8. Juni 2019, 13:45 Uhr
Digitaler Streit Cybermobbing: "Auch bei Beleidigungen im Internet bestehen je nach Schwere die Möglichkeiten der Abmahnung"
Die meisten Internetnutzer wissen zwar generell was im Netz erlaubt ist, aber viele User sind doch ab und an auf dem Holzweg. Rechtsanwalt Elmar Kloss klärt im Interview auf: Das sind deine Rechte und darauf solltest du achten, wenn du aktiv im Internet unterwegs bist.
Welche Rechte hat man generell als Privatperson im Internet?
Kurz gesagt: Die gleichen wie im normalen Leben. Es gibt inzwischen zwar für einige Bereiche ein besonderes „Internet-Recht", aber das ist für Normalverbraucher schlicht nicht relevant.
Was sind Ihrer Meinung nach die häufigsten Rechtsverletzungen von Privatpersonen im Netz?
Hauptsächlich werden Rechtsverletzungen in Bereichen wie Filesharing, Bilderdiebstahl und Beleidigungen begangen.
Haben Sie die Erfahrung gemacht, dass Menschen generell weniger über ihre Rechte im Netz wissen und daher auch unbedarfter mit Rechtsverletzungen umgehen?
Meiner Meinung nach liegt das eher an der "Haustürsituation". Sie erinnern sich an den besonderen Schutz durch das Haustürwiderrufsgesetz? Zu Hause auf dem Sofa sind die Leute einfach entspannter und weniger kritisch und vorsichtig als im öffentlichen Raum.
Wie ist Ihrer Meinung nach der Anteil digitaler Rechtsstreitigkeiten - im Vergleich zu allen anderen Straftaten? Nimmt die Anzahl digitaler Rechtsstreitigkeiten zu?
Ja, die Anzahl der Rechtsstreitigkeiten nimmt natürlich zu, da das Internet im täglichen Leben mehr und mehr Raum einnimmt. Andererseits glaube ich nicht, dass damit absolut die Zahl der Problemfälle steigt.
Entfachen Ihrer Erfahrung nach Streitigkeiten im Internet schneller und arten diese häufiger aus als in der „realen“ Welt? Wenn ja, was sind Ihrer Meinung nach die Gründe dafür?
Die Tendenz, dass Streitigkeiten eher hochkochen, ist im Internet definitiv vorhanden. Meiner Meinung nach liegt das vor allem daran, dass das Gegenüber nicht gesehen wird, man sich für anonym hält und deswegen Hemmschwellen fallen.
Wann ist bei einer Äußerung die Grenze zur strafbaren Beleidigung überschritten?
Das ist im Einzelnen sehr knifflig und situationsabhängig: Die meisten Menschen haben eigentlich ein gutes Gespür dafür, wann sie mit ihren Äußerungen die Grenze überschreiten. Juristisch gilt: "Angriff auf die Ehre eines anderen durch die Kundgabe von Nicht-, Gering- oder Missachtung". Ganz amüsant ist in diesem Zusammenhang eine aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt: So werden Beleidigungen im engsten Familienkreis von den Gerichten nicht verfolgt.
Macht man sich durch die Zustimmung zu einer Beleidigung oder Beschimpfung selbst strafbar?
Ja. Täter kann bereits sein, wer sich die ehrenrührige Erklärung eines Dritten zu eigen macht. Billigung oder bloße Weitergabe genügt dagegen nicht. Ein "Liken" soll nur Billigung sein.
Mit welchen rechtlichen Konsequenzen muss man rechnen, wenn man jemanden im Netz beleidigt oder ohne Erlaubnis Bilder und Inhalte veröffentlicht?
Bei Beleidigungen bestehen je nach Schwere die Möglichkeiten der Abmahnung, der einstweiligen Verfügung, einer normalen Klage - teilweise gibt es vorgelagert obligatorische Schlichtungsverfahren sowie gegebenenfalls eine strafrechtliche Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft.
Wie kann man sich gegen Beleidigungen im Internet wehren?
Hier kann sich jeder vertrauensvoll an einen Rechtsanwalt wenden, falls er das Gefühl hat, dass ihm die Situation entgleitet. Bei Jugendlichen funktioniert es inzwischen teilweise ganz gut, die Schule(n) einzuschalten.
Was kann man tun, wenn im Netz ungefragt eigene Bilder und Inhalte veröffentlicht werden?
Auch hier kann ein Rechtsanwalt zu Rate gezogen werden. Man sollte versuchen, mit demjenigen, der die Bilder/Inhalte veröffentlicht hat, in Kontakt zu treten und ihn so dazu zu bewegen, dass er die Inhalte wieder entfernt. Ansonsten kann eine Abmahnung erfolgen und dann weitere rechtliche Schritte eingeleitet werden. Nur das obligatorische Streitschlichtungsverfahren fällt raus.
Das Interview nimmt Bezug auf eine Umfrage/Studienergebnisse von Generali und ADVOCARD zum Thema Digitaler Streit.
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