Testamentseröffnung: Ablauf, Kosten, Auszahlung © iStock.com/shapecharge

27. April 2023, 9:42 Uhr

So geht’s richtig Tes­ta­ments­er­öff­nung: Ablauf, Kosten, Auszahlung

Nach dem Tod eines geliebten Menschen müssen sich die Hinterbliebenen nicht nur mit dem Verlust auseinandersetzen, sondern auch mit der Regelung des Nachlasses. Die Testamentseröffnung ist dabei ein wichtiger Schritt. Hier erfährst du, wie das Verfahren abläuft und was Erben beachten müssen.

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Tes­ta­ments­er­öff­nung: Sache des Nachlassgerichts

Eine Testamentseröffnung ist nach § 348 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) ein Akt, bei dem ein rechtsgültiges Testament eines Verstorbenen geöffnet und vorgelesen wird. Dabei werden auch Erben und Vermächtnisnehmer benannt und Pflichtteilsansprüche geprüft.

Das Standesamt informiert das zuständige Nachlassgericht über jeden Todesfall. Zuständig ist in der Regel das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser zuletzt gelebt hat. Lediglich in Baden-Württemberg ist die Nachlassverwaltung den Notaren überlassen, sodass diese dort die Testamentseröffnung vornehmen. Ist im Folgenden vom Nachlassgericht die Rede, so ist der in Baden-Württemberg zuständige Notar mitgemeint.

Liegt bereits ein öffentliches Testament vor, das amtlich verwahrt wird, hat das Nachlassgericht bereits Zugang dazu. Es stellt bei Bekanntwerden des Todesfalls die erforderlichen Dokumente zusammen und leitet unverzüglich die Testamentseröffnung ein.

Privatschriftliche Testamente werden jedoch oft zu Hause aufbewahrt. Dann muss jedes Schriftstück, das ein Testament darstellen könnte, unverzüglich dem Nachlassgericht übergeben werden, einschließlich eines eventuell vorhandenen Erbvertrags. In diesem Fall musst du bei der Abgabe der Dokumente unter Umständen die Testamentseröffnung beantragen, damit das Verfahren eingeleitet wird. Oft erfolgt die Testamentseröffnung jedoch auch von Amts wegen.

Wenn kein letzter Wille des Verstorbenen vorliegt, greift die gesetzliche Erbfolge. Auch in diesem Fall ist es die Aufgabe des Nachlassgerichts, die Erben zu ermitteln und zu benachrichtigen.

INFO

Die gesetz­li­che Ablieferungspflicht

Die gesetzliche Ablieferungspflicht ist in § 2259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt. Sie legt fest, dass sich in Privatbesitz befindliche Testamente unverzüglich nach Bekanntwerden des Todes des Erblassers beim Nachlassgericht vorgelegt werden müssen. Wer ein Testament aufbewahrt und der Ablieferungspflicht wissentlich nicht nachkommt, begeht eine sogenannte Urkundenunterdrückung. Diese ist nach § 274 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar.

Wenn das Nachlassgericht von der Existenz eines Testaments erfährt, wird es die betreffenden Personen dazu auffordern, es vorzulegen. Bei Bedarf kann das Gericht diese Personen auch zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung verpflichten, um Auskunft über den Verbleib des Testaments zu erhalten. Wer das verweigert, riskiert eine Ordnungsstrafe.

Tes­ta­ments­er­öff­nung: Der Ablauf

Zwar findet die Testamentseröffnung schnellstmöglich nach dem Tod des Erblassers statt, allerdings kann es bis dahin durchaus einige Wochen dauern – abhängig beispielsweise davon, ob sich das Testament bereits in amtlicher Verwahrung befindet oder dessen Aufenthaltsort erst ermittelt werden muss.

Üblicherweise läuft eine Testamentseröffnung folgendermaßen ab:

