Tierhalterhaftung: Wer zahlt für Schäden durch Haustiere? © iStock.com/CBCK-Christine

6. September 2022, 9:00 Uhr

Achtung, das wird teuer Tier­hal­ter­haf­tung: Wer zahlt für Schäden durch Haustiere?

Haustiere bringen ihren Besitzern viel Freude, können aber auch Schaden anrichten – und das leider auch bei fremden Personen. Die Tierhalterhaftung nimmt in solchen Fällen Herrchen und Frauchen in die Pflicht. Hier erfährst du, was das bedeutet.

Alle Informationen zur Mietrechtsschutz von ADVOCARD

Bei Streitfällen gut abgesichert: Wir stehen dir zur Seite! >>

Die Tier­hal­ter­haf­tung als Gefährdungshaftung

Tierhalter haften nach § 833 Satz 1 BGB automatisch für die Schäden, die durch ihr Tier entstehen. Es handelt sich bei der Tierhalterhaftung im BGB um eine sogenannte Gefährdungshaftung, denn von Tieren geht stets eine gewisse Unberechenbarkeit aus, auch wenn sie noch so gut erzogen sind. Praktisch heißt das, dass du auch bei einer unvorhergesehenen Reaktion deines Tieres als Halter unbegrenzt schadenersatzpflichtig bist.

Ein Mitverschulden durch dich spielt dabei keine Rolle, genauso wenig die Frage, ob es tatsächlich zu einem Angriff kommt. Wenn also eine Passantin vor einem angeleinten, bellend auf sie zulaufenden Hund erschrickt, dabei stürzt und sich verletzt, kann es sein, dass der Tierhalter für die Kosten der Behandlung haften muss. So entschied zum Beispiel das Landgericht Coburg 2011 (AZ 13 O 150/11).

Selbst ein schlafender Hund kann zur Gefahr werden – wenn er sich als Schlafplatz ausgerechnet den Eingang eines Ladengeschäfts ausgesucht hat. In einem Fall, der später vor Gericht verhandelt wurde, hatte eine Kundin das Tier beim Verlassen des Geschäfts nicht bemerkt, stolperte über den Hund und zog sich beim Sturz eine schwere Knieverletzung zu. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (AZ 19 U 96/12) ist die Hundehalterin umfassend schadensersatzpflichtig.

Schäden durch Haustiere in der Mietwohnung

Da die Haustierhaltung im Mietvertrag nicht generell ausgeschlossen werden darf, ist das Thema bei Vermietern oft mit Sorgen behaftet: Vielleicht ist der süße Cockerspaniel ja doch nicht stubenrein? Oder es entstehen Schäden durch Katzen, weil Wände oder Türstock mit dem Kratzbaum verwechselt werden?

Hunde und Katzen dürfen nur mit Erlaubnis des Vermieters gehalten werden, aber diese Einschränkung gilt nicht für Kleintiere. Bekommt das Kaninchen also in der Wohnung seinen Freilauf oder der Wellensittich darf eine Runde im Zimmer herumflattern, können Schäden an der Wohnung entstehen, denen der Vermieter im Voraus nichts entgegensetzen kann.

Wie diese Situationen rechtlich zu bewerten sind und wer für den Schaden haftet, hängt von Art und Umfang der Schäden im Einzelfall ab. Schäden durch Tierkot oder -urin werden üblicherweise als Realisierung der Tiergefahr betrachtet, für die der Tierhalter schadensersatzpflichtig ist.

Leichte Kratzer durch das normale Laufverhalten eines Tiers können unter Umständen als übliche Abnutzungserscheinung im Rahmen der vertragsgemäßen Nutzung der Mietsache gewertet werden, die der Vermieter hinnehmen muss.

Allerdings hat das Landgericht Koblenz 2014 (AZ 6 S 45/14) entschieden, dass ein Mieter für die tiefen Kratzspuren seines Labradors im Parkett zur Haftung gezogen werden kann: Im Rahmen seiner Obhutspflicht hätte er einen Teppich auslegen oder seinem Hund Socken anziehen können, um den Boden zu schonen und größere Schäden zu vermeiden, so die Richter.

INFO

Tierhaftpflichtversicherung – ja oder nein?

Die private Haftpflichtversicherung deckt üblicherweise bestimmte Schäden durch Katzen sowie Kleintiere wie Hamster oder Vögel ab. Als Hundehalter stehst du mit einer Hundehaftpflichtversicherung also im Ernstfall auf der sicheren Seite. In manchen Bundesländern (Stand 2022: Berlin, Hamburg, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen) ist eine Haftpflichtversicherung für Hunde ohnehin bereits verpflichtend, abhängig unter anderem davon, welcher Rasse das Tier angehört. Auch für Pferdehalter ist eine entsprechende Tierhaftpflichtversicherung in der Regel eine gute Idee.

Gibt es Ausnahmen von der Tierhalterhaftung?

