Streit in der Erbengemeinschaft: Was tun, wenn einer blockiert? © iStock.com/yamasan

20. Dezember 2021, 9:00 Uhr

Durchatmen Streit in der Erben­ge­mein­schaft: Was tun, wenn einer blockiert?

Geht ein Nachlass an mehrere Personen, müssen diese das Erbe gemeinsam verwalten. Die Begünstigten gelten dann als gleichberechtigte Miterben und bilden gemeinsam eine Erbengemeinschaft. Was immer auch mit dem vermachten Besitz des Verstorbenen passieren soll – die Bedachten müssen einstimmig darüber entscheiden. Selbst wenn nur eine Person anderer Meinung ist, kann das in einer Erbengemeinschaft für handfeste Probleme sorgen. Wie es in einem solchen Fall mit dem Erbe weitergehen kann, erfährst du hier.

Alle Informationen zu der privaten Rechtsschutzversicherung von ADVOCARD

Ärger rund um die Erbschaft? Ein Rechtsschutz gibt dir Sicherheit. >>

Ein­ver­nehm­li­che Einigung ist Pflicht für Erben

Juristisch gesehen ist eine Erbengemeinschaft auf Auseinandersetzung ausgelegt. Auseinandersetzung ist hier allerdings nicht im Sinne eines Konflikts zu verstehen. Gemeint ist vielmehr, dass die Miterben den Nachlass untereinander aufteilen, ihn also auseinandersetzen.

Das Problem: Wenn nur einer in der Erbengemeinschaft diesen Prozess blockiert, ist die Auseinandersetzung des Nachlasses nicht möglich. Die Gruppe kann das Erbe nur einvernehmlich, also einstimmig aufteilen. Deshalb kann es schnell zum Streit und infolgedessen dann tatsächlich zu einer rechtlichen Auseinandersetzung kommen.

Häufig sorgt es für Konfliktpotenzial, wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft etwas haben möchte, was ihm ideell viel bedeutet. Das kann ein Schmuckstück sein, ein Bild oder ein anderer Gegenstand, mit dem Erinnerungen verbunden sind. Hängen die Miterben aber ebenfalls daran, ist Streit in der Erbengemeinschaft oft vorprogrammiert. Denn ein gemeinsames Erbe bedeutet nicht, dass sich jeder aussuchen kann, was er gerne hätte. Die Erben müssen gemeinsam eine Lösung finden, mit der alle leben können.

Die rechtliche Grundlage für eine Erbengemeinschaft ist § 2032 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darin heißt es: “Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben.” Die werden damit automatisch zu einer Erbengemeinschaft. Zu dieser Zwangsgemeinschaft kann es unter zwei Umständen kommen:

Ein Beispiel: Jemand vererbt per Testament sein irdisches Hab und Gut seinen fünf Kindern. Er legt jedoch nicht fest, wer von ihnen was oder wie viel davon bekommen soll. Das müssen die Geschwister als Erbengemeinschaft unter sich ausmachen.

INFO

Die rechtliche Grundlage für eine Erbengemeinschaft ist § 2032 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darin heißt es: “Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlass gemeinschaftliches Vermögen der Erben.” Die werden damit automatisch zu einer Erbengemeinschaft. Zu dieser Zwangsgemeinschaft kann es unter zwei Umständen kommen:

Ein Beispiel: Jemand vererbt per Testament sein irdisches Hab und Gut seinen fünf Kindern. Er legt jedoch nicht fest, wer von ihnen was oder wie viel davon bekommen soll. Das müssen die Geschwister als Erbengemeinschaft unter sich ausmachen.

Ist die Aufteilung des Erbes geklärt, wird das in einer sogenannten Auseinandersetzungsvereinbarung dokumentiert. Gehören Immobilien zur Erbmasse, ist dafür eine notarielle Beurkundung erforderlich. Sind alle Vereinbarungen umgesetzt, ist die Erbengemeinschaft damit aufgelöst.

Ein Paar führt ein Gespräch mit einer dritten Person und ist genervt.
© iStock.com/fizkes

Streit­fak­tor Immobilienerbe

Vor allem, wenn eine Immobilie zum Nachlass gehört, kommt es häufig zu Problemen innerhalb einer Erbengemeinschaft. Eine typische Situation: Drei Geschwister erben das Elternhaus und sind sich uneinig. Zwei von ihnen wollen die Immobilie schnellstmöglich loswerden und den Erlös untereinander aufteilen. Doch der Dritte im Bunde sperrt sich gegen den Hausverkauf, weil er die Immobilie lieber vermieten oder selbst bewohnen möchte. Besonders heikel wird es, wenn die Person, die die Immobilie behalten möchte, finanziell nicht dazu in der Lage ist, ihre Miterben auszuzahlen.

Im Folgenden erfährst du, welche Lösungsmöglichkeiten es gibt, wenn sich Erben nicht einigen können.

Erbteil auszahlen lassen oder verkaufen

Die gütlichste Lösung ist es, wenn der blockierende Miterbe sich seinen Anteil am Erbe auszahlen lässt beziehungsweise diesen verkauft. Es gibt allerdings keinen gesetzlichen Anspruch auf Auszahlung durch die Erbengemeinschaft. Die Miterben müssen einverstanden sein. Ist das der Fall, zahlen sie dem Aussteiger gemeinsam einen bestimmten Betrag und teilen dessen Erbanteil unter sich auf. Alternativ kann auch einer der Miterben den Erbanteil des Abtrünnigen übernehmen und so seinen eigenen Erbanteil erhöhen.

