4. Dezember 2020, 15:28 Uhr
Darf ich eigentlich? Umgangsrecht und Corona: Das gilt für getrennt lebende Eltern
Der Umgang mit dem gemeinsamen Kind ist bei vielen getrennt lebenden Eltern ohnehin ein kritisches Thema. Kommen in Zeiten der Corona-Pandemie mit Kontaktbeschränkungen und Quarantäne-Anordnungen zusätzlich unterschiedliche Ansichten zum Umgang mit dem Virus hinzu, dürfte es noch häufiger zu Streit zwischen Ex-Partnern kommen. Hier erfährst du, wie die Rechtslage ist und was gilt, wenn du oder dein Kind in Quarantäne müssen.
Wir setzen uns für deine Rechte ein – und für die deiner Familie >>
Corona ändert nichts am geltenden Umgangsrecht
Grundsätzlich gilt: Gibt es eine gerichtliche Umgangsregelung, müssen sich beide Elternteile daran halten. Daran ändert auch das grassierende Coronavirus nichts. Im Normalfall ist der regelmäßige Kontakt zu beiden Elternteilen für Kinder wichtig. Das gilt umso mehr, wenn die sozialen Kontakte des Kindes ohnehin schon stark eingeschränkt sind. Schließlich fallen Pandemie-bedingt viele Freizeitaktivitäten weg, etwa Sport im Verein, auch Treffen mit Freunden sind schwierig.
Das Argument, dass soziale Kontakte aus Infektionsschutzgründen auf ein Minimum beschränkt werden sollen, zählt bei Streitigkeiten um den Umgang mit einem gemeinsamen Kind nicht. Das musste auch die Mutter eines 10-jährigen Jungen einsehen, die dem Vater des Kindes während der Corona-Pandemie nur Telefonate und Gespräche von der Straße zum Balkon erlauben wollte. Der Vater wollte sich damit allerdings nicht zufriedengeben und ließ ein Ordnungsgeld wegen des Verstoßes gegen die gerichtlich festgelegte Umgangsregelung festlegen. Letztendlich landete der Fall vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt. Das stellte klar, dass das Coronavirus es nicht rechtfertige, sich einseitig eigenmächtig über geltende Umgangsregelungen hinwegzusetzen (AZ. 1 WF 102/20)
Kontaktbeschränkungen erstrecken sich nicht auf die Familie
Die Empfehlung der Bundesregierung, soziale Kontakte möglichst zu vermeiden, bezieht sich nicht auf die Kernfamilie – auch wenn sie getrennt lebt. Das hat das Bundesjustizministerium in seinen Vorgaben zum Umgangsrecht eindeutig erklärt.
Auch die jeweiligen Corona-Landesverordnungen spielen dabei keine Rolle. Lebt ein Elternteil in einem Bundesland, in dem ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot für die Einwohner anderer Länder herrscht, gilt das nicht für eigene Kinder, für die eine Umgangsregelung besteht.
Bislang gibt es nur wenige Urteile zu Umgangsrecht-Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Coronavirus. Grundsätzlich scheint sich aber die Ansicht durchzusetzen, dass die Pandemie im Normalfall keine Auswirkungen auf bestehende Regelungen hat und Änderungen nur mit gerichtlicher Zustimmung möglich sind.
Was gilt bei Quarantäne?
Tatsächlich ausfallen kann der Umgang mit dem eigenen Kind allerdings bei Quarantäne. Dabei kommt es darauf an, wer weshalb in Quarantäne ist.
- Das Kind steht unter amtlich angeordneter Quarantäne: In diesem Fall muss der umgangsberechtigte Elternteil während des Quarantänezeitraums tatsächlich auf persönliche Treffen mit seinem Kind verzichten. Gegen Videocalls oder Balkongespräche mit ausreichendem Mindestabstand ist aber nichts einzuwenden.
- Das Kind ist in freiwilliger Quarantäne: Wenn der Elternteil, bei dem das Kind lebt, eine freiwillige Quarantäne für das Kind beschließt, hat das keinen Einfluss auf das Umgangsrecht. Wenn du dein Kind also vorsorglich zu Hause lässt, weil es einen Coronafall in der Kita gab, kannst du dem Ex-Partner den Umgang mit dem Kind nicht verbieten.
- Der betreuende Elternteil steht unter Quarantäne: Hier ist der Grund für die Quarantäne entscheidend. Wurde sie wegen eines positiven Covid-19-Testergebnisses verhängt, wird für das Kind als Kontaktperson ersten Grades ebenfalls eine Quarantäne angeordnet. Dann sind Begegnungen mit dem getrennt lebenden Elternteil nicht erlaubt.
Ist der Elternteil, bei dem das Kind lebt, wegen des Kontakts zu einem bestätigten Infektionsfall in Quarantäne, gilt diese nicht für das Kind. Dessen Umgang mit dem anderen Elternteil kann deshalb ganz normal stattfinden.
Grundsätzlich sollten Eltern in all diesen Fällen das Risiko gründlich abwägen. Und versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten – einschließlich der Kinder – gut leben können. Denn das Wohl des Kindes steht bei allen Entscheidungen an erster Stelle.
- Die Corona-Pandemie hat grundsätzlich keinen Einfluss auf geltende Umgangsregelungen.
- Der Umgang mit dem anderen Elternteil kann nicht eigenmächtig eingeschränkt werden. Änderungen müssen beim Familiengericht beantragt werden.
- Kontaktbeschränkungen gelten nicht für getrennt lebende Familien.
- Das Umgangsrecht steht über landesrechtlichen Beschränkungen.
- Bei angeordneter Quarantäne muss unter bestimmten Umständen auf Kontakt zum Kind verzichtet werden.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.