12. Februar 2019, 13:24 Uhr
Krankheit verhindert Räumung Keine Wohnungsräumung trotz Eigenbedarf: Gesundheit geht vor
Auf eine Kündigung wegen Eigenbedarfs folgt üblicherweise die Wohnungsräumung. Wenn aber der Verlust der vertrauten Umgebung so starke Auswirkungen auf die Gesundheit des Mieters hat, dass Lebensgefahr besteht, muss der Eigentümer zurückstehen und auf die Herausgabe der Wohnung verzichten. So hat es das Amtsgericht München entschieden (433 C 10588/17).
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Kündigung wegen Eigenbedarfs: Die Tochter soll einziehen
Geklagt hatte ein Ehepaar aus Niederbayern: Das hatte im Sommer 2016 eine Eigentumswohnung in München erworben, in die zum Herbst 2017 die Tochter zur Miete einziehen sollte – pünktlich zum Beginn ihres Studiums. In der Ein-Zimmer-Wohnung lebt aber seit 1998 die 52-jährige Beklagte. Deshalb wurde ihr im Oktober 2016 das Mietverhältnis gekündigt – zum 31. Juli 2017 sollte sie ausziehen.
Wohnungsräumung birgt existenzielle Gefahren
Die Mieterin aber stellte sich einer Wohnungsräumung entgegen: Sie widersprach der Kündigung und begründete dies mit ihrer gesundheitlichen Verfassung: Sie leidet unter Angststörungen und einer verfestigten Depression. Eine Wohnungsräumung würde zu einer potenziell lebensgefährlichen Verschlechterung ihrer Erkrankung führen. Diese Einschätzung teilte auch der vor Gericht befragte Psychiater, der die Beklagte schon seit vielen Jahren behandelt und keine reelle Chance auf eine Stabilisierung des Zustandes seiner Patientin sah.
Mieterin darf trotz wirksamer Eigenbedarfskündigung bleiben
Die Kündigung wegen Eigenbedarfs war zwar rechtens, aber ausziehen muss die Mieterin trotzdem nicht. Das Gericht verpflichtete die Kläger zur Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit und verwies dabei auf § 574 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Die Wohnungsräumung wäre für die Mieterin eine unzumutbare Härte, die nicht zu rechtfertigen ist – somit ist sie räumungsunfähig.
Trotz der Interessen des Vermieters wiegt das Interesse der Mieterin, in ihrer Wohnung bleiben zu dürfen, schwerer. Das Gericht äußerte sich dabei folgendermaßen: Der psychisch gesunden 21-jährigen Tochter bieten sich mit dem Start ins Studentenleben vielfältige Möglichkeiten – anders als der Beklagten, die sich mehrfach vergeblich um Ersatzwohnungen bemüht hatte.
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