  • Sichtung: Das Testament – und jedes Schrift­stück, das seiner Form oder seinem Inhalt nach eine letzt­wil­li­ge Verfügung sein könnte – wird vom Nach­lass­ge­richt übli­cher­wei­se intern geöffnet. Dabei sind die Betrof­fe­nen, also Erben, Allein­er­ben, Enterbte, Ver­mächt­nis­neh­mer, Nach­lass­ver­wal­ter und Tes­ta­ments­voll­stre­cker und sonstige Betei­lig­te nicht anwesend. Die Inhalte des Tes­ta­ments werden hier gesichtet und dokumentiert.
  • Termin: Alter­na­tiv zur internen Eröffnung kann das Nach­lass­ge­richt auch einen Termin bestimmen, zu dem die Betrof­fe­nen ein­ge­la­den werden.
  • Protokoll: Zur Tes­ta­ments­er­öff­nung wird ein schrift­li­ches Protokoll erstellt.
  • Benach­rich­ti­gung: Das Nach­lass­ge­richt benach­rich­tigt alle, die vom Testament oder Erb­ver­trag betroffen sind, schrift­lich über die Tes­ta­ments­er­öff­nung. Jeder Betei­lig­te erhält per Post eine Kopie des Tes­ta­ments sowie ein Eröffnungsprotokoll.
  • Ver­wah­rung: Das Testament wird vom Nach­lass­ge­richt bei den Nach­lass­ak­ten verwahrt. Dort kann es nach einem Antrag bei Gericht von den Erben ein­ge­se­hen werden.
Bildausschnitt zeigt Hände eines Mannes im Anzug, die ein Dokument unterschreiben.
© iStock.com/ilkercelik
INFO

Besteht bei der Tes­ta­ments­er­öff­nung Anwesenheitspflicht?

Bei der Testamentseröffnung besteht grundsätzlich keine Anwesenheitspflicht – tatsächlich findet die Eröffnung häufig in Abwesenheit der Betroffenen statt. Allerdings kann es sinnvoll sein, den Eröffnungstermin wahrzunehmen, da du nur so einen umfassenden Einblick in den letzten Willen der verstorbenen Person erhältst. Zwar bekommen alle vom Testament betroffenen Personen das Eröffnungsprotokoll, allerdings üblicherweise nur zu den Themen, die jeweils für sie selbst von Belang sind.

Das Nachlassgericht informiert nach der Eröffnung auch das zuständige Finanzamt und eventuell das Grundbuchamt. Das Testament betreffende Aufgaben, die über die Eröffnung hinausgehen, sind nicht mehr Sache des Nachlassgerichts. Für die Testamentsvollstreckung beispielsweise sind wieder andere Parteien zuständig.

Wer im letzten Willen des Erblassers nicht bedacht oder erwähnt wird, erhält nach der Testamentseröffnung keine Nachricht. Allerdings kann nach § 357 FamFG jede Person, die ein rechtliches Interesse daran hat und dieses glaubhaft macht, Einsicht in das Testament nehmen und nach § 13 Absatz 3 FamFG eine Abschrift verlangen. Das gilt sowohl für Personen, die der Ansicht sind, im Dokument bedacht sein zu müssen, als auch für Gläubiger oder Vertragspartner des Verstorbenen.

Wer trägt die Kosten der Testamentseröffnung?

Die Höhe der Gebühren, die das Nachlassgericht für die Testamentseröffnung erhebt, richtet sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG). Demnach wird eine Gebühr von 100 Euro für die Eröffnung eines Testaments fällig (Anlage 1 Nummer 12101 GNotKG). Zusätzlich fallen Kosten für Versand und Porto an. Eröffnet ein Notar das Testament, verlangt dieser zusätzlich 19 Prozent Umsatzsteuer. Die Kosten der Testamentseröffnung sind von den rechtmäßigen Erben zu gleichen Teilen zu tragen und können als sogenannte Nachlassverbindlichkeit direkt mit dem Vermögen aus der Erbschaft beglichen werden.

Wie geht es nach der Tes­ta­ments­er­öff­nung weiter?

Nach der Testamentseröffnung und der Feststellung der Erben geht es in der Regel darum, den Nachlass des Verstorbenen zu regeln. Nicht immer ist ein Erbe auch willkommen, beispielsweise dann, wenn dadurch umfangreiche Verpflichtungen und Kosten auf den Erben zukämen.

Deshalb kann ein Erbe ausgeschlagen werden – allerdings muss das nach § 1944 BGB innerhalb der sechswöchigen Ausschlagungsfrist geschehen. Diese beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem der Erbfall bekannt wird – üblicherweise also mit der Zustellung der Eröffnungsurkunde. Nur dann, wenn sich der letzte Wohnsitz des Verstorbenen im Ausland befand oder sich der Erbe selbst zum Beginn der Frist im Ausland aufgehalten hat, verlängert sich die Ausschlagungsfrist auf sechs Monate.

Wird das Erbe angenommen, sind mitunter noch Fragen offen: Wurde beispielsweise eine Immobilie an mehrere Angehörige vererbt, muss das weitere Vorgehen geregelt werden. So ist die Auflösung der Wohnung der verstorbenen Person erst nach der Testamentseröffnung erlaubt, weil erst dann die Besitzverhältnisse eindeutig geklärt sind. Nur mit Erbschein ist die Wohnungsauflösung rechtens.

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