13. Januar 2023, 10:00 Uhr
So geht’s richtig So funktioniert das Notvertretungsrecht für Ehegatten
Es kann schnell und überraschend passieren, dass Menschen ihre gesundheitlichen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln können. Unter diesen Umständen kann das Notvertretungsrecht für Ehegatten greifen. Welche Voraussetzungen und Konsequenzen damit verbunden sind, erfährst du in diesem Ratgeber.
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Was erlaubt die Ehegatten-Notvertretung?
Führt eine Krankheit oder ein Unfall beispielsweise zu Bewusstlosigkeit, dann sind Betroffene nicht mehr zur eigenen Gesundheitssorge fähig. Anders ausgedrückt: Sie können sich gegenüber medizinischem Personal nicht selbst zu ihrer Situation und ihrer weiteren Behandlung äußern. Für solche Fälle sind Patientenverfügungen beziehungsweise Vorsorgevollmachten zur Gesundheitssorge gedacht. Sie erlauben Vertrauenspersonen der Betroffenen, diese zu vertreten und somit in deren Namen entsprechende Fragen zu klären und diesbezügliche Entscheidungen zu treffen.
Und wenn es keine Vorsorgevollmacht gibt? Dann springt zumindest bei Verheirateten das Notvertretungsrecht für Ehegatten ein. Das Gesetz dazu steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unter § 1358 „Gegenseitige Vertretung von Ehegatten in Angelegenheiten der Gesundheitssorge“.
Demnach dürfen vertretende Ehegatten für vertretene Ehegatten ...
- medizinische Untersuchungen, Behandlungen und Eingriffe erlauben oder ablehnen.
- in diesem Rahmen erforderliche Verträge – auch für anschließende Rehabilitationsmaßnahmen – abschließen.
- über freiheitsentziehende Maßnahmen im Krankenhaus oder einem Heim entscheiden, sofern sie jeweils nicht länger als sechs Wochen dauern.
- Ansprüche verfolgen, die sich aus der Situation heraus für die vertretenen Ehegatten gegenüber Dritten ergeben. Das können Schmerzensgeld- und Schadenersatzforderungen an Unfallgegner sein.
Zugleich gilt gegenüber den vertretenden Ehegatten nicht mehr die ärztliche Schweigepflicht.
Sämtliche Regelungen nach dem Notvertretungsrecht gelten gleichermaßen für eingetragene Lebenspartnerschaften.
Notvertretungsrecht ist auf sechs Monate begrenzt
Das Notvertretungsrecht für Ehegatten ist auf eine Dauer von sechs Monaten begrenzt. Eine Verlängerung ist nicht möglich. Hält die Situation darüber hinaus an, muss ein gesetzlicher Betreuer die Gesundheitssorge übernehmen. Diesen bestimmt das Betreuungsgericht.
Die Frist beginnt, sobald der vertretende Ehegatte seine Rechte gegenüber einem Arzt geltend macht. Dieser muss dann schriftlich bestätigen, dass …
- die Voraussetzungen für die Ehegatten-Notvertretung gegeben sind und ab welchem Datum sie zur Anwendung kommt.
- der vertretende Ehegatte das Notvertretungsrecht in dem betreffenden Fall weder angewendet hat noch Ausschlussgründe für die Ausübung vorliegen.
- Das ausgestellte Dokument ist dem vertretenden Ehegatten auszuhändigen, sodass dieser es bei Bedarf vorlegen kann.
Eine wichtige Ergänzung zum Notvertretungsrecht von Rechtsanwalt Gerald Scholz, Fachanwalt für Medizinrecht: „Es beinhaltet keine vollumfängliche Vertretung in allen Lebensbereichen für den Ehegatten. Es ist nicht anwendbar oder übertragbar auf Kinder oder Eltern sowie nahestehende Personen. Nur mit einer erteilten Vorsorgevollmacht, welche alle Aufgabenbereiche umfasst, können die Ehegatten auch in Zukunft sicherstellen, dass sie vollumfänglich vertreten werden.“
Trotz Notvertretungsrecht: Vorsorgedokumente sind sinnvoll
Das Notvertretungsrecht für Ehegatten ist lediglich eine Lösung für den Notfall, zumal es nur für sechs Monate gültig ist. Besser ist eine langfristige Patientenverfügung oder eine umfassende Vorsorgevollmacht. Mit der überträgst du einer Vertrauensperson deiner Wahl das Recht, für dich in vermögensrechtlichen und persönlichen Angelegenheiten zu entscheiden und zu handeln, solange du selbst nicht dazu in der Lage bist.
Mit unserem Vorsorge-Generator kannst du deine individuellen Vorsorgedokumente zusammenstellen.
Wann greift das Notvertretungsrecht für Ehegatten nicht?
Wie erwähnt gibt es Ausschlussgründe, die das Notvertretungsrecht für Ehegatten unwirksam machen. Dazu zählen folgende Umstände:
- Die Ehepartner leben getrennt.
- Der betroffene Ehegatte möchte sich bekanntermaßen nicht vom anderen vertreten lassen.
- Es liegt eine Vorsorgevollmacht vor, die nicht den Ehepartner einbezieht.
- Es wurde bereits ein gesetzlicher Betreuer für die Gesundheitssorge bestellt.
Lehnen beide Ehepartner das Notvertretungsrecht ab, sollten sie ihren Widerspruch schriftlich festhalten. Um sicher zu sein, dass die behandelnden medizinischen Kräfte davon erfahren, lässt sich eine schriftliche Erklärung beim Zentralen Vorsorgeregister hinterlegen.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.