23. August 2017, 15:24 Uhr
Urteil sorgt für mehr Rechte Hartz-IV-Empfänger besser vor Wohnungskündigung geschützt
Das Bundesverfassungsgericht hat im Fall eines Beziehers von Arbeitslosengeld II (ALG II) entschieden. Der Hartz-IV-Empfänger hatte sich mit einem Eilantrag dagegen gewehrt, dass ihm zu niedrige Leistungen für Wohnungs- und Heizkosten gezahlt wurden. Die Verfassungsrichter gaben ihm Recht, nachdem das zuständige Landessozialgericht zuvor zugunsten des Jobcenters entschieden hatte.
Wir stärken Ihre Rechte – in allen Lebenslagen. >>
Hartz-IV-Empfänger erhielt zu niedrige Leistungen
Der Kläger bezieht Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Er hatte allerdings für seinen Bedarf zu niedrige Zahlungen für Wohn- und Heizkosten erhalten, weil das zuständige Jobcenter davon ausgegangen war, dass er in einer Bedarfsgemeinschaft mit einer anderen Person lebte. Deshalb erhielt er selbst nur reduzierte Leistungen. Dagegen wehrte er sich mit einem Eilantrag und war vor dem Sozialgericht zunächst erfolgreich: Es verpflichtete das Jobcenter, ihm vorläufig die höheren Leistungen auszuzahlen, die ein Alleinstehender erhält. Das Jobcenter legte seinerseits Beschwerde ein und das Landessozialgericht Essen entschied als nächste Instanz anders: Dem Hartz-IV-Empfänger drohe wegen der geringeren Leistungen keine Obdachlosigkeit, weil noch keine Räumungsklage vorliege. Es sei deshalb nicht nötig, seinem Eilantrag nachzukommen. Der Leistungsempfänger sah durch dieses Urteil vor allem seinen in Artikel 19 Grundgesetz (GG) verankerten Anspruch auf effektiven Rechtsschutz bei Akten staatlicher Gewalt verletzt.
Urteil: Prüfung im Einzelfall erforderlich
Vor dem Bundesverfassungsgericht war der Hartz-IV-Empfänger schließlich erfolgreich: Die Richter erklärten, dass die Entscheidung über den Eilantrag nicht nur davon abhängig gemacht werden könne, ob bereits eine Räumungsklage bestehe. Vielmehr müssten die Gerichte die Gesamtsituation des Betroffenen im Einzelfall prüfen und individuell entscheiden, ob eine Eilbedürftigkeit vorliege (AZ 1 BvR 1910/12). Zum Beispiel könne nicht pauschal davon ausgegangen werden, dass der Verlust der Wohnung erst bei einer Räumungsklage wahrscheinlich sei. Außerdem sei es Teil des Existenzminimums, in der aktuellen Wohnung bleiben zu können. Zu prüfen sei deshalb, welche sozialen, finanziellen oder gesundheitlichen Folgen ein Wohnungsverlust für den Hartz-IV-Empfänger hätte.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.