18. Juni 2021, 8:00 Uhr
Durchatmen Kinderlärm im Garten: Was müssen Nachbarn dulden?
Du möchtest im Liegestuhl entspannen, aber das fröhliche Kindergeschrei im Nachbargarten lässt dich nicht zur Ruhe kommen. Dazu quietscht das Trampolin, zwischendurch wird mit Anlauf in den Pool gesprungen. Im Sommer eigentlich nichts Ungewöhnliches – aber wie viel Kinderlärm im Garten darf sein und ab wann können Nachbarn auf Ruhe pochen? Der Streitlotse gibt eine Übersicht.
Die Nachbarn halten nichts von Ruhezeiten? Ärgere dich nicht – hier gibt es rechtlichen Rat. >>
Kinderlärm im Garten muss man hinnehmen – oder?
Wird es wochentags vom Nachmittag bis zum frühen Abend mal laut in den Nachbargärten, dann müssen Anwohner das in der Regel dulden. Diese typischen Kinderspielzeiten liegen meist außerhalb der Ruhezeiten, weswegen Nachbarn nicht darauf bestehen können, ihren Nachmittagskaffee auf der eigenen Terrasse dann in absoluter Stille einzunehmen.
Kinderlärm hat aus rechtlicher Sicht eine Sonderstellung:
- Bereits 1993 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass lautes Spielen "als Begleiterscheinung kindlichen und jugendlichen Freizeitverhaltens" grundsätzlich hinzunehmen ist (AZ V ZR 62/91).
- Zudem ist der Geräuschpegel von Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen gemäß § 22 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) “keine schädliche Umwelteinwirkung” und daher bei Immissionsgrenzen anders zu bewerten als andere Lärmquellen.
Diese Rechtslage trägt den Bedürfnissen von Kindern nach Spiel und Bewegung Rechnung. Wird aber fast rund um die Uhr und in extremer Lautstärke getobt, dann müssen Nachbarn das nicht dulden. Der BGH urteilte 2017: Auch bei Kinderlärm darf es Grenzen geben, wenn Nachbarn in unzumutbarer Weise belästigt werden (AZ VIII ZR 226/16).
Bei Kinderlärm in Innenhöfen und Gärten von Mehrfamilienhäusern oder Wohnanlagen ist zu klären, ob Spielen und Herumtoben dort überhaupt erlaubt ist. Das ist üblicherweise in der Hausordnung geregelt. Untersagt diese das Spielen in den Außenanlagen, müssen Eltern mit ihren Kindern auf einen Spielplatz ausweichen.
Gelten Ruhezeiten auch für Kinder, die draußen spielen?
Ruhezeiten, die die Nerven der Nachbarn schonen sollen, gelten je nach örtlichen Regelungen üblicherweise zwischen etwa 22 und 6 Uhr. Hausordnungen können darüber hinaus eine Mittagsruhe und besondere Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen festlegen. Hier erfährst du mehr zum Thema Ruhezeiten unter Nachbarn.
Innerhalb dieser festgelegten Zeiten müssen Eltern nach Möglichkeit darauf achten, dass ihre Kinder keinen Lärm machen. Das gilt auch für das Spielen im Garten. Ist zum Beispiel ein bestimmter Zeitraum als Mittagsruhe festgelegt – per örtlicher Regelung oder in der Hausordnung –, dürfen ruhebedürftige Nachbarn erwarten, dass die ausgelassene Poolparty nicht gerade dann steigt und auch andere geräuschvolle Spielgeräte wie das Trampolin Pause haben.
Kindern ab dem Grundschulalter ist das in der Regel gut zu vermitteln. Bei kleineren Kindern sollten Nachbarn ein wenig Nachsicht walten lassen, denn sie können das Konzept “Ruhezeiten” noch nicht verstehen. Natürlich ist aber auch das kein Freibrief für Eltern, sich nicht um Einhaltung der Ruhezeiten zu bemühen.
Erster Schritt: Auf Lärmbelästigung hinweisen und um Ruhe bitten
Was für manche Menschen ärgerlicher Kinderlärm ist, ist für andere einfach nur harmloses Spielen. Es hilft manchmal, sich in die Lage von Familien zu versetzen: Viele Eltern sind froh, wenn sich ihre Kinder an der frischen Luft beschäftigen und den Sommer draußen genießen können. Eine Belästigung der Nachbarn geschieht in der Regel nicht bewusst.
Daher sollten Anwohner, die sich gestört fühlen, zunächst freundlich darauf hinweisen. Sie sollten versuchen, sich mit den betreffenden Familien darauf zu einigen, dass zu bestimmten Zeiten Ruhe herrscht.
Ändern die Familien ihr Verhalten jedoch auch nach wiederholten Hinweisen nicht und werden immer wieder Ruhezeiten missachtet, solltest du ein Lärmprotokoll führen. Das kann dabei helfen, bei unzumutbarem Lärm Unterlassungsansprüche durchzusetzen. In Mietwohnungen kann der Vermieter gegebenenfalls die lärmende Partei abmahnen und ihr im äußersten Fall sogar kündigen. Dazu solltest du dich rechtlich beraten lassen.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.