Wohnrecht auf Lebenszeit regeln: So gibt es keinen Streit © iStock.com/bernardbodo

11. Januar 2022, 9:30 Uhr

So geht’s richtig Wohnrecht auf Lebens­zeit regeln: So gibt es keinen Streit

Viele Immobilienbesitzer überschreiben schon zu Lebzeiten ihr Haus an ihre Kinder und lassen sich von diesen im Gegenzug ein Wohnrecht auf Lebenszeit zusichern. Ein solches lebenslanges Wohnrecht ist praktisch, denn alles ist frühzeitig geregelt. Aber was, wenn es später doch zu Unstimmigkeiten zwischen den Generationen kommt oder einer der Bewohner in ein Pflegeheim umziehen muss? Was Familien bedenken sollten, erfährst du hier.

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Wohnrecht auf Lebens­zeit: Die Rege­lun­gen im BGB

„Wohnrecht auf Lebenszeit” bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch gemäß § 1093 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Jemand erhält das Recht, eine Immobilie, die jemand anderem gehört, lebenslang zu bewohnen – üblicherweise unentgeltlich („Wohnungsrecht”). Dieses dingliche Wohnrecht können Eigentümer und Bewohner vertraglich entweder für die gesamte Immobilie oder für einen Teil davon, etwa eine Einliegerwohnung, festhalten.

In der Regel wird der Vertrag über das Wohnrecht notariell beurkundet und das lebenslange Wohnrecht wird im Grundbuch eingetragen. So sind die Bewohner abgesichert, denn der Eigentümer kann den Vertrag nicht ohne Weiteres wieder aufheben, wenn er es sich anders überlegt.

Davon zu unterscheiden ist der Mietvertrag auf Lebenszeit, für den andere rechtliche Voraussetzungen gelten: Es erfolgt kein Grundbucheintrag und der Mietvertrag ist unter bestimmten Voraussetzungen trotzdem kündbar. Soll das Wohnrecht auf Lebenszeit gegen Miete gewährt werden, dann sollten sich daher beide Parteien von einem Rechtsanwalt beraten lassen, damit alles so geregelt werden kann, wie es gewünscht ist.

Das lebenslange Wohnrecht ist außerdem vom Nießbrauchsrecht zu unterscheiden, bei dem Begünstigte noch umfassendere Rechte erhalten und die Immobilie zum Beispiel an andere vermieten dürfen.

Ein Wohnrecht kann auch auf der Grundlage von § 1090 BGB eingeräumt werden. Es ist dann eine sogenannte beschränkte persönliche Dienstbarkeit und berechtigt lediglich zur Mitbenutzung der Immobilie.

Diese Rechte und Pflichten bestehen bei lebens­lan­gem Wohnrecht

Wem ein Wohnrecht auf Lebenszeit gemäß § 1093 BGB eingeräumt wurde, der darf bestimmen, mit wem er in der betreffenden Immobilie zusammenleben möchte. Er darf also Familienangehörige oder einen neuen Lebenspartner in seinen Haushalt aufnehmen oder auch Pflegekräfte für eine 24-Stunden-Pflege bei sich einziehen lassen. Die Eigentümer können dies nicht verbieten. Anders ist es, wenn stattdessen § 1090 BGB die Grundlage für das Wohnrecht ist: Dieses gilt dann nur für den Wohnberechtigten selbst.

Wenn das Wohnrecht nur einen Teil der Immobilie umfasst, dürfen gemäß § 1093 Absatz 3 BGB trotzdem Gemeinschaftsräume und -anlagen wie Garten, Dachboden und Keller genutzt werden. Abweichendes muss vertraglich geregelt werden.

Großvater und Enkeltochter spielen gemeinsam
© istock.com/vorDa

Im Gegenzug sind Inhaber eines lebenslangen Wohnrechts grundsätzlich verpflichtet, die üblichen Wohnnebenkosten zu zahlen und für gewöhnlich anfallende Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen am Haus aufzukommen.

Möchte der Eigentümer die Immobilie von Grund auf umbauen oder sanieren, muss er aber das Einverständnis der Bewohner einholen und die Kosten selbst tragen.

Wohnrecht auf Lebens­zeit: Wer zahlt die Repa­ra­tu­ren am Haus?

Die Frage, wer bei bestehendem Wohnrecht auf Lebenszeit die Reparaturen zahlt, bietet jedoch durchaus Streitpotenzial. Größere Reparaturen können in die Verantwortung des Eigentümers fallen, wie zum Beispiel das Amtsgericht Saarbrücken 2017 entschieden hat (AZ 4 C 418/16). Hier war die Gastherme eines Hauses defekt und musste ausgetauscht werden. Dies wertete das Gericht als außergewöhnliche Maßnahme (Instandsetzungsmaßnahme) und entschied, dass dafür nicht die Bewohnerin mit lebenslangem Wohnrecht, sondern der Eigentümer aufkommen müsse.

