung für einen Anspruch ist, dass der Pflegebedürftige innerhalb der letzten zehn Jahre mindestens für zwei Jahre in die Pflegeversicherung eingezahlt hat.
Der Antrag kann formlos erfolgen – per Telefon, per Mail oder per Post. Du musst hierbei zunächst lediglich angeben, dass du einen Antrag auf Leistungen der Pflegekasse stellst. Daraufhin sendet die Pflegekasse dir alle notwendigen Unterlagen zu und veranlasst, dass ein Gutachter ins Haus kommt und die Pflegebedürftigkeit offiziell feststellt.
Seit 2022 haben Pflegebedürftige und pflegende Personen nicht nur bei der Beantragung eines Pflegegrades Anspruch auf Beratung und einen konkreten Ansprechpartner. Auch während des Pflegeprozesses ist ihr Anrecht auf persönliche Beratung bei allen pflegerelevanten Anträgen und Fragen gesetzlich verankert.
Wann erhalte ich die „Hilfe zur Pflege“?
Die sogenannte Hilfe zur Pflege können finanziell bedürftige Personen beim Sozialamt beantragen, wenn sie regelmäßig Hilfe bei alltäglichen Dingen wie Nahrungsaufnahme, Körperpflege oder Bewegung benötigen, aber beispielsweise (noch) keinen Pflegegrad haben oder die Leistungen der Pflegekasse nicht ausreichen. Dies ist im Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) geregelt.
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Häusliche Pflege: Pflegezeit, Pflegegeld und Rentenbeiträge
Die häusliche Alten- und Krankenpflege leisten häufig Angehörige mit Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst, der in bestimmten Zeitabständen vorbeikommt.
Pflegende Angehörige sind oft einer großen körperlichen und emotionalen Belastung ausgesetzt. Noch dazu erleiden sie Nachteile in Bezug auf die eigene Altersvorsorge, wenn sie nicht arbeiten gehen und somit nicht in die Rentenversicherung einzahlen können. Auch ihre Situation wird seit der Pflegereform 2017 rechtlich stärker berücksichtigt.
Diese Ansprüche haben pflegende Angehörige unter anderem:
Pflegezeit: Wer für die Pflege von Angehörigen eine Zeitlang im Job kürzertreten will oder muss, kann sich unter bestimmten Umständen kurzfristig freistellen lassen oder für einige Monate Pflegezeit beantragen. Das regeln das Pflegezeitgesetz (PflegeZG) und das Familienpflegezeitgesetz (FPfZG).
- Wird ein Angehöriger akut pflegebedürftig, können Angestellte, die die Pflege organisieren müssen, kurzfristig bis zu zehn Tage lang von der Arbeit freigestellt werden.
- Zudem ist es möglich, bis zu sechs Monate Pflegezeit für Angehörige in Anspruch zu nehmen.
Seit 2015 haben pflegende Angehörige in der Pflegezeit Anspruch auf das sogenannte Pflegeunterstützungsgeld. Es beträgt etwa 90 Prozent des Nettolohns.
Pflegegeld: Pflegegeld stellt eine Unterstützung für Menschen dar, die im häuslichen Umfeld gepflegt werden. Personen mit Pflegegrad 1 können kein Pflegegeld beantragen. Ebenso wenig Anspruch auf Pflegegeld haben Pflegebedürftige, die stationär gepflegt werden. Die Höhe des Pflegegeldes hängt jeweils vom Pflegegrad ab.
Entscheidend ist, dass Pflegebedürftige den Antrag auf Pflegegeld immer selbst bei ihrer Krankenkasse stellen. Können sie dies nicht mehr eigenständig tun, können auch Angehörige mit Hilfe einer Vollmacht Pflegegeld für sie beantragen. Dies sollte zeitnah geschehen, da Pflegegeld nicht rückwirkend ausgezahlt wird.
Pflegesachleistungen: Neben dem Pflegegeld können Pflegebedürftige und pflegende Angehörige Unterstützung in Form von Pflegesachleistungen erhalten, in der Höhe ebenfalls gestaffelt nach Pflegegraden. Das betrifft zusätzliche Hilfe beispielsweise
- bei der Nahrungsaufnahme,
- beim An- und Auskleiden
- oder bei alltäglichen Besorgungen für Pflegebedürftige.
Diese Versorgungsleistungen können durch einen ambulanten Pflegedienst oder durch Kurzzeitpflege wahrgenommen werden.
Gut zu wissen: Mussten Hilfs- und Pflegehilfsmittel wie beispielsweise medizinische Hilfsmittel bis vor kurzem von ärztlicher Seite bestätigt werden, so können seit 2022 auch Pflegefachkräfte Empfehlungen hierfür aussprechen. Diese sind im Zuge der Beantragung bei der Pflege- oder Krankenkasse ausreichend.
Rente: Dass pflegende Angehörige weniger Rentenansprüche erarbeiten können, wird berücksichtigt: Für Menschen, die ein Familienmitglied unentgeltlich pflegen, zahlt die Pflegeversicherung unter bestimmten Bedingungen in die Rentenversicherung ein.
Unter diesen Voraussetzungen ist die Pflegetätigkeit von Angehörigen rentenversicherungspflichtig:
- Die zu pflegende Person hat mindestens den Pflegegrad 2.
- Die unentgeltliche Pflege dauert mindestens 10 Stunden pro Woche und wird auf mindestens 2 Tage pro Woche verteilt.
