4. Juli 2022, 11:59 Uhr
Durchatmen Flug verpasst wegen Sicherheitskontrolle: Deine Rechte
Einchecken konntest du noch, aber dann hat die Sicherheitskontrolle am Flughafen so lange gedauert, dass du deinen Flug verpasst hast. Steht dir nun eine Entschädigung zu – oder kann sich der Flughafen auf dein Eigenverschulden berufen?
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Flug wegen Sicherheitskontrolle verpasst: Wer ist verantwortlich?
Verantwortlich für die Sicherheitskontrollen am Flughafen ist grundsätzlich die Bundespolizei. Diese beauftragt dafür oft private Firmen, die dann die Fluggäste mitsamt Handgepäck unter die Lupe nehmen, bevor sie das Flugzeug betreten. Auch der Flughafenbetreiber ist hier häufig involviert.
Wenn es bei der Sicherheitskontrolle zu vermeidbaren Verzögerungen kommt – weil etwa bei einem erwartbar hohen Passagieraufkommen zu wenige Kontrolleure eingesetzt wurden – und du deinen Flug dadurch verpasst, kannst du eventuell Entschädigungsansprüche gegenüber dem Bund oder (je nach vertraglicher Gestaltung mit der Sicherheitsfirma an dem jeweiligen Flughafen) gegenüber dem Flughafenbetreiber anmelden.
In einem solchen Fall entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main Anfang 2022 zugunsten zweier Fluggäste und sprach ihnen einen Entschädigungsanspruch zu (AZ 1 U 220/20). Die beiden Frauen hatten sich an die zeitlichen Empfehlungen des Flughafens zum Check-in gehalten, aber trotzdem wegen einer langen Wartezeit bei der Sicherheitskontrolle ihren Flug verpasst.
Deine Fluggastrechte gegenüber der Airline hingegen kannst du beispielsweise geltend machen, wenn die Fluggesellschaft es zu verantworten hat, dass du einen Anschlussflug verpasst und dadurch zu spät an deinem Ziel ankommst. Die Airline muss auch geradestehen, wenn es bereits am Check-in zu Verzögerungen kommt.
Zu spät am Gate: Wann Fluggäste ein Eigenverschulden trifft
Die Voraussetzung für eine Haftung ist natürlich, dass du selbst rechtzeitig am Check-in und bei der Sicherheitskontrolle warst. Der Bundesgerichtshof (BGH) verneinte 2017 den Entschädigungsanspruch einer Familie, die weniger als eine Stunde vor Abflug zur Sicherheitskontrolle gekommen war: Sie hätte mehr Zeit einplanen müssen, so die Richter (AZ A III ZR 48/17). Bei der Kontrolle hatte sich ein Bombenverdacht ergeben, der sich später nicht bestätigte. Da das Handgepäck daher aber sehr genau überprüft wurde und die Kontrolle länger dauerte als üblich, verpasste die Familie ihren Flug.
Die Flughäfen oder Fluggesellschaften empfehlen für den Check-in meist einen Zeitpuffer von mindestens zwei bis zweieinhalb Stunden vor Abflug. In der Ferienzeit reicht das aber oft nicht: Wenn es am Flughafen besonders voll wird, kann es durchaus sinnvoll sein, sich bis zu vier Stunden vor dem geplanten Abflug am Flughafen einzufinden. Willst du also eine Flugreise antreten, solltest du dich rechtzeitig über die aktuelle Lage informieren.
Wichtig: Beweise für die Verzögerung sammeln
Wenn du deinen Flug verpasst, weil es bei der Sicherheitskontrolle zu lange gedauert hat, musst du beweisen, dass du rechtzeitig vor Ort warst. Mitreisende als Zeugen können helfen, genauso Fotos von Anzeigetafeln mit aktueller Uhrzeit. Merk dir zum Beispiel, wie lange die Abfertigung insgesamt gedauert hat und wie viel Personal zur Verfügung stand. Jede konkrete Angabe kann dir später dabei helfen, deinen Anspruch auf Entschädigung durchzusetzen.
Sobald du erkennst, dass du in Zeitnot gerätst, solltest du außerdem das Personal deutlich darauf hinweisen. Bitte darum, vorgelassen zu werden. Tust du das nicht, kann dir das später ebenfalls als Eigenverschulden ausgelegt werden. So entschied beispielsweise das Amtsgericht Erding 2016, dass der Münchener Flughafen einem Passagier, der wegen schlechter Organisation der Sicherheitskontrollen seinen Flug verpasst hatte, die Mehr- und Umbuchungskosten für seine Reise zu 80 Prozent erstatten müsse (AZ 8 C 1143/16). Allerdings beschied das Gericht dem Passagier eine Mitschuld, weil er sich nicht rechtzeitig beim Personal bemerkbar gemacht hatte.
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