Am besten ist es daher, wenn vertraglich festgehalten wird, wer künftig welche Reparaturen bezahlt. Das ist auch dann zu empfehlen, wenn das Haus zum Zeitpunkt der Übergabe renovierungsbedürftig ist und sich schon absehen lässt, dass bald teure Sanierungsmaßnahmen anstehen.

Was passiert bei einem Haus­ver­kauf mit dem Wohnrecht auf Lebenszeit?

Wer lebenslanges Wohnrecht genießt, darf die Immobilie nicht selbst verkaufen oder vermieten. Der Eigentümer aber darf das – auch ohne Zustimmung der Bewohner. Möchte also die Tochter, die das Haus von ihren Eltern überschrieben bekommen hat, dieses nun verkaufen, ist sie dazu berechtigt.

Das lebenslange Wohnrecht der Eltern erlischt dadurch nicht, sofern es im Grundbuch eingetragen ist. Es gerät aber in Gefahr, wenn die Kinder sich zum Beispiel verschulden und das Haus zwangsversteigert werden muss. Um sich für solche Fälle abzusichern, können sich die Eltern schon bei der Schenkung ein Rückforderungsrecht einräumen lassen. Dazu berät ein Rechtsanwalt oder Notar.

Enkelkinder laufen zu ihren Großeltern. Die Eltern folgen.
© istock.com/Morsa Images

Erlischt das Wohnrecht, wenn ein Umzug ins Pfle­ge­heim nötig wird?

Das lebenslange Wohnrecht erlischt in der Regel erst mit dem Tod des Berechtigten. Nicht jeder aber kann seine letzten Lebensjahre in den vertrauten vier Wänden verbringen. Wenn ein Berechtigter aus gesundheitlichen Gründen in ein Pflegeheim umzieht, endet sein lebenslanges Wohnrecht nicht automatisch – auch dann nicht, wenn eine Rückkehr in die bisherige Wohnung unwahrscheinlich erscheint. Der Wohnberechtigte muss grundsätzlich zustimmen, damit das Wohnrecht aus dem Grundbuch entfernt werden kann.

Darüber kann es leicht zu Unstimmigkeiten kommen. Denn wer künftig die Miete für ein Zimmer im Pflegeheim bezahlen muss und sein unentgeltliches Wohnrecht nicht mehr ausüben kann, ist plötzlich finanziell im Nachteil. Andererseits kann es jedoch auch im Interesse des Wohnberechtigten sein, ein für ihn unnütz gewordenes Wohnrecht abzugeben. Denn damit entledigt er sich zugleich aller Nebenkosten-Verpflichtungen rund um die Immobilie.

Auch wenn dieses Thema noch weit entfernt scheint, gilt daher: Bevor ein Wohnrecht auf Lebenszeit eingeräumt wird, sollten Familien alle offenen Fragen rund um Wohnrecht und Pflege vertraglich klären. Zum Beispiel,

  • zu welchem Zeitpunkt das Wohnrecht auf­ge­ho­ben werden soll, wenn der Berech­tig­te nicht mehr in der Lage ist, eigen­stän­dig zu leben
  • und ob ihm der Eigen­tü­mer dafür womöglich frei­wil­lig eine Abfindung zahlt, um den finan­zi­el­len Nachteil durch die Pfle­ge­heim­kos­ten auszugleichen.

Leben andere Personen mit dem Wohnberechtigten zusammen – etwa eine Lebenspartnerin, die selbst kein lebenslanges Wohnrecht für die Immobilie hat – sollte auch besprochen werden, wie es in einem solchen Fall für sie weitergehen würde.

FAZIT
  • Ein lebens­lan­ges Wohnrecht sollte notariell beur­kun­det und im Grundbuch ein­ge­tra­gen werden. Dann bietet es dem Wohn­be­rech­tig­ten eine solide Absi­che­rung. Einfach aufheben kann der Haus­ei­gen­tü­mer es in diesem Fall nicht.
  • Wohn­be­rech­tig­te müssen für Neben­kos­ten und laufende Repa­ra­tu­ren an der Immobilie aufkommen. Größere Reno­vie­rungs- und Sanie­rungs­maß­nah­men sind Sache des Eigentümers.
  • Eine Immobilie darf verkauft werden, auch wenn jemand dort Wohnrecht auf Lebens­zeit genießt. Das Wohnrecht erlischt dadurch nicht.
  • Familien sollten recht­zei­tig klären, was passiert, wenn der Wohn­be­rech­tig­te aus gesund­heit­li­chen Gründen in ein Pfle­ge­heim umziehen muss und sein Wohnrecht nicht mehr ausüben kann.
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