Ist eine Mietminderung rückwirkend möglich? © iStock.com/MicroStockHub

5. Januar 2022, 9:30 Uhr

Darf ich eigentlich? Ist eine Miet­min­de­rung rück­wir­kend möglich?

Oft reagiert man nicht sofort, wenn es Probleme mit der eigenen Wohnung gibt, sondern erst, wenn es richtig nervt. Viele Mieter fragen sich daher, ob eine Mietminderung rückwirkend möglich ist. Unter bestimmten Voraussetzungen: Ja – auch wenn die Mietminderung normalerweise immer erst ab dem Zeitpunkt der Mängelanzeige wirksam wird. Anders sieht es aus, wenn der Vermieter Mängel bewusst verschwiegen hat. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollten Mieter immer auf einer schnellen Behebung von Mietmängeln bestehen, sobald sie diese entdeckt haben.

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Miet­min­de­rung setzt in der Regel eine Män­gel­an­zei­ge voraus

Wenn deine Mietwohnung einen Mangel aufweist, hast du als Mieter gemäß § 536 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) das Recht, eine Mietminderung geltend zu machen – so lange, bis der Vermieter den Mangel behoben hat. Allerdings müssen Mieter den Vermieter über den Mangel informieren, bevor sie die Miete kürzen. Hast du das getan, kannst du ab sofort einen angemessenen Teil der Miete einbehalten. Aber Vorsicht: Du solltest dich vorher darüber informieren, in welcher Höhe die Mietminderung angemessen ist, etwa bei einem Mieterverein.

Was du außerdem beachten musst, wenn du wegen eines Mangels die Miete mindern willst, erfährst du auf unserer Themenseite “Mietminderung”.

Mangel angezeigt, aber Vermieter unter­nimmt nichts: Kann ich nach­träg­lich die Miete mindern?

Eine rückwirkende Mietminderung kann unter Umständen dann wirksam werden, wenn du den Vermieter schon vor längerer Zeit über den Mangel in Kenntnis gesetzt hast, dieser aber nichts unternommen hat. Hast du dennoch weiter die volle Miete bezahlt, weil du darauf vertraut hast, dass der Vermieter bald handelt, ist eine rückwirkende Mietminderung in manchen Fällen möglich – jedoch nicht in allen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied in einem solchen Fall 2019 zugunsten von Mietern (AZ VIII ZR 100/18). Diese hatten mehrere Jahre lang eine Geruchsbelästigung in der Küche ihrer Mietwohnung erduldet und den Mangel zwischenzeitlich auch dem Vermieter gemeldet, bevor sie diesen schließlich wegen einer nachträglichen Mietminderung kontaktierten. Das wies der Vermieter zurück, doch die Mieter reduzierten die Miete trotzdem rückwirkend. Der Vermieter zog deswegen vor Gericht und argumentierte, die Mieter hätten die Miete schließlich trotz des Mangels jahrelang vorbehaltlos gezahlt. Daher seien sie nicht berechtigt, Mietzahlungen nachträglich zurückzufordern.

In letzter Instanz entschied der BGH: Die rückwirkende Mietminderung war hier rechtens, da die Mieter ihre Rechte gemäß § 536 BGB offensichtlich nicht kannten. Das lasse sich damit belegen, dass sie erst nach mehreren Jahren beim Vermieter angefragt hätten, ob eine Mietminderung überhaupt möglich sei.

Das BGH-Urteil lässt sich jedoch längst nicht auf jeden Fall einer rückwirkenden Mietminderung anwenden, denn Mieter müssten dafür glaubhaft mit ihrer Unkenntnis der Rechtslage argumentieren. Besser ist es daher, gleich zusammen mit der Mängelanzeige auch die Mietminderung anzukündigen und die Miete sofort um den angemessenen Anteil zu mindern.

Oft muss aber zunächst geprüft werden, ob der Mangel wirklich eine Mietminderung rechtfertigt. Bis das geklärt ist, solltest du die Miete nur unter Vorbehalt einer eventuellen Mietminderung weiterzahlen. Damit erhältst du dir dein Minderungsrecht.

Mann misst eine Fläche mit einem Maßband ab.
© istock.com/TommL

Rück­wir­ken­de Miet­min­de­rung bei falscher Wohnflächenangabe

Eine nachträgliche Mietminderung kannst du oft auch geltend machen, wenn du herausfindest, dass der Vermieter zu wesentlichen Eigenschaften der Mietwohnung falsche Angaben gemacht hat.

Ein typisches Beispiel dafür ist eine falsche Angabe der Wohnfläche. Angenommen, du stellst ein Jahr nach deinem Einzug fest, dass deine Wohnung statt der im Mietvertrag angegebenen 80 Quadratmeter nur 71 Quadratmeter groß ist. Eine solche Abweichung zwischen angegebener und tatsächlicher Wohnfläche von mehr als zehn Prozent rechtfertigt in der Regel eine Mietminderung – auch rückwirkend. Entsprechend entschied zum Beispiel das Amtsgericht München zugunsten eines Mieters (AZ 31S 6768/13).

Du solltest jedoch Beweise für die Abweichung vorlegen können. Gegebenenfalls muss die Wohnung von einer Fachkraft vermessen werden. Zudem kann eine Mietminderung wegen einer abweichenden Wohnfläche wirksam durch entsprechende Klauseln im Mietvertrag ausgeschlossen sein.

FAZIT
  • Eine Miet­min­de­rung rück­wir­kend geltend zu machen, klappt nicht immer. Nor­ma­ler­wei­se kannst du die Miete ab dem Zeitpunkt mindern, an dem dir ein Mangel an der Wohnung auffällt und du ihn dem Vermieter meldest.
  • Ausnahmen können zum Beispiel falsche Angaben des Ver­mie­ters sein, die erst später auffallen, etwa zur Wohnfläche.
  • Unter­nimmt der Vermieter trotz Meldung nichts gegen einen Mangel, sollten Mieter sich nicht auf eine nach­träg­li­che Erstat­tung verlassen, sondern die Miete sofort um einen ange­mes­se­nen Anteil mindern.
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