4. Oktober 2018, 8:36 Uhr
Fake oder Fakt? Beamtenbeleidigung wird besonders bestraft – stimmt das?
Kraftausdrücke gegenüber einem Amtsträger gelten gemeinhin als Beamtenbeleidigung. Und als solche werden sie härter geahndet als ein falsches Wort zu einem "normalen" Bürger. Das jedenfalls ist die landläufige Meinung. Aber ist sie auch richtig?
"Beamtenbeleidigung" gibt es nicht
Der Klassiker: Bei einem Behördengang geht es einem Antragsteller nicht schnell genug und ihm platzt der Kragen. Aufgebracht belegt er sein Gegenüber mit einigen Kraftausdrücken. Die Folge ist eine Anzeige wegen Beleidigung. Und weil das Ziel der Attacke eine Amtsperson war, werden solche Ausfälle allgemein als Beamtenbeleidigung bezeichnet.
Der Begriff klingt zwar plausibel, aber den Straftatbestand "Beamtenbeleidigung" gibt es juristisch gesehen gar nicht. Er steht in keinem Gesetz, sondern existiert nur umgangssprachlich. Vergleichbar ist er in dieser Hinsicht mit dem "Idiotentest", wie landläufig die "Begutachtung der Fahreignung" im Rahmen einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) genannt wird.
Ebenfalls falsch ist die Annahme, dass die Beleidigung von Amtsträgern strenger geahndet wird als die von anderen Menschen. Denn da die Beamtenbeleidigung kein Straftatbestand ist, gibt es dafür auch keine anderen Strafen als für sonstige Beleidigungen. Ein Vergehen ist sie natürlich trotzdem – und wird im Fall einer Anzeige entsprechend geahndet. Unter einer Beleidigung ist übrigens nicht nur eine verbale Entgleisung zu verstehen. Auch eine Geste wie der sogenannte Stinkefinger kann so behandelt werden.
Besonderheiten bei der Beleidigung von Beamten
Obwohl es die Beamtenbeleidigung im engeren Sinne nicht gibt, gelten bei strafbaren Beschimpfungen von Amtsträgern teils besondere Spielregeln. So kann üblicherweise nur die beleidigte Person einen entsprechenden Strafantrag stellen. Bei Beamten ist das aber auch deren Vorgesetzten möglich. Und: Mitglieder einer konkreten Beamtengruppe, wie etwa die Polizei, können kollektiv beleidigt werden.
Widersprüchliche Urteile
Allerdings variiert hier die Rechtsprechung. Für das Landgericht Karlsruhe zum Beispiel war ein Transparent mit einer Polizisten beleidigenden Parole, das ein Fußballfan in einem Stadion zeigte, keine Beleidigung der Beamten (AZ 11 Ns 420 Js 5815/11). Dasselbe Motto auf der Hose eines anderen Fans führte vor dem Oberlandesgericht München zu einer Verurteilung (AZ 4 OLG 13 Ss 571/13) wegen Kollektivbeleidigung. Die Strafe: 100 Tagessätze zu je 30 Euro.
Die Strafe hängt vom Einkommen ab
Das obige Urteil zeigt, dass sich das Strafmaß nach dem Einkommen der Täter richtet. Geldstrafen werden in Tagessätzen berechnet. Das heißt: Je mehr jemand verdient, desto mehr muss er zahlen. Die Kosten – also die Anzahl und die Höhe von Tagessätzen – für eine Beleidigung fallen damit unterschiedlich aus. In schweren Fällen ist sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr möglich. Bleibt es nicht bei einer verbalen Attacke, sondern kommt es zu Handgreiflichkeiten, drohen bis zu zwei Jahre Gefängnis.
Welche Beleidigung führt zur Anzeige?
Eine Beleidigung kann zu ernsten Konsequenzen führen. Unter Umständen genügt bereits eine herausgestreckte Zunge für eine Anzeige und eine anschließende Verurteilung. Bei Ärger mit Amtspersonen und Behörden – aber generell gegenüber allen Personen – ist deshalb Vorsicht geboten. Hier einige Beispiele für Schimpfworte und Gesten, die gegenüber Beamten bestraft worden sind:
- Vogel zeigen
- "Dumme Kuh"
- "Asozialer"
- Polizisten duzen
- "Holzkopf"
- Scheibenwischer-Bewegung der Hand
- "Idiot"
Wer sich zu diesen und ähnlichen Worten und Taten hinreißen lässt, geht das Risiko einer Anzeige ein. Wie eine darauf folgende Strafe aussieht, hängt vom Einzelfall ab.
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