Anhörungsbogen: Ausfüllen oder ignorieren? © iStock.com/sturti

4. November 2021, 13:24 Uhr

Darf ich eigentlich? Anhö­rungs­bo­gen: Ausfüllen oder ignorieren?

Du warst zu schnell unterwegs oder bist beim Überfahren einer roten Ampel geblitzt worden? Dann bekommst du in der Regel nicht sofort einen Bußgeldbescheid, sondern zuerst einen Anhörungsbogen. Was hat es mit diesem Dokument auf sich? Und was müssen Autofahrer beim Ausfüllen des Anhörungsbogens beachten?Alle Informationen zur Verkehrsrechtsschutzversicherung von ADVOCARD

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Auf dem Anhö­rungs­bo­gen können Fahrer sich zum Vorwurf äußern

Betroffene Autofahrer haben das Recht, zum Tatvorwurf Stellung zu nehmen, bevor sie einen Bußgeldbescheid bekommen. Deswegen wird häufig zuerst ein Anhörungsbogen verschickt. Ausnahme: Wenn du von der Polizei geblitzt und gleich angehalten wurdest, braucht die Behörde keinen Anhörungsbogen zu verschicken. Dann hattest du ja bereits Gelegenheit, dich zu äußern.

Die Polizei ertappt nicht alle Verkehrssünder auf frischer Tat. Aber manchmal eben ein Blitzer. Oder Zeugen melden eine Missachtung der Straßenverkehrsordnung, wie es bei Falschparkern öfter der Fall ist. Dann verfolgen die Behörden die Ordnungswidrigkeit über das Autokennzeichen. Dadurch lassen sich zwar das Fahrzeug und der Fahrzeugbesitzer identifizieren, aber nicht unbedingt der tatsächliche Fahrer. Schließlich teilen sich manchmal mehrere Personen ein Auto. Der Anhörungsbogen ist also auch dazu da, um herauszufinden, wer am Steuer saß. Denn in Deutschland gilt die Fahrerhaftung, das heißt: Für den Verstoß haftet nicht der Halter, sondern die Person, die gefahren ist.

Zusammen mit dem Anhörungsbogen erhalten Betroffene üblicherweise Auskunft zu

  • Ort und Zeitpunkt der Tat
  • dem konkreten Verstoß, der ihnen zu Last gelegt wird
  • Höhe des Bußgeldes und möglichen Punkten in Flensburg
  • und einem möglichen Fahrverbot.

Zudem werden die Beweise angeführt, wie das klassische Blitzerfoto oder Zeugen. Freu dich aber nicht zu früh, wenn kein Foto dabei ist: Die Behörde ist nicht verpflichtet, dir das Beweisfoto zuzusenden.

Der Anhörungsbogen hat zudem Auswirkungen auf die Verjährungsfrist. Mehr dazu liest du hier: „Bußgeldbescheid: Wann tritt die Verjährung ein?

 

Wann musst du den Anhö­rungs­bo­gen ausfüllen?

Wenn zum Beispiel dein Name oder deine Adresse falsch geschrieben oder andere Daten nicht korrekt angegeben sind, musst du sie auf dem Anhörungsbogen korrigieren. Dazu verpflichtet dich § 111 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).

Zum Tatvorwurf musst du dich nicht äußern, denn niemand ist verpflichtet, sich selbst oder andere zu belasten. Wenn du jedoch nicht gefahren bist, sondern jemand anders, ist es sicher in deinem Interesse, das klarzustellen. Dafür ist der Anhörungsbogen da. Aber Vorsicht: Machst du bewusst falsche Angaben zum Fahrer, ist das strafbar.

Falls alle Daten korrekt sind, du den Vorwurf anerkennst und bereit bist, das Buß- oder Verwarnungsgeld zu zahlen, musst du den Anhörungsbogen nicht zurücksenden. Denn mit der fristgerechten Zahlung endet das Verfahren.

Die Frist für die Rücksendung des Anhörungsbogens ist ansonsten im Schreiben angeben (meistens zwei Wochen) und sollte eingehalten werden. Wer dieser Verpflichtung nicht nachkommt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 1.000 Euro. Manchmal kannst du die Angaben aber auch online übermitteln.

Auto wird von einem Geschwindigkeitsmessgerät geblitzt.

© iStock.com/TimSiegert-batcam

 

Anhö­rungs­bo­gen: Verstoß zugeben oder schweigen?

Bei einem Anhörungsbogen steht es dir frei, die Stellungnahme auszufüllen und den Verstoß zuzugeben, ihn abzustreiten oder keine Angabe zu machen. Du bist nicht verpflichtet, dich zu belasten. Zudem kann sich eine ungünstige oder unklare Wortwahl bei der Beschreibung des Tathergangs im Nachhinein als Fehler erweisen.

Füllst du die entsprechenden Zeilen nicht aus, wird dir als Nächstes in der Regel der Bußgeldbescheid zugestellt – denn die Behörde geht dann davon aus, dass der Vorwurf zutrifft.

Schreibt dich nicht die Bußgeldbehörde, sondern die Polizei oder die Staatsanwaltschaft an, geht es häufig nicht mehr nur um die Aufklärung einer Ordnungswidrigkeit. Dann steht oft eine Straftat wie Körperverletzung, zum Beispiel durch einen Unfall mit Personenschaden, im Raum. Hier ist es besonders ratsam, dir juristischen Beistand zu holen.

Nicht zu verwechseln ist der Anhörungsbogen auch mit dem Zeugenfragebogen: Dieser wird verschickt, wenn die Behörde keinen Fahrer identifizieren konnte – zum Beispiel, weil das Auto auf einen Mann zugelassen ist, die Fahrerin auf dem Blitzerfoto aber eindeutig eine Frau ist. Den Zeugenfragebogen musst du prinzipiell ausfüllen. Allerdings bist du auch hier nicht verpflichtet, dich selbst oder nahe Angehörige zu belasten (Zeugnisverweigerungsrecht). Auch in diesem Fall ist die Beratung durch einen Fachanwalt für Verkehrsrecht zu empfehlen, der dir Tipps für das Vorgehen in deiner speziellen Situation geben kann.

FAZIT
  • Der Anhö­rungs­bo­gen muss immer dann frist­ge­recht und unter­schrie­ben zurück­ge­schickt werden, wenn Angaben zwingend kor­ri­giert werden müssen – zum Beispiel zur Person.
  • Wer den Vorwurf anerkennt und zahlt, muss sich ansonsten nicht äußern. Betrof­fe­ne sind nicht zur Stel­lung­nah­me und zu Angaben zum Tat­her­gang verpflichtet.
  • Stehen schwere Vorwürfe im Raum oder kommt ein Zeu­gen­fra­gen­bo­gen, mit dem konkret der Fahrer ermittelt werden soll, ist die Beratung durch einen Anwalt zu empfehlen.
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