Kennzeichenerfassung: Gericht stellt klar, was Behörden dürfen Tatjana Balzer, Fotolia

6. Februar 2019, 15:06 Uhr

Polizeikontrollen Kenn­zei­chen­er­fas­sung: Gericht stellt klar, was Behörden dürfen

Die automatische Kennzeichenerfassung, die die Polizei auf einigen Straßen und Autobahnen zur Verbrechensbekämpfung nutzt, muss das Recht auf informationelle Selbstbestimmung achten und darf nur in engen Grenzen erfolgen. Darauf verwies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Einige Bundesländer müssen nun ihre Vorschriften für die Kontrollen überarbeiten (AZ 1 BvR 142/15, 1 BvR 2795/09 und 1 BvR 3187/10).

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Kenn­zei­chen­er­fas­sung betrifft jeden, der zufällig vorbeifährt

Wird die automatische Kennzeichenerfassung eingesetzt, erfassen die Behörden mit speziellen Geräten das Nummernschild jedes vorbeifahrenden Fahrzeugs mit Ort, Zeit und Fahrtrichtung. Diese Angaben laufen dann durch eine Fahndungsdatenbank. Ergibt sich daraus kein Treffer und damit kein Hinweis auf kriminelle Aktivitäten, wird der Datensatz sofort gelöscht.

Aber: Grundsätzlich kann jeder Wagen, der zufällig vorbeikommt, erfasst werden – und dagegen hatten Autofahrer bereits vor einigen Jahren Verfassungsbeschwerde eingelegt. Sie sahen ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt.

Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung: Ver­hält­nis­mä­ßig­keit entscheidet

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte 2014 noch geurteilt, dass die automatische Nummernschilderkennung grundsätzlich nicht die Datenschutz-Grundrechte betroffener Autofahrer verletze (AZ 6 C 7.13). Mit den Beschlüssen des Bundesverfassungsgerichts ändert sich nun die Rechtsprechung: Die Richter betonten, dass die automatische Kfz-Kennzeichenerfassung nur innerhalb enger Grenzen verfassungsgemäß sei. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend müssten dadurch Rechtsgüter von erheblichem Wert geschützt werden, und es müsse ein konkreter Anlass für die Überwachung vorliegen.Mehr Informationen zum Thema Mietrechtsschutz

Konkret ging es um die Landesvorschriften für die Nummernschilderkennung in den Bundesländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen:

  • In Bayern wird die Kenn­zei­chen­er­fas­sung unter anderem auch zum Grenz­schutz ein­ge­setzt. Dagegen hatte ein Mann geklagt, der regel­mä­ßig zwischen seinen Wohn­sit­zen in Bayern und Öster­reich pendelt. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt folgte seiner Auf­fas­sung und verwies in diesem Zuge darauf, dass für den Grenz­schutz der Bund zuständig sei – nicht das Land.
  • In Baden-Würt­tem­berg und Hessen bemän­gel­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt, dass die Kenn­zei­chen­er­fas­sung im Rahmen von Schlei­er­fahn­dun­gen lan­des­weit erlaubt sei. Zulässig sei das aber nur in Grenznähe.

Bun­des­län­der müssen Vor­schrif­ten überarbeiten

Die Richter setzten eine Frist: Bis Ende 2019 dürfen die Bundesländer die Kfz-Kennzeichenerfassung noch nach den bisherigen Vorschriften weiter durchführen. Sie müssen die Vorschriften allerdings dem Beschluss des BVerfG gemäß überarbeiten und ab 2020 entsprechend umsetzen.

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