Besteht in der Erbengemeinschaft kein Interesse, den Anteil zu übernehmen, kann der betreffende Miterbe seinen Anteil auch an eine außenstehende Person verkaufen. Dieser Dritte wird dann statt des ursprünglichen Erben in die Erbengemeinschaft aufgenommen.

Trauriger Mann denkt nach.
© iStock.com/fizkes

Tei­lungs­kla­ge gegen Quer­trei­ber erheben

Sind und bleiben die Fronten in einer Erbengemeinschaft verhärtet, geht es manchmal nicht ohne gerichtliche Lösung. Für solche unlösbaren Erbfälle gibt es die sogenannte Erbauseinandersetzungsklage, auch Teilungsklage oder Erbteilungsklage genannt. Ist die Klage erfolgreich, überstimmen die Kläger damit quasi jenen Miterben, der die Erbengemeinschaft blockiert. Diese Lösung sollte allerdings gut überlegt sein, denn das Verfahren ist aufwendig und kann einige Zeit in Anspruch nehmen. Lass dich deshalb unbedingt vorab von einem Experten für Erbrecht beraten, ob sich dieser Schritt lohnt.

Um eine Klage auf Auseinandersetzung beim örtlichen Nachlassgericht einzuleiten, muss das Erbe teilungsreif sein. Das bedeutet, dass der Nachlass in vollem Umfang dokumentiert ist. Und zwar nach Abzug von Bestattungskosten und etwaigen Schulden des Erblassers. Dazu müssen die Kläger einen lückenlosen Auseinandersetzungsplan aufsetzen. Nur wenn sämtliche Vermögenswerte bekannt sind, lässt sich klären, wie sie erbrechtlich zu gewichten und gerichtlich zu verteilen sind.

Geht es dabei nur um Geld und Wertgegenstände, ist das noch relativ einfach. Bei nicht direkt bezifferbaren Werten wird es jedoch kompliziert. Deshalb müssen vor einer Erbauseinandersetzungsklage insbesondere Grundstücke und Immobilien über eine Teilungsversteigerung in Geld umgewandelt werden. Bei Schmuck oder Münzsammlungen kommt dafür ein Pfandverkauf infrage. Den organisiert ein Gerichtsvollzieher als öffentliche Versteigerung.

Eine Erbauseinandersetzungsklage sowie ein Pfandverkauf können teuer werden. Es fallen Kosten und Gebühren an für:

  • die anwalt­li­che Ver­tre­tung (Anwalts­zwang)
  • das Gericht
  • Sach­ver­stän­di­ge
  • Tei­lungs­ver­stei­ge­rung
  • öffent­li­che Versteigerung

In jedem Fall sorgt ein solches gerichtliches Verfahren dafür, dass unterm Strich weniger vom Erbe übrig bleibt. Außerdem fällt der Erlös bei einer Teilungsversteigerung von Immobilien oder einem Pfandverkauf meist niedriger aus als der eigentliche Verkehrswert – also dem Preis, der sich bei einem regulären Verkauf erzielen ließe. Das kann allerdings auch ein Vorteil sein, wenn du selbst bei der Versteigerung mitbietest. Das ist zulässig.

Scha­den­er­satz verlangen

Wenn eine Person in der Erbengemeinschaft die Aufteilung dauerhaft blockiert, können die Miterben diese unter Umständen nachträglich dafür zur Kasse bitten. Denn jedes Mitglied ist dazu verpflichtet, an einer ordnungsgemäßen und zügigen Auseindersetzung des Erbes mitzuwirken. Verweigert sich ein Miterbe dem standhaft und fügt der Erbengemeinschaft damit einen nachweislichen Schaden zu (etwa in Form zusätzlicher Kosten für die längere Nachlassverwaltung), kann er dafür in Regress genommen werden. Gemäß § 280 BGB darf von einem renitenten Miterben Schadenersatz gefordert werden, denn er begeht eine Pflichtverletzung.

FAZIT
  • Alle Mit­glie­der einer Erben­ge­mein­schaft müssen an einer ord­nungs­ge­mä­ßen Auf­tei­lung des Nach­las­ses mitwirken.
  • Bei Kon­flik­ten können Miterben ggf. aus­ge­zahlt werden oder dürfen ihren Erbanteil verkaufen und scheiden so aus der Erben­ge­mein­schaft aus.
  • Gericht­li­che Lösungen wie eine Tei­lungs­kla­ge sind möglich, aber lang­wie­rig und teuer. Deshalb sollten sie immer nur als letzter Ausweg in Betracht gezogen werden.
  • Miterben, die sich nicht bemühen, an einer gütlichen Auf­tei­lung des Nach­las­ses mit­zu­wir­ken, können zu Scha­den­er­satz ver­pflich­tet werden.
Artikel teilen

Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.

So einfach ist Rechtsschutz

Ein Rechtsstreit, ganz gleich in welchem Bereich, kommt oft unverhofft. Darum hat ADVOCARD mit dem 360°-Rechtsschutz einen besonders leistungsstarken Rundumschutz geschaffen.

Mehr erfahren

Mediation

Vertragen statt klagen: mit Mediation rechtliche Konflikte ohne Gerichts­ver­fahren lösen.

Strei­tatlas

Streit in Berlin? Zoff in München? Der interaktive Atlas zeigt, wo die deutschen Streithähne leben.

ADVOCARD-Service

Kompetente Beratung und professionelle Unterstützung rund um die Uhr.