24. Oktober 2022, 11:00 Uhr
So geht’s richtig Lüften im Winter: Diese Pflichten haben Mieter
Wenn es draußen kälter wird, hält man die Fenster oft lieber geschlossen. Doch Lüften im Winter ist besonders wichtig, um Schimmelbildung in der Wohnung zu vermeiden. Viele Vermieter schreiben ihren Mietern immer öfter regelmäßiges Lüften vor – doch dürfen sie das überhaupt? Was in deinem Mietvertrag oder der Hausordnung stehen darf und was du tun kannst, wenn richtiges Lüften in einigen Räumen nicht möglich ist, erfährst du bei uns.
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Darf mir mein Vermieter das Lüften vorschreiben?
Oft heißt es, Mieter müssen ihre Mietwohnung stets richtig heizen und lüften. Doch was heißt das eigentlich genau? Grundsätzlich haben Mieter gegenüber der Mietsache eine Sorgfaltspflicht. Das heißt, dass sie den ordnungsgemäßen Zustand der Wohnung erhalten müssen. Falsches Heizen und Lüften in der kalten Jahreszeit kann zu Feuchtigkeits- und Schimmelbildung in der Wohnung führen, was nicht nur die Gesundheit, sondern auch den Zustand der Wohnung erheblich beeinträchtigen kann.
Wer im Winter nicht ausreichend lüftet oder heizt, verhält sich vertragswidrig und muss gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im schlimmsten Fall mit einer Kündigung rechnen. So entschied auch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Fall, in dem der Mieter hartnäckig falsch gelüftet und geheizt hatte und wegen dadurch entstandener Schäden in der Wohnung von seinem Vermieter rechtmäßig gekündigt wurde (AZ. VIII ZR 39/15 BGH).
Du bist als Mieter also verpflichtet, Schäden abzuwenden, wie beispielsweise die Verschlechterung des Raumklimas oder des Mauerwerks durch Feuchtigkeit und Schimmel. Ein Blick in deinen Mietvertrag zeigt dir, ob dein Vermieter dich sogar ausdrücklich zum Lüften auffordert. Dies ist rechtens, solange baubedingt ein besonderes Lüftungsverhalten notwendig ist.
Allerdings müssen sich solcherlei Vorgaben im Rahmen halten. Berufstätige können beispielsweise nicht dazu gezwungen werden, während ihrer Abwesenheit fürs Lüften zu sorgen. Ebenso ist es nicht zulässig, die Mieter dazu zu verpflichten, bei offener Schlafzimmertür zu schlafen oder durchgängig eine Raumtemperatur von 20 Grad einzuhalten. Das entschied das Landgericht Bochum in einem Fall, in dem der Vermieter seinem Mieter vorschreiben wollte, bei geöffneter Schlafzimmertür zu schlafen (AZ. 11 S 33/16 LG Bochum).
Wichtig: Die Beigabe eines Merkblatts zum Thema Lüften bei Vertragsübergabe gilt nicht als rechtskräftig. Das heißt: Sollte es zwischen dir und deinem Vermieter zu Streitigkeiten über falsches Lüften kommen, kann sich dein Vermieter zwar auf das Schriftstück berufen, vor Gericht hat es allerdings keine Gültigkeit.
Wie warm oder feucht sollten Räume sein?
Das optimale Raumklima, bei dem keine Schäden durch Schimmel oder zu viel Feuchtigkeit zu erwarten sind, ist vom richtigen Verhältnis zwischen Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhängig.
In der Regel ist eine Temperatur von 20 Grad sowie eine Luftfeuchte von 50 Prozent (plus oder minus 10 Prozent) ideal. Ausnahme: Im Schlafzimmer sind 16-18 Grad optimal. Und in Küche und Badezimmer darf die Luftfeuchte auch mal 70 Prozent betragen. Diese Räume solltest du besonders gut lüften.
Altbau oder Neubau: Gibt es Unterschiede beim Lüften?
Wie oft und intensiv eine Wohnung zu lüften ist, richtet sich auch nach ihrem Alter. Neue Mietshäuser sind oft besser gedämmt und lassen anders als Altbauwohnungen weniger Luft zirkulieren. Deshalb sollten moderne Wohnräume sogar häufiger gelüftet werden, da sich in ihnen die Luft eher staut.
Dass eine Bausubstanz älter und daher anfälliger für Schimmel oder Feuchtigkeitsschäden ist, berechtigt Mieter aber nicht dazu, damit durch falsches Lüften entstandene Schäden in der Wohnung zu rechtfertigen. Denn das Alter der Immobilie ist Mietern bei Vertragsabschluss bekannt und entbindet sie daher nicht von der Verpflichtung, demgemäß zu lüften und zu heizen. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) 2009 in einem Fall, in dem ein Mieter den Vermieter zu umfangreichen Wärmedämmmaßnahmen aufgefordert hatte, um alle Schuld für Feuchtigkeitsschäden von sich zu weisen (AZ. VII ZR 300/08 BGH).
