7. Juni 2021, 9:00 Uhr
Durchatmen MPU: Ab wann muss man hin und wie läuft sie ab?
Wegen eines schweren Verkehrsverstoßes ist der Führerschein weg: Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) kann dann die Bedingung dafür sein, dass die Fahrerlaubnis wieder erteilt wird. Die im Volksmund wenig schmeichelhaft als "Idiotentest" bekannte Begutachtung stellt Betroffene vor viele Fragen – der Streitlotse erklärt, was es damit auf sich hat.
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Was ist die MPU und wozu dient sie?
Bei einer MPU – offiziell auch: “Begutachtung der Fahreignung” – wird festgestellt, ob die betroffene Person in körperlicher, geistiger und persönlicher Hinsicht geeignet ist, ein Kraftfahrzeug zu führen. Anlass für eine MPU sind oft schwere Verkehrsverstöße, die die Fahreignung des Verursachers infrage stellen und daher die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge haben.
Häufige Gründe für die Anordnung einer MPU sind:
- wiederholte Alkoholfahrten oder eine Fahrt mit einem Blutalkoholwert ab 1,6 Promille, gegebenenfalls aber auch mit niedrigeren Promillewerten (siehe nächster Absatz)
- Fahrten unter Drogeneinfluss
- Straftaten im Straßenverkehr
- wiederholter Führerscheinentzug
- 8 oder mehr Punkte im Flensburger Verkehrszentralregister
- eine fehlende geistige Eignung, zum Beispiel ein erhöhtes Aggressionspotenzial oder verminderte Selbstkontrolle
Daneben können bestimmte gesundheitliche Einschränkungen dazu führen, dass eine MPU erforderlich wird – auch wenn sich der Betroffene im Straßenverkehr bisher stets korrekt verhalten hat. Im Fokus steht auch hier die Sicherheit des Fahrers und anderer Verkehrsteilnehmer.
Die Fahrerlaubnisbehörde kann die Teilnahme an einer MPU als Voraussetzung für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis anordnen. In diesem Fall gibt es den Führerschein auf Antrag nur zurück, wenn der Betroffene Ärzte und Psychologen von seiner Fahreignung überzeugen kann und der Behörde ein entsprechendes Gutachten vorlegt.
Ab wie viel Promille droht die MPU bei Alkoholverstößen?
Wer mit 1,6 oder mehr Promille Alkohol im Blut am Steuer erwischt wird, muss – wie oben angesprochen – gemäß § 13 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) mit der Anordnung einer MPU rechnen, bevor er seine Fahrerlaubnis zurückerhalten kann. Auch bei Promillewerten ab 1,1 kann bereits eine MPU angeordnet werden, wenn der Fahrer beispielsweise wiederholt mit Alkoholverstößen aufgefallen ist oder typische Ausfallerscheinungen zeigt.
Wie das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) im März 2021 entschied, kann eine MPU bei Promillewerten unter 1,6 auch dann angeordnet werden, wenn der Fahrer bei der Kontrolle keine Ausfallerscheinungen zeigt, jedoch alles darauf hindeutet, dass er regelmäßig alkoholisiert fährt (AZ 3 C 3.20). Im konkreten Fall war ein Autofahrer mit 1,3 Promille Alkohol im Blut am Steuer erwischt worden, zeigte aber keine Ausfallerscheinungen.
Das BVerwG bestätigte, dass die Anordnung einer MPU hier rechtmäßig gewesen sei: Es sei anzunehmen, dass der Betroffene an regelmäßigen Alkoholkonsum gewöhnt sei. Im Rahmen einer MPU müsse er glaubhaft machen, dass er sich nicht wieder alkoholisiert ans Steuer setzen werde.
Wie läuft die Medizinisch-Psychologische Untersuchung ab?
Die MPU findet bei einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung statt. Sie dauert einige Stunden und besteht aus drei Teilen:
- einer medizinischen Untersuchung durch einen Arzt
- einem Leistungstest, bei dem unter anderem die Reaktions-, Konzentrations- und Wahrnehmungsfähigkeit überprüft werden
- einem psychologischen Untersuchungsgespräch
Je nach Anlass der MPU gibt es bei den Untersuchungen und Tests unterschiedliche Schwerpunkte. Beim psychologischen Gespräch geht es darum, sich realistisch mit der eigenen Situation auseinanderzusetzen. Der Verkehrspsychologe muss anschließend davon überzeugt sein, dass sich der Betroffene seiner Probleme bewusst ist und er sein Fehlverhalten einsieht. Hat beispielsweise ein Alkoholproblem zum MPU-Test geführt, sollte deutlich werden, dass der Betroffene seine Lebensweise geändert hat.
Auf Wunsch kann das Gespräch bei den meisten Begutachtungsstellen auf Video aufgenommen werden. Gibt es später Unstimmigkeiten über den Prüfungsverlauf, kann die Aufnahme als Absicherung dienen.
Die Ergebnisse der MPU werden ausgewertet und in einem Gutachten zusammengefasst, mit dem sich der Betroffene wieder an die Führerscheinstelle wenden kann.
Alle Kosten sind vom Prüfling selbst zu tragen.
Wer meint, dass er zu Unrecht zum "Idiotentest" geladen wurde oder unsicher über das weitere Vorgehen im Falle eines Führerscheinentzugs ist, sollte sich an seinen Verkehrsrechtsschutz wenden. Hier finden Betroffene Antworten auf rechtliche Fragen, die mit der Eignungsuntersuchung zusammenhängen.
Vorsicht vor unseriösen Angeboten zur MPU-Vorbereitung
Selbstverständlich möchte jeder Betroffene die MPU schnell erfolgreich hinter sich bringen und seine Fahrerlaubnis zurückerhalten. Daraus hat sich ein erfolgreicher Geschäftszweig entwickelt: Online findet man zahlreiche Angebote zur MPU-Vorbereitung. Nicht alle aber sind seriös. Vorsicht ist vor allem geboten bei Wochenend-Intensivkursen und Seminaren mit “Erfolgsgarantie”, die jedem Teilnehmer pauschal gegeben wird.
Ein seriöser Anbieter informiert zunächst umfassend und kostenfrei über sein Programm. Darauf folgt ein Einzelberatungsgespräch mit einem Verkehrspsychologen. Die Kosten dafür liegen in der Regel bei etwa 100 bis 150 Euro. Die Interessenten erhalten dann eine Empfehlung, wie in ihrem individuellen Fall die weitere Vorbereitung auf die MPU ablaufen sollte und wie umfangreich sie sein sollte. Eine seriöse und nachhaltige MPU-Vorbereitung nimmt meist einige Monate in Anspruch.
Ein Fachanwalt für Verkehrsrecht kann Betroffenen dabei helfen, einen qualifizierten Berater zu finden.
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