11. März 2022, 11:00 Uhr
Durchatmen Hundebiss: Schmerzensgeld und weitere Rechte von Geschädigten
Nach einem Hundebiss bekommen Opfer häufig Schmerzensgeld zugesprochen. Aber wie genau ist die Rechtslage? Muss man eine Anzeige erstatten? Und wer zahlt eventuelle Arztkosten und weitere Ausgaben? Hier erfährst du, welche Möglichkeiten Geschädigte haben.
Wir unterstützen dich bei rechtlichen Fragen in allen Lebenslagen. >>
Hundebiss: Schmerzensgeld ist fallabhängig
Eine gesetzliche Regelung zur Höhe von Schmerzensgeld nach einem Hundebiss gibt es in Deutschland nicht. Stattdessen ist jeder Vorfall einzeln zu betrachten. Dabei entscheiden die Gerichte in der Regel danach, wie schwer eine Verletzung durch einen Hund ist und welche Nachteile sich daraus für das Opfer ergeben. Faustregel: Je stärker die negativen Auswirkungen sind, desto höher fällt nach einem Hundebiss das Schmerzensgeld aus.
Wer es zu welchem Anteil zahlen muss, ist ebenfalls von den jeweiligen Umständen abhängig. Grundsätzlich aber gilt: Schäden durch einen Hundebiss haben Folgen für den Halter oder die Halterin, denn sie haften für ihr Tier.
Weniger Schmerzensgeld bei Mitverschulden
Unter Umständen liegt bei einem Hundebiss die Haftung teils auch bei den Geschädigten. Dann erhalten sie weniger Schmerzensgeld. So entschied es beispielsweise das Amtsgericht Rheine. Eine Taxifahrerin nahm eine Frau und einen Jack-Russell-Terrier mit. Vor der Fahrt leckte das Tier die Hand der Taxifahrerin. Die Fahrerin verließ zwischenzeitlich das Auto. Als sie zurückkam, wollte sie den Hund streicheln, der sie dabei in die Hand biss.
Neben einer Verletzung samt Narbe trug die Taxifahrerin auch eine Hundephobie davon und bekam in Gegenwart von Hunden Angstzustände und Schweißausbrüche. Sie verklagte die Hundebesitzerin auf Schmerzensgeld.
Das Amtsgericht sprach ihr im Rahmen der Tierhalterhaftung 1.700 Euro zu. Es stellte aber gleichzeitig ein Mitverschulden am Hundebiss und somit eine Mithaftung von 30 Prozent der Geschädigten fest. Begründung: Das anfängliche Lecken hätte sie nicht als Anfreunden mit dem Tier verstehen dürfen, für das sie letztlich eine Fremde war. Deshalb sei der Hundebiss ein typisches Abwehrverhalten gewesen. Das Schmerzensgeld verringerte sich auf 1.190 Euro (AZ 4 C 92/20).
Nach Hundebiss ist auch Schadenersatz möglich
Nach einem Hundebiss ist es mit einem Schmerzensgeld allein manchmal nicht getan. So können weitere Folgen auf die Halter zukommen. Und zwar als Schadenersatz in unterschiedlicher Form.
- Entgeltschaden: Bist du nach einem Hundebiss länger als sechs Wochen arbeitsunfähig, erhältst du anschließend statt des üblichen Gehalts ein demgegenüber geringeres Krankengeld. Den dadurch entstandenen Verlust an Entgelt muss dir der Hundehalter oder die Hundehalterin ersetzen.
- Pflegeschaden: Sind deine Verletzungen durch den Hundebiss so schwer, dass du deinen Alltag zunächst nicht ohne Pflege bewältigen kannst, hast du Anspruch auf Ersatz der entsprechenden Kosten.
- Haushaltsführungsschaden: Bist du auf Hilfe bei deiner Haushaltsführung angewiesen, muss diese der Hundehalter oder die Hundehalterin bezahlen.
- Weitere mögliche Schäden: Auch andere finanzielle Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Hundebiss sind erstattungsfähig. Dazu zählen Kosten für neue Kleidung, medizinische Behandlung und Hilfsmittel oder Fahrtkosten für Arztbesuche.
Wie viel Schmerzensgeld gibt es nach einem Hundebiss?
Da diese Frage gesetzlich nicht geregelt ist, gibt es bei Hundebissen keine verbindliche Schmerzensgeldtabelle. Aber einige ergangene Urteile geben eine gewisse Orientierung.
Wer das Geld letztlich aufbringen muss, ist ebenfalls vom jeweiligen Fall abhängig. In einigen Bundesländern ist eine Hundehaftpflichtversicherung obligatorisch, die in solchen Fällen greift. Andernfalls kommt die Haftpflichtversicherung des Hundehalters für den Schaden auf. Allerdings wird ein solcher Fall nicht automatisch von jeder Versicherung abgedeckt, sodass im schlimmsten Fall Hundehalter privat haften.
Von Hund gebissen: Was tun?
Bei einem Hundebiss besteht keine Anzeigepflicht. Das heißt, dass du als Geschädigter den Vorfall keiner Behörde melden musst. Je nach Schwere der Verletzungen oder anderer Folgen solltest du aber doch eine Anzeige bei der Polizei erstatten. Das kann später im Sinne von Schmerzensgeld und Schadenersatz sinnvoll sein. Im Falle eines Falles gehst du am besten so vor:
- Notier die Personalien und die Versicherungsdaten des Hundebesitzers oder der Hundebesitzerin. Das kannst du auch der Polizei überlassen, die du im Zweifel rufen solltest. Das macht die Beweissicherung einfacher.
- Suche eine ärztliche Praxis oder ein Krankenhaus auf, um deine Verletzung begutachten, behandeln und dokumentieren zu lassen. Denn beim Hundebiss besteht die Gefahr einer bakteriellen Infektion. In schweren Fällen solltest du an Ort und Stelle den Notarzt rufen.
- Melde den Vorfall dem Ordnungsamt. Das kann gff. auch die Polizei für dich tun.
- Du kannst deine Ansprüche gegenüber dem Besitzer oder der Besitzerin mit einem Zivilverfahren geltend machen. So kann die Frage nach Schadenersatz und Schmerzensgeld geprüft werden. Das geht auch ohne vorherige Anzeige wegen Hundebiss bei der Polizei. Es ist allerdings ratsam, dich dabei anwaltlich beraten zu lassen.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.