Anders sieht es aus, wenn du durch die schlechte Dämmung oder undichte Fenster nur noch durch übersteigertes Heizen und Lüften Schimmel und Feuchtigkeit in deiner Wohnung vermeiden kannst. Dann liegt ein Mangel der Mietsache vor, der dich gegebenenfalls zur Mietminderung berechtigt.
Wie oft und wie genau muss man als Mieter lüften?
Lüften mit lediglich gekippten Fenstern hinter Vorhängen reicht in der Regel nicht aus. So gab das Amtsgericht Hannover einem Vermieter recht, der seinen lüftungsunwilligen Mietern nach einer Abmahnung die Kündigung zukommen ließ (AZ. 565 C 15388/04 AG Hannover). Zu Recht, so das Gericht, denn die Mieter hatten sich jahrelang geweigert, richtig zu lüften, woraufhin der entstandene Schimmelpilz bereits das Mauerwerk angegriffen hatte. Zwei bis drei Mal täglich für 10-15 Minuten die Fenster weit zu öffnen, ist jedem Mieter zuzumuten, so ein Gutachter in diesem Fall.
Allerdings ist das Lüftungsverhalten den Jahreszeiten und den entsprechenden Temperaturen anzupassen. Da warme Luft mehr Feuchtigkeit aufnimmt als kalte, sollte bei sehr heißen Außentemperaturen im Hochsommer auf zu häufiges Lüften eher verzichtet werden, damit die Wohnung moderat kühl bleibt. Denn auch im Sommer kann durch zu hohe Luftfeuchtigkeit Schimmel entstehen. Dies zeigt ein Fall, in dem eine Mieterin dem Rat ihrer Vermieter nachkam und auch im Sommer den ganzen Tag lüftete. Ihr wurde die Schimmelbildung in der Wohnung jedoch nicht angelastet, da sie sich lediglich an die falschen Vorgaben ihrer Vermieter gehalten habe, so das Landgericht Berlin (AZ. 67 S 358/20 LG Berlin).
Was tun, wenn Lüften im Badezimmer nicht möglich ist?
Die durchschnittliche Luftfeuchte wird meist in Räumen überschritten, in denen Wasser verdampft. Das sind in der Regel die Küche und das Badezimmer, in denen schnell Dunst und übermäßige Feuchtigkeit entstehen. Dort solltest du als Mieter regelmäßig nach dem Duschen und Kochen lüften.
Doch was tun, wenn es in den betreffenden Räumen kein Fenster gibt? Meist befinden sich in Wohnräumen ohne Fenster Lüftungsanlagen. Doch die können alt sein und nicht mehr richtig arbeiten. Ist kein funktionstüchtiges Gerät im Bad vorhanden und kommt es deshalb zu Schimmelbildung durch Feuchtigkeit, so ist der Vermieter in der Pflicht, für die einwandfreie Lüftungsmöglichkeit zu sorgen. Er muss also für die Kosten einer Reparatur aufkommen beziehungsweise für den Einbau einer solchen Anlage sorgen.
Dich als Mieter trifft in so einem Fall die Darlegungslast. Das bedeutet, dass du deinen Vermieter schnellstmöglich über einen Ausfall des Lüfters informieren solltest, bevor die gestaute Feuchtigkeit Schaden anrichten kann. Dies gilt natürlich auch für Schimmelbildung, wenn gar keine Lüftungsmöglichkeit vorhanden ist.
Fehlen ausreichende Lüftungsmöglichkeiten, haben Mieter Anspruch auf eine Mietminderung. Denn grundsätzlich müssen sie ihrer Pflicht zum Lüften nachkommen können. Haben sie diese Gelegenheit nicht, und es entsteht Schimmel, so muss der Vermieter den Mangel beheben. Andernfalls ist eine Mietminderung gerechtfertigt. Ist deine Gesundheit gefährdet und dein Vermieter reagiert nicht, solltest du dir rechtlichen Beistand holen.
Für das Treppenhaus gilt: Da es sich um Gemeinschaftsräume handelt, die von allen Mietparteien genutzt werden, müssen vorhandene Fenster zu öffnen sein. Denn auch im Treppenhaus muss das regelmäßige Lüften möglich sein. Allerdings sollte auch hier auf Auskühlung und Feuchtigkeitsschäden durch zum Beispiel hereinfallenden Regen geachtet werden. Eine Pflicht, im Treppenhaus zu lüften, gibt es für Mieter allerdings nicht.
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