Die uneingeschränkte Tierhalterhaftung gilt für Schäden, die durch sogenannte Luxustiere verursacht werden. Als solche gelten alle Tiere, die nicht dem Erwerb, dem Beruf oder dem Unterhalt des Tierhalters dienen. Anders sieht das bei Nutztieren aus: Hier müssen die Halter nur haften, wenn sie ihre Sorgfaltspflicht vernachlässigt haben.

Häufig geht es bei tierischen Haftungsfällen um Hunde oder Pferde. Je nachdem, ob es sich dabei um ein Haustier oder beispielsweise einen Polizei- oder Blindenhund handelt, wird die Frage der Schadensersatzpflicht unterschiedlich geklärt.

Bei der Polizei zum Beispiel müssen Hundeführer sicherstellen, dass der Hund es bei einem einzelnen Biss belässt, sofern das für eine Festnahme überhaupt nötig ist. Er ist dazu verpflichtet, den Hund so unter Kontrolle zu halten, dass es nicht zu willkürlichem oder wiederholtem Beißen kommt.

Drei junge Menschen gehen mit einem großen Rudeln an Hunden im Park spazieren.
© iStock.com/LuckyBusiness

Wer gilt im Haf­tungs­fall als Halter?

Die gesetzliche Regelung ist unabhängig von der Eigentumsfrage: Wer im Moment der Schädigung die Gewalt über das Tier hat, haftet – das kann dann eben auch die Reitbeteiligung sein, unter der das Pferd spontan austritt, oder die Nachbarin, die Bello nur ausnahmsweise ausgeführt hatte, als er sich von der Leine losriss und einen Verkehrsunfall verursachte. Allerdings gibt es auch hier Ausnahmen: In vielen Hundehaftpflichtversicherungen sind beispielsweise dritte Personen mit abgedeckt, die das Tier privat vorübergehend betreuen.

Bei gewerblichem Hundesitting sieht es wieder anders aus. Wersich als Tierhüter vertraglich verpflichtet, ein Haustier für eine bestimmte Zeit zu beaufsichtigen, haftet (§ 834 BGB), wenn die Tiere Sach- oder Personenschäden verursachen. Das gilt für auch für Inhaber von Tierpensionen, die während der Urlaubszeit gegen Geld auf die Haustiere anderer aufpassen. Allerdings können sich gewerbliche Tierhüter in manchen Fällen entlasten. Dazu müssen sie allerdings glaubhaft nachweisen, dass das Tier in ihrer Obhut ordnungsgemäß beaufsichtigt wurde.

SERVICE

Tierhalterhaftpflicht − damit tierische Zwischenfälle nicht tierisch ins Geld gehen

Ihr Hund oder Pferd verursacht einen Schaden? Das kann schnell teuer werden. Die Tierhalterhaftpflichtversicherung der Generali schützt Sie vor den finanziellen Folgen. Mehr dazu hier.

Hund beißt Mensch: Mit­ver­schul­den schmälert meist das Schmerzensgeld

Ist die geschädigte Person für den Schaden mitverantwortlich, hat auch das Konsequenzen. Es kann sich zum Beispiel auf die Höhe des Schadensersatzanspruchs auswirken, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts München von 2018 (AZ 20 U 1474/18) zeigt: Eine Hundehalterin wurde von ihrem eigenen Hund in die Hand gebissen, als sie versuchte, diesen von einer Bulldogge zu trennen, mit der er kämpfte. Die tierischen Kontrahenten waren beide nicht angeleint.

Die Frau brauchte eine Hand-OP, die mit schweren gesundheitlichen Folgeschäden einherging. Sie klagte deshalb auf ein Schmerzensgeld, was zunächst abgewiesen wurde. Im Berufungsverfahren stellte das OLG München jedoch fest, dass der Halter der Bulldogge aufgrund der Gefährdungshaftung zur Haftung zu ziehen sei, obwohl die Geschädigte im Rahmen einer Rangelei beider Tiere von ihrem eigenen Hund gebissen wurde. Deshalb sprach das Gericht ihr ein Schmerzensgeld zu.

Da die Geschädigte jedoch in die Rangelei eingegriffen hatte, bescheinigten ihr die Richter ein Mitverschulden, das sich mindernd auf das Schmerzensgeld auswirkte.

Artikel teilen

Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.

So einfach ist Rechtsschutz

Ein Rechtsstreit, ganz gleich in welchem Bereich, kommt oft unverhofft. Darum hat ADVOCARD mit dem 360°-Rechtsschutz einen besonders leistungsstarken Rundumschutz geschaffen.

Mehr erfahren

Mediation

Vertragen statt klagen: mit Mediation rechtliche Konflikte ohne Gerichts­ver­fahren lösen.

Strei­tatlas

Streit in Berlin? Zoff in München? Der interaktive Atlas zeigt, wo die deutschen Streithähne leben.

ADVOCARD-Service

Kompetente Beratung und professionelle Unterstützung rund um die Uhr.