10. März 2020, 8:00 Uhr
Führerscheintourismus Führerschein im Ausland machen: Mit Scheinwohnsitz ungültig
Den Führerschein im Ausland zu machen, ist oft günstiger und mit weniger strengen Auflagen verbunden als bei einer deutschen Fahrschule. Doch wer sich nur zum Schein einen Wohnsitz in einem Nachbarland zulegt, um dort günstig eine EU-Fahrerlaubnis zu erwerben, muss damit rechnen, dass diese in Deutschland nicht anerkannt wird. Das zeigt ein aktueller Beschluss des Verwaltungsgerichts (VG) Koblenz.
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Ausländischer Wohnsitz allein reicht nicht aus
Das Gericht hatte im Fall eines Mannes zu entscheiden, der seit seiner Geburt im Jahr 1985 seinen Hauptwohnsitz in Deutschland hat. Zwischenzeitlich war er zusätzlich auch in Tschechien gemeldet, wo er 2011 eine Fahrerlaubnis erworben hat.
Das fiel dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) 2019 auf. Die Flensburger Behörde witterte offenbar einen Fall von Führerscheintourismus und hakte bei den tschechischen Behörden nach. Das Ergebnis: Außer der Anmeldung des Wohnsitzes seien keine "tatsächlichen Verhältnisse" des Mannes in Tschechien bekannt. Er hatte weder einen Arbeitsplatz dort noch familiäre Verbindungen in das Nachbarland. Dies legte die Vermutung eines Scheinwohnsitzes nahe. Deshalb wurde der Führerschein des Mannes in Deutschland für ungültig erklärt.
Verdacht auf Scheinwohnsitz für den Führerscheinerwerb
Dagegen ging der Mann gerichtlich vor. Das VG Koblenz kam seinem Eilantrag jedoch nicht nach (AZ 4 L 158/20.KO). Die Möglichkeit eines sogenannten Wohnsitzverstoßes reiche für die Aberkennung der Fahrerlaubnis aus, so das Gericht. Denn es bestehe der Verdacht, dass der Antragsteller den tschechischen Wohnsitz nur angemeldet hätte, um dort den Führerschein machen zu können statt in der Bundesrepublik.
Ordentlicher Wohnsitz = 185 Tage vor Ort
Grundsätzlich sind Inhaber eines ausländischen Führerscheins berechtigt, in Deutschland Auto zu fahren. Eine EU- oder EWR-Fahrerlaubnis wird in anderen europäischen Ländern in der Regel problemlos anerkannt, wenn der Inhaber zum Zeitpunkt des Führerscheinerwerbs seinen ordentlichen Wohnsitz im Ausstellungsland hatte. Das heißt, er muss mindestens 185 Tage im Jahr dort gelebt haben.
Wohnsitzerfordernis als Maßnahme gegen Führerscheintourismus
Diese Regelung ist in Deutschland in § 28 Absatz 4 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) festgelegt und gilt seit Anfang 2009. Zuvor hatten sich vor allem deutsche Verkehrssünder, denen die Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik entzogen worden war, die Anerkennung ausländischer EU-Führerscheine im Inland zunutze gemacht.
Nach ihrem EU-Beitritt im Jahr 2004 waren vor allem Tschechien und Polen zu beliebten Ländern für den sogenannten Führerscheintourismus geworden. Die beiden Länder waren von Deutschland aus gut zu erreichen, die Kosten für einen Führerschein erheblich niedriger und ein Wohnsitz im jeweiligen Land wurde damals noch nicht vorausgesetzt.
Um dem einen Riegel vorzuschieben, erließ die EU bereits 2007 die dritte EU-Führerscheinrichtlinie, die seit 2009 in Deutschland in § 28 FeV verankert ist. Bis spätestens 2011 mussten alle EU-Länder das Wohnsitzerfordernis in nationales Recht umsetzen. Wer mit Scheinwohnsitz im Ausland einen Führerschein macht und damit im Heimatland fährt, ist rechtlich gesehen ohne gültige Fahrerlaubnis unterwegs.
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