Überwachungskamera nebenan: Was der Nachbar filmen darf © iStock.com/Dontstop

22. Februar 2022, 10:00 Uhr

Darf ich eigentlich? Über­wa­chungs­ka­me­ra nebenan: Was der Nachbar filmen darf

Legale Abschreckung oder unzulässiger Angriff auf die Persönlichkeitsrechte anderer? Diese Frage müssen Gerichte im Zusammenhang mit der Videoüberwachung eines Privatgrundstücks immer wieder verhandeln. Sogar über funktionslose Attrappen, die dem Schutz vor Kriminellen dienen sollen, kann es zum Streit kommen. Was du tun kannst, wenn du dich durch die Überwachungskamera deines Nachbarn gestört fühlst.

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Über­wa­chungs­ka­me­ra: Diese recht­li­chen Grund­la­gen sind zu beachten

Gegen den Schutz des eigenen Hab und Guts ist nichts einzuwenden, sofern er den gesetzlichen Rahmen nicht überschreitet. Von einer Kamera können sich Nachbarn jedoch unrechtmäßig observiert fühlen, wenn diese auch Nachbargrundstücke oder Teile des öffentlichen Raums erfasst.

Auch, wenn es sich um Attrappen handelt, können sie bei Anwohnern einen sogenannten Über­wachungs­druck hervorrufen – obwohl die Geräte ohne Funktion sind. Das betrifft beispielsweise auch defekte Kameras in einem Klingelschild. In einem derartigen Fall verurteilte das Land­gericht Hamburg den Eigentümer einer Immobilie dazu, die Kamera zu entfernen (AZ 304 O 69/17).

Das Filmen in Wohngegenden ist nur in Ausnahmefällen gestattet. Die juristische Einschätzung solcher Fälle ist allerdings komplex, wie unterschiedliche Urteile zeigen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Videoüberwachung auf Privatgrundstücken mehrere Rechtsgrundlagen berührt:

  • Daten­schutz-Grund­ver­ord­nung (DSGVO): Sie ist in der Euro­päi­schen Union (EU) die Grundlage hin­sicht­lich der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Daten.
  • Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz: Es regelt nationale Sach­ver­hal­te, die nicht von der DSGVO abgedeckt sind.
  • Lan­des­da­ten­schutz­ge­set­ze: Sie bestimmen zusätz­li­che Rege­lun­gen der Bundesländer.
  • Grund­recht der freien Per­sön­lich­keits­ent­fal­tung.
  • Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbstbestimmung.
  • Recht am eigenen Bild.

Wegen der vielfältigen gesetzlichen Bestimmungen, kommt es also immer auf den verhandelten Einzelfall und die betreffenden Verordnungen an.

Einbrecher mit Ski-Maske aus Sicht einer Überwachungskamera
© iStock.com/Dontstop

Video­über­wa­chung ist nur auf eigenem Grund­stück erlaubt

Darf deine Nachbarin oder dein Nachbar einfach so eine Überwachungskamera installieren? Grundsätzlich ja. Denn es ist legal, das eigene Einfamilien­haus und Grund­stück zu beobachten. Schließlich sorgt die Videotechnik für zusätzlichen Schutz vor Einbruch und Vandalismus, denn sie wirkt abschreckend auf Kriminelle und dient zur Beweissicherung bei Diebstahl oder Sachbeschädigung.

Rechtmäßig ist die Videoüberwachung im Regelfall aber nur, wenn sie ausschließlich das eigene Privatgrundstück im Fokus hat. Sobald eine Überwachungskamera beispielsweise auf ein Nachbargrundstück oder den Bürgersteig gerichtet ist, wird es kritisch. Denn fremde Personen dürfen nur aufgenommen werden, wenn sie dem ausdrücklich zugestimmt haben. Wenn die Kamera deines Nachbarn also ohne deine Erlaubnis auch dich oder deine Auffahrt filmt, so verletzt dies dein Recht auf informationelle Selbstbestimmung und am eigenen Bild sowie Datenschutzbestimmungen. Entsprechend entschied auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2014 in einem Grundsatzurteil (C-212/13). Im konkreten Fall hatte eine private Überwachungskamera Personen im öffentlichen Raum gefilmt.