- Die Pflege findet in häuslicher Umgebung statt.
- Neben der Pflege ist die pflegende Person nicht mehr als 30 Stunden pro Woche berufstätig.
Anspruch auf Entlastung für pflegende Angehörige
Verhinderungspflege: Auch pflegende Angehörige werden mal krank oder müssen wichtige Termine wahrnehmen. Sie können dann Verhinderungspflege bei der Pflegekasse beantragen.
In § 39 SGB XI finden sich die rechtlichen Grundlagen für die Verhinderungspflege. Diese kann stundenweise oder für eine längere Zeit beantragt werden. Dies geht jedoch nur, wenn
- der oder die Angehörige die pflegebedürftige Person bereits mindestens sechs Monate zu Hause gepflegt hat und
- die pflegebedürftige Person mindestens Pflegegrad 2 hat.
Die Pflegeversicherung bezahlt dann zum Beispiel eine Vertretung – etwa einen ambulanten Pflegedienst – oder übernimmt die Kosten für die vorübergehende stationäre Unterbringung der pflegebedürftigen Person. Der Antrag auf Verhinderungspflege ist auch rückwirkend möglich, denn die Pflegeperson kann schließlich auch mal spontan ausfallen.
Tagespflege und Nachtpflege: Pflege ist häufig ein 24-Stunden-Job – etwa, wenn ein Familienmitglied dement wird und praktisch ständig beaufsichtigt werden muss. Viele Angehörige sind in einer Zwickmühle: Sie möchten einerseits dem pflegebedürftigen Menschen so lange wie möglich ein Leben in der Familie und in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Andererseits müssen oder wollen sie sich auch noch anderen Dingen im Leben widmen.
Abhilfe kann eine teilstationäre Pflege (Tagespflege oder Nachtpflege) schaffen.
- Die Tagespflege (nicht zu verwechseln mit der Kurzzeitpflege, s. u.) findet in der Regel in einer Pflegeeinrichtung statt. Pflegebedürftige Menschen werden dort am Tag versorgt, solange die Angehörigen arbeiten müssen oder aus anderen Gründen Entlastung benötigen.
- Bei der Nachtpflege wird stationär die Versorgung über Nacht sichergestellt, sodass Angehörige in Ruhe schlafen und sich erholen können.
Anspruch auf Tages- oder Nachtpflege besteht gemäß § 41 SGB XI ab Pflegegrad 2 oder höher, wenn die Pflege nicht komplett im häuslichen Umfeld geleistet werden kann. Die pflegebedingten Kosten für Tagespflege oder Nachtpflege übernimmt dann die Pflegekasse bis zu einem festgelegten Satz, der sich mit steigendem Pflegegrad erhöht.
Kurzzeitpflege: Wer einen pflegebedürftigen Angehörigen vorübergehend nicht zu Hause betreuen kann, kann für bis zu acht Wochen pro Jahr Kurzzeitpflege beantragen. Hierbei erfolgt meistens die Unterbringung der Pflegebedürftigen in einer stationären Pflegeeinrichtung. Wichtig: Der Zuschuss der Pflegekasse für die Kurzzeitpflege ist ein Pauschalbetrag in Höhe von 1.774 Euro.
Erstattungsansprüche auch nach dem Tod des Pflegebedürftigen
Seit 2022 können pflegende Angehörige innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach dem Tod des Pflegebedürftigen noch Ansprüche auf Kostenerstattung bei der Pflegekasse geltend machen. Dies entlastet Angehörige beispielsweise bei den Kosten für eine Verhinderungspflege oder Pflegehilfsmittel im Nachhinein, selbst wenn die gepflegte Person bereits verstorben ist.
Zudem dürfen bis zu 40 Prozent von unverbrauchten Pflegesachleistungsbeträgen auch für Entlastungsleistungen genutzt werden können, ohne dass hierfür ein Antrag bei der Pflegekasse gestellt werden muss.
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Pflegeheim: So sind Kosten und Eigenanteil geregelt
Wenn häusliche Pflege nicht möglich oder von den Angehörigen nicht (mehr) leistbar ist, steht bei schwerer Pflegebedürftigkeit irgendwann das Thema Pflegeheim im Raum. Und ist die Entscheidung getroffen und die richtige Pflegeeinrichtung gefunden, geht es als Nächstes um die Kosten.
Was zahlt die Pflegeversicherung, wie hoch ist der Eigenanteil und wann müssen Angehörige einspringen?
Die Pflegeheimkosten setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen, die der Träger der Pflegeeinrichtung einzeln aufführen muss. Ein Überblick über die Kostenverteilung für die Betreuung im Pflegeheim gibt unser Ratgeber „Pflegeheim: Wer trägt die Kosten?“
Pflegebedürftige müssen sich trotz Bezuschussung auf einen nicht unerheblichen Eigenanteil bei den Pflegeheimkosten einstellen. Kann der Pflegebedürftige diesen nicht selbst aufbringen, müssen Angehörige für ihn einstehen – zunächst der Ehe- oder Lebenspartner, anschließend die Kinder.
Sowohl Pflegebedürftigen als auch Angehörigen wird jedoch ein Selbstbehalt zugestanden. Über die genaue Höhe informiert die Düsseldorfer Tabelle im Abschnitt „Verwandtenunterhalt“. Manche Pflegekosten sind zudem als „außergewöhnliche Belastungen“ von der Steuer absetzbar.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.