9. November 2022, 9:00 Uhr
Darf ich eigentlich? Falschparker fotografieren: Ist das erlaubt oder verboten?
Viele Menschen juckt es wahrscheinlich in den Fingern, wenn sie mitten auf dem Fahrradweg geparkte oder quer über drei Parkplätze abgestellte Autos sehen. Die Handykamera ist schnell gezückt, das Fahrzeug abgelichtet – sei es zum Versand ans Ordnungsamt oder zum gemeinsamen Aufregen mit Freunden. Aber darfst du Falschparker überhaupt fotografieren?
Ärger auf der Straße? Der Verkehrs-Rechtsschutz kann helfen! >>
Berechtigtes Interesse – darfst du falsch geparkte Autos fotografieren?
Einen Falschparker zur Beweissicherung zu fotografieren, liegt im ersten Moment nahe. Allerdings hältst du mit einem solchen Foto unter Umständen sensible Daten fest – Kennzeichen, Automarke und Farbe in Kombination mit Ort, Datum und Uhrzeit, aber beispielsweise auch Schäden am betroffenen Auto, andere Autos mit Kennzeichen oder zufällig anwesende Passanten.
Deshalb stellt sich die Frage, ob du ein berechtigtes Interesse daran hast, diese im Foto vorhandenen Daten weiterzuleiten. Nach Artikel 6 Absatz 1 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist die Verarbeitung von Daten nämlich nur zulässig, wenn sie mindestens eine der dort angeführten Bedingungen erfüllt: zum Beispiel, wenn der Autobesitzer zugestimmt hat, dass du seinen Wagen fotografierst.
Das wird bei Falschparkern kaum der Fall sein. Gerne herangezogen daher wird an dieser Stelle die in Artikel 6 Absatz 1 f der DSGVO genannte Bedingung, dass Fotos gemacht werden dürfen, wenn dies „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich“ ist. Ein solches Interesse hättest du beispielsweise, wenn jemand deine Einfahrt zugeparkt hat oder den Gehweg- oder Radweg blockiert, den du gerade nutzt.
Bist du nicht selbst betroffen, ist Artikel 6 Absatz 1 e der DSGVO zu beachten. Demnach dürfen Fotos auch ohne Zustimmung des Abgebildeten gemacht werden, wenn dies „für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich [ist], die im öffentlichen Interesse liegt“.Hieran scheiden sich oft die Geister: Ist die Meldung von Falschparkern durch Privatpersonen im öffentlichen Interesse?
Urteile aus Ansbach: Falschparker fotografieren verstößt nicht zwingend gegen den Datenschutz
Zwei Urteile von November 2022 geben Aufschluss zur aktuellen Rechtslage (AZ AN 14 K 22.00468 und AN 14 K 21.0143).
Darum ging es in den am Verwaltungsgericht Ansbach verhandelten Fällen: Zwei Männer, die in München über mehrere Jahre hinweg Falschparker fotografiert und der Polizei gemeldet hatten, waren vom Landesamt für Datenschutzaufsicht verwarnt worden. Sie hätten personenbezogene Daten rechtswidrig verarbeitet, als sie die Kennzeichen der Parksünder fotografiert und weitergeleitet hatten. Die Verwarnungsgebühr: 100 Euro.
Die beiden Männer sahen sich jedoch im Recht und zogen vor das Verwaltungsgericht in Ansbach. Die Kernfrage in der Verhandlung war, ob ein berechtigtes Interesse an der Weiterleitung und Verarbeitung der Daten aus den Fotos bestünde. Muss die fotografierende Person persönlich vom falsch abgestellten Auto betroffen sein oder genügt das Interesse der Allgemeinheit an einer Anzeige des Falschparkers?
Das Verwaltungsgericht Ansbach gab den Klagen statt: Demnach verstießen die Männer nicht gegen den Datenschutz, indem sie die Falschparker fotografierten und sie mit diesem Foto der Polizei meldeten. Ob es sich um eine Einzelfall- oder eine Grundsatzentscheidung handelt, muss sich jedoch noch zeigen. Aktuell ist das Urteil noch nicht rechtskräftig (Stand: 9. November 2022).
Parksünder am Pranger: Bloßstellung im Internet verstößt gegen den Datenschutz
Wer der Polizei oder dem Ordnungsamt ein falsch geparktes Auto melden möchte, darf dafür prinzipiell auch eine App wie zum Beispiel “Wegeheld” nutzen. Auch Fotos darf man mitsenden. Aufpassen solltest du immer dann, wenn das Foto für andere Nutzer der App sichtbar wird: Kennzeichen, Personen und andere eindeutige Identifikationsmerkmale müssen unkenntlich gemacht werden. In der Regel verpixelt die App zumindest die Kennzeichen automatisch.
Manchen ist die reine Meldung eines Falschparkers jedoch nicht genug – schließlichliegt es im Ermessen der Behörde, den Fall weiterzuverfolgen. Im Internet hingegen gibt es zahlreiche weitere Betroffene, die dir in deinem Frust sicher gern beipflichten. Was also hält dich davon ab, das Foto des Parksünders über soziale Netzwerke zu verbreiten?
Im Grunde: nichts. Allerdings musst du dich dabei an einige Regeln halten, um nicht gegen die Datenschutzrechte des Autofahrers zu verstoßen, dessen Wagen du fotografiert hast. Du darfst ohne Einwilligung keine personenbezogenen Daten veröffentlichen wie etwa das Autokennzeichen. Das gilt auch, wenn du persönlich betroffen bist, weil zum Beispiel deine Einfahrt zugeparkt wurde.
Willst du deinem Ärger über einen besonders dreisten Falschparker online Luft machen, musst du also vor der Veröffentlichung des Fotos das Nummernschild unkenntlich machen. Falls Personen sichtbar sind, gilt dasselbe für deren Gesichter. Aufkleber und andere Dekorationen müssen nicht zwingend geschwärzt werden. Da sie aber unter Umständen Rückschlüsse auf den Besitzer des Fahrzeugs zulassen, ist es ratsam, sie ebenfalls unkenntlich zu machen.
Mehr als eine leise Genugtuung und den Zuspruch von anderen wirst du aus einem solchen Posting allerdings nicht ziehen können – Einsicht des Falschparkers oder gar eine Verhaltensänderung wird daraus normalerweise nicht resultieren.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.