Wichtig zu wissen: Die Anbringung von Überwachungskameras und die Aufnahme von Dritten ist ohne deren Einverständnis nur dann erlaubt, wenn ein schwerwiegender Grund besteht. Ein derartiger Anlass ist etwa gegeben, wenn es bereits zu Einbrüchen oder Überfällen kam. Dies begründet ein besonderes Interesse am Einsatz einer Überwachungskamera.

Es muss hier also je nach Einzelfall entschieden werden, ob die berechtigten Interessen des Eigentümers über dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht stehen.

Sind Über­wa­chungs­ka­me­ras im Mietshaus erlaubt?

Auch in Mietanlagen darf der Vermieter nicht einfach Überwachungskameras installieren. Hierfür braucht es die Zustimmung aller Parteien im Mietshaus. Das gilt auch, wenn der Vermieter augenscheinlich „gute Gründe” für eine Observation des Treppenhauses oder des Eingangsbereiches hat wie beispielsweise bei gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Mietparteien. Ohne Erlaubnis der betroffenen Personen sind Videos, aber auch Bildaufnahmen sowie reine Tonmitschnitte illegal, wie beispielsweise das Landgericht Essen befand (AZ 12 O 62/18).

Handwerker installiert eine Überwachungskamera.
© iStock.com/PeopleImages

Wie den Nachbarn auf den Stör­fak­tor Kamera ansprechen?

Wenn dich die Überwachungskamera deines Nachbarn stört, musst du das nicht einfach so hinnehmen. Sprich deinen Nachbarn zunächst darauf an. Um möglichen Streit zu vermeiden, solltest du dabei einige Dinge beherzigen.

  • Bleibe freund­lich und sachlich: Erkläre deinem Nachbarn, dass dich die Video­über­wa­chung ver­un­si­chert und warum sie das tut. So gibst du deinem Nachbarn Gele­gen­heit, deine Beweg­grün­de zu verstehen.
  • Infor­mie­re dich: Ist die Kamera deines Nachbarn viel­leicht nur eine Attrappe? Ist es eine fest instal­lier­te oder eine schwenk­ba­re Kamera? Filmt die Kamera wirklich Abschnit­te deines Grund­stücks? Dies lässt sich in einem offenen Gespräch schnell ermitteln.
  • Schlage Alter­na­ti­ven vor: Gibt es viel­leicht Alter­na­ti­ven zur Kamera, über die dein Nachbar noch nicht nach­ge­dacht hat wie z. B. eine Alarm­an­la­ge oder robustere Tür- und Fensterverriegelung?
  • Kläre auf: Viel­leicht weiß dein Nachbar gar nicht, dass er den Gehweg oder Teile deines Grund­stücks nicht ohne deine Zustim­mung mitfilmen darf. Weise ihn auf die recht­li­chen Grund­la­gen hin.
  • Bitte um Rücksicht: Ist dein Nachbar koope­ra­tiv, könnt ihr gemeinsam eine Lösung finden. Viel­leicht kann der Winkel der Kamera so verändert werden, dass es dich nicht mehr stört?

Was hilft gegen illegale private Kameraüberwachung?

Weigert sich dein Nachbar, mit dir über deine Bedenken zu sprechen oder nimmt er diese nicht ernst, kannst du dich an das Ordnungsamt oder an die Polizei wenden. Dabei solltest du auf die (mutmaßliche) Verletzung deiner Persönlichkeitsrechte hinweisen. Möglicherweise besteht auch Anspruch auf Schadenersatz. Am besten besprichst du die Situation mit deinem rechtlichen Beistand. Auf keinen Fall darfst du die Kamera selbst verstellen oder demontieren.

FAZIT
  • Die Video­über­wa­chung des eigenen Pri­vat­grund­stücks ist grund­sätz­lich erlaubt.
  • Sie ist aber in der Regel unzu­läs­sig, wenn etwa öffent­li­che Bereiche oder Nach­bar­grund­stü­cke mit­ge­filmt werden.
  • Die Aufnahme Dritter ist nur in Ein­zel­fäl­len erlaubt oder mit der Zustim­mung der betref­fen­den Personen.
  • Bei Verstößen geht es meist um die Ver­let­zung von Persönlichkeitsrechten.
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